Berlin. Der AfD-Landeschef scheitert erneut daran, per Direktmandat in den Thüringer Landtag einzuziehen. Schuld ist ausgerechnet ein Kollege.
Björn Höckes Traum ist erneut an einem CDU-Mann zerschellt. Schon bei den Thüringer Landtagswahlen 2014 und 2019 verhinderten die Christdemokraten ein Direktmandat für den AfD-Hardliner. 2024 sollte es endlich klappen. Schließlich ist Höcke Landesvorsitzender der AfD und ihr absolutes Aushängeschild. Höcke wechselte dafür sogar den Wahlkreis, weg von seinem Wohnort Eichsfeld, hin zur 20.000-Einwohner-Stadt Greiz. Dort versprach er sich bessere Chancen.
Im Wahlkreis Greiz II sollte der triumphale Direkteinzug ins Thüringer Landesparlament gelingen. Doch Höcke hat die Rechnung ohne den CDU-Kandidaten Christian Tischner gemacht, der am Sonntag triumphierte. Erneut kein Direktmandat für Höcke, der damit an seinem personifizierten Gegenentwurf scheiterte. Denn ihr Beruf ist wohl das einzige, was Tischner und Höcke eint. Beide sind gelernte Gymnasiallehrer, beide für Geschichte. Höcke unterrichtete zusätzlich Sport, Tischner Politik.
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Im Gegensatz zu Höcke hat sich Tischner den Wahlkreis nicht nach den größten Erfolgschancen ausgesucht. Der 43-Jährige ist in Greiz geboren und aufgewachsen. Auch danach blieb er dem Osten treu, studierte in Jena und Halle an der Saale, bevor es ihn wieder zurück nach Greiz zog. Nur für zwei Jahre ging er nach Westdeutschland und wechselte an die Universität Bremen, seit 2013 ist er zurück in seiner Heimat – was sich auch in Tischners Wahlslogan wiederspiegelte: „Der von hier!“
Christian Tischner blieb Ostdeutschland (fast) immer treu
Auch seine politische Heimat hat Tischner nie verlassen. Seit 1997 ist er CDU-Mitglied, 2014 holte er erstmals ein Direktkandidat für Greiz, zog in den Thüringer Landtag ein und wurde Sprecher für Bildung und Wissenschaft. Passend scheint auch, dass Tischner mehrere Bücher und Fachbeiträge zum Thema politische Bildung veröffentlichte. Bei der Landtagswahl 2019 sprach man ihm in Greiz erneut das Vertrauen aus und er stieg im Folgejahr zum stellvertretenden Vorsitzenden seiner Fraktion auf.
Um den Erfolg 2024 zu wiederholen, setzte der zweifache Vater auch auf die sozialen Medien, in denen bisher vor allem die AfD brilliert. Wie Konkurrent Höcke inszenierte sich auch Tischner auf dem ostdeutschen Kultmotorrad Simson und drehte lockere Clips, die er auf Instagram und YouTube veröffentlichte. Doch Follower- und Aufrufzahlen bleiben weit hinter AfD-Aushängeschild Höcke zurück, der den Beliebtheitswettbewerb in den sozialen Medien klar dominierte.
Am Ende wird es knapp zwischen Höcke und Tischner
Und so ist Tischners Erfolgsgeheimnis wohl doch, dass er „Der von hier“ ist, die Gegend und die Menschen kennt, weil er mit ihnen aufgewachsen ist. Der sich für Bildung und Leistungsgerechtigkeit stark macht, statt gegen Geflüchtete zu hetzen. Der mit seiner Hornbrille und den gegelten Haaren aussieht wie das freundliche Klischeegesicht des Konservatismus. Der bei Reden nicht schreit, sondern ruhig seine Ausführungen vorträgt.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es knapp war. 1075 Stimmen Vorsprung hatte Tischner am Ende vor Höcke, das sind 4,1 Prozent der Erststimmen. Bei den Zweitstimmen sieht es anders aus, hier triumphierte die AfD auch in Greiz, lag am Ende mit zehn Prozentpunkten vor der CDU. Über die Zweitstimmen wird auch Höcke in den Thüringer Landtag einziehen. Die Bereitschaft, eine gesichert rechtsextremistische Partei zu wählen, es gibt sie auch in Greiz.
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