Berlin. Im Berliner Süden hat ein Mann seine Ex-Frau erstochen. Der Femizid ist kein Einzelfall. Was das über die Gesellschaft aussagt.

Plauen/Sachsen, im Sommer 2023: Ein 46-jähriger Mann lauert seiner Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung mit geladener Armbrust auf, schießt ihr mit einem Bolzen ins Gesicht und tötet sie dann mit mehreren Messerstichen in den Hals.

Schwelm, Ruhrgebiet, im Februar 2024: Ein 48-jähriger Mann lauert seiner Ex-Frau im Innenhof vor der Garage auf. Nachdem sie ihr Auto geparkt hat, taucht er ohne Vorwarnung auf und sticht 34 Mal auf sie ein. Für das Opfer kommt jede Hilfe zu spät.

Berlin-Zehlendorf in dieser Woche: Ein Mann lauert seiner Ex-Frau vor ihrem Haus auf und tötet die Mutter der gemeinsamen vier Kinder mit mehreren Messerstichen.

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Männer, die ihren Frauen oder Ex-Frauen auflauern, um sie zu töten: Die Liste lässt sich endlos fortführen. 100.000 Frauen werden jedes Jahr von ihrem Partner oder Ex-Partner angegriffen. Jeden zweiten Tag überlebt eine Frau die geschlechtsspezifische Gewalt nicht. Und die Zahl der Femizide, also der Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, steigt seit Jahren an.

Femizide: Der Horror entsteht dort, wo sich die Opfer eigentlich sicher fühlen sollten

Der Horror, der hinter jedem der Fälle steckt: Die Angriffe geschehen im engsten Umfeld, also dort, wo die Opfer sich eigentlich immer sicher fühlen sollten. Und sie durchziehen alle Schichten. Dahinter steckt so gut wie immer ein patriarchales, von Gewalt geprägtes Machtverhältnis, aus dem sich Frauen befreien wollen.

Der aktuelle Fall aus Berlin-Zehlendorf ist ein besonders krasses Beispiel eines Femizids im Namen der Ehre. „Du hast es verdient“, soll der Mann gesagt haben, als er auf seine Ex-Frau einstach. Opfer und Täter sind Libanesen, gehören zu einem bekannten Clan mit festen patriarchalen Strukturen.

Die verletzte Ehre steckt aber wohl hinter jedem Drama von häuslicher Gewalt. Der Nährboden dafür ist das Gefühl der Überlegenheit. Will eine Frau ausbrechen oder sich die tägliche häusliche Gewalt nicht länger bieten lassen, wird dieses Überlegenheitsgefühl empfindlich gestört.   

Der beste Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt ist eine von Gleichberechtigung geprägte Gesellschaft. Der Anstieg der tödlichen Fälle zeigt: Da ist in Deutschland deutlich Luft nach oben.

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Der zweitbeste Schutz ist die schnelle Hilfe, wenn Frauen die Gewalt ihres (Ex-)Partners fürchten müssen. Mit genügend Frauenhäusern, Anlaufstellen, juristischer Unterstützung. Aber Deutschland erfüllt noch nicht einmal die Richtlinien des Europarats, auf die sich die Länder mit der Istanbul-Konvention geeinigt haben. Demnach fehlen 13.000 Plätze in Frauenhäusern, und wenn sie trotzdem einen Platz bekommen, müssen sie ihn oft selbst finanzieren. Gerade wenn sie aus patriarchalen Strukturen fliehen, ist das kaum zu schaffen.