Düsseldorf. Wird der Abbruch in der Frühphase der Schwangerschaft bald legal? In NRW wächst der Druck, Frauen mehr Selbstbestimmung zu gewähren.

NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul (Grüne) macht sich für eine Legalisierung von Abtreibungen stark. „Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung für Frauen gebietet es, die rechtlichen Grundlagen für einen legalen Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen auch endlich in Deutschland zu schaffen und Abtreibungen endlich zu entkriminalisieren“, sagte Paul unserer Redaktion am Dienstag.

Die NRW-Ressortchefin für Familie, Gleichstellung und Integration hat ebenso wie Justizminister Benjamin Limbach ein gemeinsames Positionspapier mehrerer grüner Regierungsmitglieder aus den Bundesländern zum umstrittenen Paragrafen 218 unterzeichnet, das zu Wochenbeginn veröffentlicht wurde.

Mit einer gesetzlichen Neuregelung für einen legalen Schwangerschaftsabbruch wolle man die Rechte ungewollt Schwangerer genauso stärken wie die von Ärzten, die Abbrüche durchführen, erklärte Paul. Nach aktueller Rechtslage sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland rechtswidrig. Sie können aber in den ersten zwölf Wochen straffrei vorgenommen werden, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Auch bei medizinischen Gründen oder nach einer Vergewaltigung werden keine Strafen verhängt.

Schwangerschaftsabbruch: Nur Polen ist noch strenger als Deutschland

Paul sieht in dieser Praxis eine Stigmatisierung des Abbruchs und verweist darauf, dass Deutschland mittlerweile nach Polen das Land mit der restriktivsten Regelung in Europa sei. „Frauen machen sich die Entscheidung über einen möglichen Abbruch oder ein Austragen der Schwangerschaft nicht leicht“, so die Grünen-Ministerin. Die Pflicht zur Beratung solle in ein Recht der Schwangeren auf Beratung umgewandelt werden.

Schutz des ungeborenen Lebens hat in CDU hohen Stellenwert

Obwohl die Entkriminalisierung auch von einer Expertenkommission empfohlen wird, die von der Bundesregierung eingesetzt worden war, ist die Ampel-Koalition sich nicht einig über eine Reform. Auch beim Düsseldorfer Koalitionspartner CDU, der bei Abtreibungen bislang nicht gesprächsbereit wirkt, dürfte sich Paul mit der Initiative keine Freunde machen. Im NRW-Koalitionsvertrag hatte sich Schwarz-Grün 2022 lediglich auf den Minimalkonsens verständigen können, dass „ein ausreichendes und gut erreichbares Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen“ sicherzustellen sei.

In den Niederlanden, mit denen sich NRW gerne vergleicht, sind Schwangerschaftsabbrüche hingegen bereits heute bis zur 24. Schwangerschaftswoche möglich. Bei schweren Gesundheitsproblemen auch später. Frauen können sich im Nachbarland für einen Abbruch direkt an spezialisierte Kliniken wenden.

Das Positionspapier „Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren“ haben insgesamt zehn ranghohe Grüne aus ganz Deutschland unterschrieben.

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