Washington. Politstrategen haben eine klare Empfehlung für Trump, um Kamala Harris zu treffen – doch der Ex-Präsident spielt sein eigenes Spiel.

Die Präsidentschaftskampagne von Donald Trump gerät schwer ins Wanken. Seine demokratische Gegnerin, die amtierende Vizepräsidentin Kamala Harris, hat in den Umfragen nicht nur kräftig aufgeholt. In den wichtigsten Swing States, nämlich Michigan, Wisconsin und Pennsylvania, liegt sie teilweise recht deutlich vor dem Republikaner. Mit welcher Strategie hofft der frühere US-amerikanische Präsident nun, gegensteuern zu können?

Seit US-Präsident Joe Biden seinen Ausstieg aus dem Rennen verkündete, ist Trump völlig von der Rolle. Die Gegenstrategie beläuft sich bisher auf eine begrenzte Zahl von Wahlkampfauftritten und ausschweifenden Monologen – so auch während einer Pressekonferenz in Mar-a-Lago – , die verwirrender war als je zuvor. An einem klaren Konzept, den Aderlass in der Wählergunst zu stoppen, fehlt es Trump bisher. Auch die persönlichen Attacken gegen Harris kommen nicht mehr an.

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Als politische Hypothek hat sich für Trump auch seine Nummer zwei, Senator J.D. Vance aus Ohio erwiesen. Vance ging aus dem republikanischen Nominierungsparteitag – das ergaben Umfragen – als der unbeliebteste Vize-Kandidat der letzten 50 Jahre hervor. Diesem Ruf ist er während zahlreicher, oft schlecht besuchter Wahlkampfauftritte durchaus gerecht geworden. Sein jüngster Fehltritt: Vance griff seinen demokratischen Gegenspieler Tim Walz wegen dessen Vergangenheit im Militär an.

Vance macht sich mit Angriff auf Walz‘ Militärvergangenheit unmöglich

Walz, der designierte Stellvertreter von Harris, hatte 24 Jahre lang in der Nationalgarde gedient. Dann sattelte er allerdings in die Politik um, und wenige Monate später ordnete der damalige Präsident Busch Truppeneinsätze in Irak und Afghanistan an. Daraus leitete Vance prompt ab, dass der Minnesota Gouverneur sich vor einem aktiven Kriegseinsatz hatte drücken wollen. Vance hatte selbst – allerdings für deutlich kürzere Zeit – im United States Marine Corps gedient.

Kamala Harris und Tim Walz versprühen bei ihren Wahlkampfauftritten gute Laune.
Kamala Harris und Tim Walz versprühen bei ihren Wahlkampfauftritten gute Laune. © imago/UPI Photo | IMAGO/Ken Cedeno

„Was Vance sagt, ist verwerflich, und er schadet sich damit nur selbst“, regte sich Jesse Ventura, ehemaliger Gouverneur von Minnesota, auf. „Veteranen des Militärs haben andere Veteranen zu respektieren. Es gibt eine ungeschriebene Regel, wonach sich Soldaten nicht gegenseitig zu kritisieren haben“. Ventura, der Karriere als professioneller Freistilringer gemacht hatte, nahm auch kein Blatt vor den Mund, als es um Vances Chef ging.

„Wen respektiert Vance stattdessen? Donald Trump, den größten Kriegsdienstverweigerer aus dem Vietnam-Krieg. Er war der reiche, weiße Junge, der sich den Weg aus dem Wehrdienst einfach erkaufen konnte.“ Dass Trump seinen Stellvertreter einen ehrenwerten Soldaten wie Walz angreifen lässt, überspanne den Boden und sei völlig verantwortungslos, sagen sowohl Demokraten als auch einige Republikaner.

Kamala Harris dürfte nach Parteikonvent in Wählergunst noch zulegen

Unterdessen liegen bei republikanischen Beratern die Nerven blank. Sie suchen händeringend nach einer klar definierten strategischen Linie, um Kamala Harris wieder den Wind aus den Segeln zu nehmen. Noch gehen einige davon aus, dass die Begeisterung, auf die Harris gerade bei jungen Wählern und ethnischen Minderheiten stößt, ebenso wie der politische Rückenwind, der sie während der letzten Wochen beflügelt hat, von selbst nachlassen werden.

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    Doch das könnte sich als Trugschluss erweisen. Kommende Woche beginnt der demokratische Parteikonvent, der in eine Krönungsmesse für die Vize-Präsidentin gipfeln wird. Wie frühere Wahlkämpfe zeigten, verliert ein Präsidentschaftskandidat nach dem aufwändig inszenierten Medienspektakel eher nicht an Schwung, im Gegenteil. Zu erwarten ist, dass Harris einen sogenannten „post-convention bounce“ erhalten wird – einen Impuls, der ihr in der Wählergunst noch einmal kräftigen Auftrieb verschafft.

    Trump und Republikaner hoffen insgeheim auf Musk und „Deep Fakes“

    Die republikanische Strategin Kristen Soltis Anderson ist deshalb der Auffassung, dass Trump zu einem sachlicheren Ton zurückkehren und die Schwachpunkte der Demokratin angreifen müsse. „Er muss über die Wirtschaft reden und auf dieses Thema immer wieder zurückkommen“, ist Anderson überzeugt. Die hohe Inflation und der schwächelnde Arbeitsmarkt seien die entscheidenden Punkte, in denen US-Wähler Trump mehr Kompetenz zutrauten.

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    „Auch muss er über Dinge reden, wo er sich im Vorteil sieht, nämlich bei Immigration und Kriminalitätsbekämpfung“, ist Anderson überzeugt. Unbedingt distanzieren sollte sich der Ex-Präsident hingegen von seinem geplanten Rachefeldzug gegen politische Gegner, den er im Falle eines Wahlsiegs angekündigt hat. Insgeheim setzen Trump und die Republikaner aber auch auf die Schützenhilfe von Elon Musk und den Einsatz gefälschter „deep fake“-Videos, um Harris zu diskreditieren.

    Ein solches Video hatte Musk Ende Juli auf X, vormals Twitter, geteilt. Inzwischen ist es rund 25 Millionen Mal angesehen worden. Darin erzählt eine Stimme, die exakt wie die Vizepräsidentin klingt, von ihrer angeblichen Inkompetenz. Auf solche Aktionen oder eine andere „Oktober-Überraschung“ zu setzen, könnte sich für Trumps Kampagne aber auch als verhängnisvoller Fehler erweisen.

    NameKamala Harris
    Geburtsdatum20. Oktober 1964
    AmtVize-Präsidentin der USA
    ParteiDemokraten
    Familienstandverheiratet, zwei Stiefkinder