Düsseldorf. Schwarz-Grün hatte versprochen, ein drittes Kita-Jahr beitragsfrei zu machen. Plötzlich klingt das bei der Familienministerin anders.
NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) ist von der geplanten Beitragsfreiheit für Kita-Kinder über drei Jahren in Nordrhein-Westfalen überraschend deutlich abgerückt. „Was über die zwei bestehenden freien Jahre hinaus noch möglich sein wird, hängt von der Entwicklung des Haushalts ab“, sagte Paul der „Neuen Westfälischen“. Erstmal stehe ganz klar die Stabilisierung des Systems im Fokus. „Welche Spielräume es jenseits dessen gibt, wird man sehen. Nicht alles geht gleichzeitig“, so Paul weiter.
CDU und Grüne hatten in ihrem Koalitionsvertrag 2022 versprochen, die Elternbeiträge für ein weiteres Betreuungsjahr zu erlassen. „Wir werden auch das dritte Kita-Jahr vor der Einschulung in ganz Nordrhein-Westfalen beitragsfrei machen“, heißt es da ohne Haushaltsvorbehalt. Zudem strebe man eine kostenfreie Verpflegung in Kitas an und werde Eltern schrittweise einkommensabhängig von Essensgeldern entlasten.
Im NRW-Koalitionsvertrag hatte Schwarz-Grün die beitragsfreie Ü3-Kita versprochen
Der schwarz-grüne Entwurf des Landeshaushalts 2025 sieht nun aber bei Rekordausgaben von insgesamt 105,5 Milliarden Euro erstmals wieder rund 1,3 Milliarden Euro neuer Schulden vor. Die Spielräume für ein teures Wahlversprechen wie die beitragsfreie Ü3-Kita, die noch einmal rund 100 Millionen Euro pro Jahr kostet, scheinen damit kaum noch vorhanden zu sein. Trotzdem lässt es sich politisch schlecht geräuschlos einkassieren.
Beitragsfreie Kita war in der NRW-CDU lange umstritten
Unmittelbar vor der Landtagswahl 2022 hatte sich sogar Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) die Forderung nach einem weiteren beitragsfreien Kita-Jahr zu eigen gemacht. Die drei Jahre vor der Einschulung seien in der frühkindlichen Bildung besonders wichtig für Chancengleichheit und eine erfolgreiche Bildungsbiografie, sagte Wüst damals dem „Westfalen-Blatt“. Deswegen sei sein Anliegen, „dass wir perspektivisch in der nächsten Wahlperiode bei den Ü3-Kindergarten-Jahren die komplette Beitragsfreiheit herstellen“.
Die NRW-CDU hatte die Abschaffung von Kita-Gebühren lange kritisch gesehen und angesichts der Unterfinanzierung des gesamten Systems für den falschen Schwerpunkt gehalten. Zudem wurde darauf verwiesen, dass Elternhäuser mit hohen Einkommen wegen der gestaffelten Beiträge überproportional stark profitierten. Als die rot-grüne Minderheitsregierung 2011 erstmals das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung beitragsfrei stellte, war dies in der CDU noch hochumstritten. Zum Kita-Jahr 2020/21 erließ dann die damalige schwarz-gelbe Landesregierung für ein weiteres Kindergartenjahr die Betreuungskosten.
Kita-Beiträge machen je nach Stadt und Elterneinkommen mehrere Hundert Euro im Monat aus. Zudem ächzen viele Familien mit mehreren Kindern unter dem hohen Essensgeld, das für die Verpflegung in der Kita bezahlt werden muss. Als sich Wüst dieser Tage als „Ehren-Patenonkel“ mit Drillingen aus Nordrhein-Westfalen fotografieren ließ, klagte eine Mutter, sie gehe nur noch für das Essensgeld ihrer drei Kita-Kinder arbeiten.