Berlin. Die FDP will die Eizellspende legalisieren. Für Carlotta und Hanna wird das auch Zeit. Das Paar hat sich über das Verbot hinweggesetzt.
Carlotta Weinert war zehn, als sich ihr Kinderwunsch regte. Es war das Alter, als ihr ebenfalls klar wurde: Sie will es von einer Frau bekommen. Nun ist sie 25 und seit wenigen Tagen Mutter einer kleinen Tochter. Die Gene des Fötus stammen von Carlottas Ehefrau Hanna, die ebenfalls 25 ist. Ein Verfahren, das in Deutschland verboten ist - noch. Denn die FDP startet gerade einen Vorstoß im Bundestag, um das Verbotsgesetz zu kippen. Hanna und Carlotta wollten darauf nicht warten. Sie ließen sich in den Niederlanden behandeln.
Auch Johanna Meier setzt auf die Eizellspende. Seit Jahren versuchen sie und ihr Mann, mit den in Deutschland gängigen Methoden der künstlichen Befruchtung ein Kind zu zeugen – bisher vergeblich. Nun steckt sie mitten in einer Kinderwunschbehandlung in Spanien.
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Die Eizellspende ist für Johanna Meier und ihren Mann die letzte Option, um ihren Wunsch nach einem eigenen Kind in Erfüllung gehen zu lassen. Das Problem: In Deutschland darf nur die eigene Eizelle für eine künstliche Befruchtung genutzt werden. Eine Spende ist – anders als beim männlichen Samen – nicht erlaubt. Im Ausland ist die Eizellspende allerdings gängige Praxis in den Kinderwunschzentren.
Eizellspende: Ehepaar Weinert befindet sich in Grauzone
Das Ehepaar Weinert und auch Johanna Meier erzählen ganz offen, warum sie sich über das Spendeverbot in Deutschland hinweggesetzt und Hilfe im Ausland gesucht haben. Doch weil sie sich rechtlich in einer Grauzone befinden, sind hier ihre Namen geändert.
Das lesbische Ehepaar Weinert hat es allein aufgrund des Alters wohl leichter als andere Paare, die mit künstlicher Befruchtung ein Kind bekommen möchten. „Wir sind beide mit allem früh dran“, sagt Carlotta. „Wir waren früh aus der Schule raus, schnell mit dem Studium fertig, sind gut und erfolgreich im Berufsleben angekommen.“
Beide haben einen Master in Volkswirtschaft. Carlotta ist Softwareentwicklerin und arbeitet remote von der gemeinsamen Wohnung in Stuttgart aus, Hanna pendelt als Managerin bei einem internationalen Konzern unter der Woche nach Düsseldorf. Nun freuen sie sich darauf, auch früher als andere Paare eine Familie zu gründen.
„Wir wollten selbst eine Schwangerschaft erleben“
Mit der möglichen Kinderwunschbehandlung beschäftigen sich beide schon seit Beginn ihrer Beziehung. „Dass wir eine Familie gründen wollten, daran gab es nie einen Zweifel“, sagt Hanna. Und so ging es dann Schlag auf Schlag: Ehe mit 21, Start ins Berufsleben, Familienplanung. „Am Anfang dachten wir auch über eine Adoption nach“, erinnert sich Carlotta. Ihnen sei aber auch schnell klar gewesen: „Wir wollten selbst eine Schwangerschaft erleben.“ Ehefrau Hanna ergänzt: „Schließlich haben wir Eizellen genug.“
Doch wo sollte der Samen herkommen? „Das war zunächst die spannendere Frage“, sagt Carlotta. So sprachen sie mit Männern aus dem Freundeskreis. Diskutierten mit ihnen die Co-Elternschaft. „Doch in allen Gesprächen mit potenziellen Vätern wurde uns klar: Wir wollen zu zweit ein Kind und keinen Dritten dabeihaben.“
Die klassische Samenspende mit Befruchtung per Insemination also sollte es werden. „Wir dachten zunächst, man kauft die Samenspende, spritzt sie in die Vagina und hofft das Beste“, fasst Carlotta ihre Hoffnung zusammen. Ernüchtert stellten die beiden Frauen fest, dass es eine teure Angelegenheit werden kann. Ob eine Insemination erfolgreich ist, hängt eben in einem hohen Maß von der Qualität und Aufbereitung der Samenspende ab. Tatsächlich zeigt der Blick auf die Preisliste diverser Samenbanken: Ein Samenhalm – die Portion, die für die Befruchtung benötigt wird – kann schnell mit einem vierstelligen Betrag zu Buche schlagen. Hinzu kommen die Kosten für die Behandlung.
Künstliche Befruchtung: So teuer ist ein Samenhalm
Günstiger schien da eine IVF, eine Befruchtung außerhalb der Gebärmutter, bei der ein Samenhalm für mehrere Versuche ausreicht. Doch dabei müssen Eizellen nach einer hormonellen Stimulation per Punktion aus den Eierstöcken entnommen werden. Das Ehepaar Weinert informierte sich in Beratungsstellen für queere Paare, ihnen wurden mehrere Kinderwunschzentren empfohlen. Schnell war klar: Carlotta sollte das Kind austragen. „Leider wurde Hanna als Elternteil überhaupt nicht einbezogen“, erzählt Carlotta Weinert. „Ich war die Patientin, dass sie verheiratet ist mit mir, das spielte gar keine Rolle, sie war gar kein Teil des Prozesses.“
Schließlich fanden sie ein Kinderwunschzentrum in den Niederlanden, das auf homosexuelle Paare spezialisiert ist. „Wir hatten zwei psychologische Beratungsgespräche dort, die mich als zweite Mutter einbezogen haben“, sagt Hanna Weinert. Da ohnehin die IVF-Behandlung bevorstand, kam das Ehepaar schließlich auf die Idee, dass Hanna Eizellen spendet und Carlotta das Kind austrägt. In Deutschland hätten nur die Eizellen der gebärenden Frau für die künstliche Befruchtung verwendet werden dürfen.
Hanna ließ sich stimulieren, aufgrund ihres jungen Alters reiften 40 Follikel. „Die Entnahme war ein ziemlich großer Eingriff“, sagt Hanna. 40 Follikel – das bedeutete schließlich: 40 Punktionen der Eierstöcke über die Vagina. 35 Follikel waren brauchbar und wurden mit der Samenspende befruchtet. Vier Tage später hatten sich 17 Embryonen gebildet, von denen einer in Carlottas Gebärmutter eingesetzt wurde. Schon dieser erste Versuch glückte: Der Embryo nistete sich in der Gebärmutter ein. Geburtstermin ist Mitte August.
Zunächst wird Carlotta Weinert als Mutter in die Geburtsurkunde eingetragen. Ihre Ehefrau und genetische Mutter Hanna muss das Kind adoptieren, und das könne, haben die beiden Frauen recherchiert, bis zu 18 Monate dauern. Sie hoffen nun auf eine Vereinfachung des Abstammungsrechts, an dem die Ampel-Regierung arbeitet. Dann soll auch die Partnerin einer gebärenden Frau auf einer Geburtsurkunde als zweite Mutter eingetragen werden können. Abgesehen von diesen Formalitäten ist das Paar froh, dass es so schnell geklappt hat. „Das liegt sicher an unserem Alter“, sagt Hanna Weinert. „Wenn wir mit anderen sprechen, die eine IVF hinter sich haben, dann bekommen wir schon neidische Blicke.“
Kinderwunsch: Johanna hat einiges hinter sich
Tatsächlich hat im Vergleich dazu Johanna Meier eine Odyssee mit bislang negativem Ausgang hinter sich. Dreimal wurde sie schwanger, dreimal verlor sie das Kind. Viermal ließ sie sich vergeblich künstlich befruchten. Wie viele Hormonbehandlungen sie durchgemacht hat, kann die juristische Fachangestellte aus Bayreuth kaum noch zählen. „Es ist sehr ermüdend, es laugt aus – aber mein Mann und ich möchten nicht aufgeben“, sagt die 36-Jährige.
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Johanna Meier ist nicht grundsätzlich unfruchtbar, doch Qualität und Quantität ihrer Eizellen reichen nicht, um ohne medizinische Hilfe ein Kind austragen zu können. „Dazu wurde bei mir eine geringe ovarielle Reserve diagnostiziert“, erzählt sie. Die ovarielle Reserve ist der Vorrat an befruchtungsfähigen Follikeln – also Eizellen – im Eierstock. Die 36-Jährige hat auf die In-Vitro-Fertilisation (IVF) gesetzt, also auf eine künstliche Befruchtung im Reagenzglas. Dann auf die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), bei der ein einzelnes Spermium direkt in eine Eizelle injiziert wird. Doch nichts half. „Die Ärzte haben mir gesagt, dass die Wahrscheinlichkeit mittlerweile etwa bei zehn Prozent liegt, dass ich mit meinen eigenen Eizellen schwanger werden kann“, sagt Johanna Meier.
Die letzte Hoffnung, die sie und ihr Partner noch haben, ist die in Deutschland illegale Eizellspende. Das Paar bekam von einer Ärztin den ebenfalls illegalen Tipp, es in Spanien zu versuchen. Spanien gilt als Vorreiter auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin und hat dazu eine der liberalsten Gesetzgebungen in Europa. Die anonyme Eizellspende ist dort seit 1988 gesetzlich geregelt. 40 Prozent aller künstlichen Befruchtungen innerhalb der EU werden mittlerweile in Spanien durchgeführt, schreibt das Ärzteportal Zavamed.com. „Also haben wir uns entschieden, dafür nach Spanien zu reisen. Dort werden wir seit April in einer Kinderwunschklinik betreut“, berichtet Johanna Meier.
Klinik in Barcelona soll Johannas Wunsch wahr machen
Die Kinderwunschklinik in Barcelona, in der sie mittlerweile behandelt wird, sucht eine Eizellspenderin aus, die immunologisch und phänotypisch am besten zu ihr passt. „Es wird also darauf geachtet, dass die Frau mir ähnlich sieht und genetisch nicht vorbelastet ist“, erläutert die 36-Jährige. Zu Gesicht bekommt sie die Spenderin jedoch nicht. Die Klinik verrät ihr nur deren Alter und Blutgruppe, gespendet wird in Spanien anonym und freiwillig – selbst bei einer Legalisierung wäre das in Deutschland aufgrund des Rechts auf Kenntnis der Abstammung wohl kaum möglich. Die Spenderin erhält eine Aufwandsentschädigung von rund 1000 Euro pro Entnahme. Nach dem spanischen Gesetz müssen die Spenderinnen zwischen 18 und 35 Jahre alt sein.
Dass die Regierung in Deutschland nun eine Legalisierung der Eizellspende in Erwägung zieht, findet Johanna längst überfällig: „Das würde so vielen Paaren in Deutschland helfen, ein Kind zu bekommen. Es würde so vieles einfacher machen.“ Auf eine Legalisierung in Deutschland möchte die 36-Jährige jedoch nicht mehr warten: „Im schlimmsten Fall kann es dank der deutschen Bürokratie noch Jahre dauern, bis es so weit ist. Dieses Risiko möchte ich nicht eingehen.“
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Zur Bürokratie kommen allerdings auch die politischen Unwägbarkeiten. Zwar möchte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) der Empfehlung einer Expertenkommission folgen und die Eizellspende legalisieren. Die Bundesregierung werde aber keinen Gesetzentwurf vorlegen – das Thema liege jetzt beim Parlament.
Schwanger werden per Eizellspende: So teuer ist es
Johanna Meier und ihr Mann wollen darauf nicht warten. Sie reisen noch im August erneut nach Barcelona. Dann werden sie erfahren, ob eine passende Spenderin gefunden wurde und wann mit der Befruchtung der Eizelle im Labor begonnen werden kann. Dafür wird ein Spermium von Johannas Mann in die gespendete Eizelle injiziert – es entsteht eine künstliche Befruchtung. Ist das Verfahren geglückt, wird der Embryo schließlich unter Vollnarkose in Johannas Gebärmutter eingesetzt.
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Das Verfahren ist dabei sehr kostspielig. Die Behandlung in der spanischen Kinderwunschklinik kostet, inklusive Medikamenten und Voruntersuchungen, um die 10.000 Euro. So viel haben in etwa auch Carlotta und Hanna Weinert ausgegeben. Dazu kommen Reise- und Hotelkosten. Die deutsche Krankenversicherung zahlt diese Behandlung im Ausland nicht und übernimmt lediglich die Kosten einer gynäkologischen Betreuung am Wohnort, sollte Johanna schwanger werden. „Ich bin dankbar, dass wir uns das leisten können“, sagt sie. „Das ist nicht selbstverständlich.“ Auch das Ehepaar Weinert betont das Glück, so privilegiert zu sein.
Wird Johanna Meier das Kind austragen können, wird sie genetisch nicht seine Mutter sein, doch diese Tatsache macht ihr nichts aus: „Für mich wird es immer mein Kind sein – Gene hin oder her.“ Wird auch diese Methode nicht klappen, wollen sie und ihr Mann ein Kind adoptieren. Was ihnen schon jetzt klar ist: Auch dieser Prozess kann Jahre dauern.
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