Essen. Das neue Bundeswahlgesetz ist laut BVG in Teilen verfassungswidrig. Unser Autor findet es wichtiger, insgesamt über das neue Wahlrecht zu diskutieren.
Hand aufs Herz: Wer durchblickt schon wirklich das Wahlgesetz für den Deutschen Bundestag mit seinen Erst- und Zweitstimmen, den Überhangmandaten und den Sperrklauseln? Nach dem Urteil der obersten Verfassungsrichter bleiben Fragen, auch mit Blick auf die kommende Wahl im September 2025.
Und so erscheint viel wichtiger, dass über das von der Ampel-Koalition eingebrachte neue Wahlrecht nun in der gesamten Bevölkerung diskutiert wird, angefangen in den Schulen.
Denn es ist wesentlich für unsere Demokratie, dass möglichst jede und jeder versteht, wie die Abgeordneten in den Bundestag gelangen. Gerade in Zeiten, in denen unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen von Populisten und Radikalen unter Druck gesetzt wird.
Es war jedenfalls ziemlich populär, dass SPD, Grüne und FDP nun die Größe des Bundestages künftig auf 630 Abgeordnete beschränken. Zu groß war die öffentliche Kritik, als das Parlament 2021 auf aktuell 723 Sitze anwuchs. Zu teuer, zu aufgebläht, wetterten viele Politiker und Medien.
Wahlrecht muss von den Bürgern nicht nur kapiert, sondern auch akzeptiert werden
Die Ampel kann die Verkleinerung des Plenums also als Erfolg verbuchen. Zur Wahrheit gehört indes auch, dass besonders der CSU der größere Bundestag so lange recht war, bis sie nun ihre Direktkandidaten dank der Verfassungsrichter wieder durchbringen kann. Auch die Linke hatte ein Interesse daran.
Zugleich bleiben wichtige Fragen offen: Ist die 5-Prozent-Sperre richtig oder schließt sie demokratisch Gewählte aus? Wären drei Prozent irgendwie gerechter? Und wie steht es mit der weitgehenden Abschaffung der Direktmandate: Geht es in Ordnung, wenn überzeugend gewählte Kandidaten im lokalen Wahlkreis außen vor bleiben, weil stattdessen Kandidaten von den Landeslisten in Berlin einziehen? Schwächt das die engagierten Politiker vor Ort? Stärkt das nicht eher die Funktionäre, die in ihren Parteien gut vernetzt sind?
Über all das muss gründlich, klug und am besten mit großer Beteiligung aus der Bevölkerung diskutiert werden. Es ist entscheidend, dass unser Wahlrecht von den Menschen im Land nicht nur kapiert, sondern auch akzeptiert wird.