Köln. Weil der Job so riskant ist: Die Bahn gibt Kundenbetreuern in Kölner S-Bahnen auf Wunsch Körperkameras. Eine gute Idee?

Ein Test während der Fußball-EM verlief laut der Deutschen Bahn erfreulich. „Die ersten 30 Kundenbetreuer haben bereits zur EM in den Kölner S-Bahnen an einem Pilotversuch mit Bodycams teilgenommen. Die Erfahrungen der Tragenden waren positiv“, erklärte ein Bahn-Sprecher dieser Redaktion.. Hintergrund ist, dass sich viele Kontrolleurinnen und Kontrolleure an ihrem Arbeitsplatz nicht mehr sicher fühlen.

Bahn-Sprecher versichert: „Die Bodycam wirkt Wunder“

In Bayern wurden die Körperkameras testweise bereits im Nahverkehr eingesetzt, so die Bahn. Es habe dort regelrecht „Wunder bewirkt“, wenn die Kundenbetreuerinnen und -betreuer bei einer drohenden Eskalation darauf hinwiesen, sie würden die Bodycam für eine Video-Aufnahme einschalten, versichert der DB-Sprecher aus NRW. Die Aggressionen seien dann massiv zurückgegangen.

Nun sollen alle 800 Kundenbetreuer für die S-Bahnen in Köln eine Bodycam bekommen, wenn sie es möchten. Im Laufe des Jahres will die Bahn entscheiden, wie und wo in NRW das Projekt ebenfalls ausgerollt werden soll.

In anderen Bundesländern bekommen Bahn-Beschäftigte ebenfalls Bodycams

Experimentiert wird auch außerhalb von NRW mit Körperkameras für Bahn-Beschäftigte. Eingeschaltet werden dürfen sie nur nach einem Hinweis und mit hinreichender Begründung . Zum Bespiel kommen nun auf allen Linien der S-Bahn Rhein-Neckar die Kameras zum Einsatz. Dieses S-Bahn-Netz verbindet Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen und das Saarland. Es ist das größte S-Bahn-Netz Deutschlands. Kundenbetreuer der privaten Mittelrheinbahn zwischen Mainz und Köln dürfen schon seit 2019 Körperkameras nutzen, zumindest in den Abendstunden.

Fahrscheinkontrolle im Nahverkehr. Das Sicherheitsempfinden vieler Kundenbetreuerinnen und -betreuer hat sich verschlechtert.
Fahrscheinkontrolle im Nahverkehr. Das Sicherheitsempfinden vieler Kundenbetreuerinnen und -betreuer hat sich verschlechtert. © picture alliance / dpa | Daniel Reinhardt

Laut dem jüngsten Sicherheitsbericht für den Nahverkehr in NRW haben die Übergriffe auf Zugpersonal und Kundenbetreuerinnen und -betreuer zugenommen. „Konflikte gibt es dabei nicht nur in den Abendstunden oder Nächten, sondern mittlerweile zu nahezu jeder Tageszeit und in alarmierender Eskalationsintensität“, heißt es dort. Bundesweit wurden laut der Deutschen Bahn im Jahr 2023 insgesamt 3.144 Übergriffe auf DB-Mitarbeitende gezählt. Knapp zwei Drittel der Angriffe hätten das Zugpersonal im Regionalverkehr betroffen.

Umfrage der Eisenbahn-Gewerkschaft EVG mit erschütterndem Ergebnis

Wie gefährlich der Job des Kundenbetreuers sein kann, geht aus einer Umfrage der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hervor. Sie hatte im Februar 4000 Mitglieder mit Kundenkontakt nach ihren Erfahrungen mit Gewalt befragt. Demnach habe das Sicherheitsempfinden der Beschäftigten in den vergangenen fünf Jahren gravierend abgenommen. 82 Prozent der Befragten hätten in dieser Zeit verbale oder körperliche Bedrohungen erlebt, 61 Prozent körperliche Bedrohungen. 90 Prozent der Befragten wünschten sich die Möglichkeit, freiwillig Körperkameras nutzen zu können.

Laut Sebastian Bitterwolf, Leiter der EVG-Geschäftsstelle West, hätten die Pilotversuche mit den Kameras gewirkt. Es sei in Ordnung, wenn sich die Kolleginnen und Kollegen für diese Kameras entschieden, sagte er.