Düsseldorf. Nach Manipulationsvorwürfen will der NRW-Justizminister juristische Spitzenämter transparenter vergeben. Ein Schuldeingeständnis?

Als Lehre aus den Manipulationsvorwürfen rund um die Besetzung des Präsidentenamtes beim Oberverwaltungsgericht (OVG) strebt NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) eine Reform der Besetzungsverfahren für juristische Spitzenämter an.

In einem Eckpunktepapier schlug Limbach dem Rechtsausschuss des Landtags am Mittwoch mehrere Änderungen im Landesrichter- und Staatsanwältegesetz vor, um die Auswahl der Chefs von Obergerichten und Generalstaatsanwaltschaften transparenter zu machen.

Die wichtigsten Punkte: Künftig sollen „Anforderungsprofile“ für die höchsten Ämter der unabhängigen Justiz erstellt werden, um die Erwartungen der Landesregierung an Bewerber deutlicher zu machen. Informelle Bewerbergespräche müssten fortan dokumentiert werden. Die Möglichkeiten des Justizministeriums, externe Bewerber im Wege einer „Überbeurteilung“ besonders gut zu benoten, würden gestoppt. Und Mitwirkungsgremien wie der Präsidialrat könnten missliebige Besetzungsvorschläge früher durchkreuzen als bislang.

Neues Richterbesetzungsverfahren in NRW: SPD spricht von „Schuldeingeständnis“

Limbach reagiert damit auf Manipulationsvorwürfe bei der Besetzung des OVG-Präsidentenamtes, die zurzeit das Bundesverfassungsgericht und einen Untersuchungsausschuss beschäftigen. SPD-Fraktionsvize Elisabeth Müller-Witt sprach von Gedankenspielen, die sich „wie ein Schuldeingeständnis“ läsen: „Das ist ein missglückter Befreiungsversuch.“

Limbach steht seit Monaten in der Kritik, weil er eine Bekannte aus dem Innenministerium zur OVG-Präsidentin machen will. Die erste Anbahnung fand bei einem Abendessen statt. Es folgten zahlreiche Geheimgespräche von Limbach und Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) mit aussichtsreichen Konkurrenten der Frau. Ein Abteilungsleiter des Justizministeriums, der den Posten eigentlich bekommen sollte, und ein Bundesrichter mit der höchsten Rechtsprechungskompetenz klagten erfolgreich gegen die Verletzung der Bestenauslese. Das OVG selbst gab in zweiter Instanz jedoch Limbach Recht. Jetzt liegt der Fall in Karlsruhe.

Limbach wäre auch offen für Verfassungsänderung in NRW und Richterwahlausschüssse

Limbach räumte am Mittwoch deutlicher als bislang Fehler ein: „Wenn bei einem nicht-dienstlichen Abendessen auf einmal diese Frage auftaucht ‚Ist da ne Stelle frei?‘, dann würde ich es für sehr viel klüger halten in der Rückschau, dass man in diesem Moment zu der Bewerberin oder dem Bewerber sagt: ‚Jetzt verändert sich das Gespräch gerade, lass Dir einen Termin geben in meinem Büro‘.“

Dass die Staatskanzlei hinter den Kulissen weiter Einfluss auf Richterbesetzungsverfahren nimmt, wäre auch mit Limbachs Reform nicht transparent zu machen: „Wir können nur dokumentieren, wovon wir wissen, dass es stattfindet“, so der Justizminister. Er persönlich sei auch offen für eine Verfassungsänderung und die Einrichtung von Richterwahlausschüssen - wie in anderen Ländern.