Berlin. Wer nicht widerspricht, ist Spender: Mit dieser Regel soll nun die Zahl der Transplantationen steigen. Eine heikle Frage bleibt offen.
Je komplexer die Welt, desto größer die Sehnsucht nach einfachen Lösungen: Schalter umlegen, Regeln ändern – und schon ist alles besser als vorher. Dass es in wenigsten Fällen so läuft, weiß jeder, der aus dem Bilderbuch-Alter raus ist.
Sicher, manchmal gelingt es trotzdem. Die Anschnallpflicht im Auto hat zahllosen Menschen das Leben gerettet. Die Massenimpfung gegen Pocken hat einen der gefährlichsten Erreger der Welt nahezu unschädlich gemacht. Doch das sind Ausnahmen. In den meisten Fällen läuft es anders.
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Allein schon deshalb, weil die wenigsten Probleme eindimensionale Ursachen haben – und deswegen eindimensionale Lösungen zu kurz greifen. Die Organspende in Deutschland ist ein perfektes Beispiel dafür. Die Lage ist verfahren: Die große Mehrheit der Deutschen findet Organspenden richtig – dennoch bleibt die Zahl der Transplantationen seit zehn Jahren unter der Marke von 1000 im gesamten Land.
Organspende: Schon bei Herz-Kreislauf-Stillstand oder erst bei Hirntod?
Jetzt gibt es einen neuen Versuch, das zu ändern: Ein breites Länderbündnis angeführt von Nordrhein-Westfalen fordert die Einführung der Widerspruchslösung. Wer nicht aktiv widerspricht, soll automatisch Organspender sein. Klingt einfach, klingt effektiv. Und die Zahl der potenziellen Organspender wird dadurch wahrscheinlich steigen.
Ob das auch für die Zahl der tatsächlichen Organspenden gilt, ist aber völlig offen. Am Ende wirken andere Faktoren mindestens genauso stark – etwa die Bedingungen in den Kliniken oder schlicht die Frage, wann überhaupt Organe entnommen werden dürfen.
Denn da gibt es zwei Wege: Bereits bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand (wie in einigen anderen europäischen Ländern) oder erst bei einem unumkehrbaren Ausfall der Hirnfunktionen wie aktuell in Deutschland. Eine heikle Frage, die aber ins Zentrum jeder ehrlichen Debatte über die Organspende gehört.
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