Berlin. Der Verfassungsschutz observiert sie, von vielen geht große Gefahr aus: Diese Islamisten sind sehr einflussreich – auch nach ihrem Tod.
Die Bilder aus Hamburg verbreiteten sich rasend schnell. Und sie hatten Sprengkraft. Auf einer Kundgebung Anfang Mai forderten Demonstranten die Einrichtung eines Kalifats in Deutschland, eines radikalislamischen Regimes. Nur wenige Wochen später erstach in Mannheim ein mutmaßlicher Islamist einen Polizisten und verletzte mehrere Personen zum Teil schwer.
Experten warnen seit längerem: Der Islamismus wächst in Deutschland. Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass die Gefahr von Anschlägen steigt. Innenministerin Nancy Faeser betont, sie habe die islamistische Szene „fest im Visier“, die Nachrichtendienste sind alarmiert.
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Doch wer sind die führenden Köpfe hinter der Radikalisierung? Wer mobilisiert in den islamischen Milieus? Wer ruft zu Anschlägen auf? Ein Überblick über zehn der gefährlichsten Islamisten, vor denen Experten und Behörden warnen. Einige sitzen bereits im Gefängnis, einige leben nicht mehr im Land. Doch ihr Einfluss ist groß.
Pierre Vogel: Ein Ex-Profiboxer, der zur Radikalisierung aufruft
Pierre Vogel ist eine Schlüsselfigur der deutschen Salafisten-Szene. Er erlangte Bekanntheit durch seine drastischen religiösen Überzeugungen und seine Rolle bei der Radikalisierung junger Muslime: Der ehemalige Profiboxer, der zum Islam konvertierte, predigt eine strikte Interpretation des Islams und hat eine große Anhängerschaft durch seine Videos und öffentlichen Auftritte gewonnen. Je radikaler er auftritt, desto mehr fasziniert er seine Anhänger.
Sami A.: Der ehemalige Leibwächter Osama bin Ladens
Er ist ein in Deutschland als islamistischer Gefährder eingestufter Tunesier – und sorgte immer wieder für Schlagzeilen: Sami A., der ehemalige Leibwächter Osama bin Ladens lebte jahrelang unbehelligt in Bochum, bis seine Abschiebung 2018 nach einem juristischen Tauziehen schließlich erfolgte. Noch während seines Asylverfahrens kassierte er zeitweise Sozialleistungen vom deutschen Staat. Er gilt als eng vernetzt in salafistischen Kreisen und steht unter Verdacht, weiterhin ideologische Unterstützung für islamistische Gruppen zu leisten. Der Verfassungsschutz beobachtete ihn, als er noch in Deutschland war, genau.
Abu Walaa: Der Mann ohne Gesicht
Er wurde berühmt als sogenannter „gesichtsloser Prediger“: Online trat er häufig ohne Gesicht in seinen Hetz-Videos auf. Abu Walaa ist ein einflussreicher Islamist – seine Netzwerke sind verantwortlich für die Radikalisierung und den Abgang vieler junger Menschen in Kampfgebiete im Nahen Osten, die sich dann beispielsweise dem „Islamischen Staat“ anschlossen. Er wurde im Irak geboren, kam dann nach Deutschland, wo er sich als Jeansverkäufer versuchte und zunehmend als radikaler Prediger auftrat. Aktuell ist Walaa inhaftiert. Experten halten ihn für gefährlich, weil sein früherer „gesichtsloser“ Auftritt ihn zu einer Art Galionsfigur des Islamismus gemacht hatten.
Bilal Gümüs: Sogar im Gefängnis versucht er noch zu rekrutieren
Bilal Gümüs, ein islamistischer Gefährder aus Hessen, steht im Verdacht, Verbindungen zum „Islamischen Staat“ zu haben. Der 35-jährige Deutsch-Türke wurde wegen Terrorpropaganda verurteilt und beteiligte sich an der umstrittenen „Lies!“-Kampagne, die für den Koran warb. Sogar während seiner Haft soll er Vorträge über religiöse Radikalisierung für Mitgefangene gehalten haben. Gümüs gilt als bedeutsame Figur in der salafistischen Szene. Er wurde in mehreren Verfassungsschutzberichten er Landesbehörden für Verfassungsschutz namentlich aufgeführt.
Fritz Gelowicz: Der Terror-Planer
Fritz Gelowicz, ein deutscher Islamist, wurde als Anführer der sogenannten Sauerland-Gruppe bekannt, die 2007 Terroranschläge in Deutschland plante. Der Konvertit zum Islam radikalisierte sich in der salafistischen Szene und stand in enger Verbindung zu internationalen Terrornetzwerken. Gelowicz, einst ein ambitionierter Maschinenbaustudent, nutzte seine technischen Kenntnisse zur Herstellung von Sprengstoff. Er bekam eine mehrjährige Haftstrafe, die er mittlerweile abgesessen hat. Trotz seiner Inhaftierung inspiriert sein Weg noch immer einzelne Anhänger des Dschihad in Deutschland.
Mohammed Haydar Zammar: Charismatisch, laut und fanatisch
Mohammed Haydar Zammar, ein deutsch-syrischer Islamist, gilt als Schlüsselfigur bei der Rekrutierung der Attentäter vom 11. September 2001. Der gebürtige Syrer, der in Hamburg lebte, radikalisierte sich in den 1990er Jahren und war eng mit einer Hamburger Terrorzelle verbunden. Zammar war bekannt für seine laute, charismatische Art. 2001 wurde er in Marokko festgenommen und nach Syrien überstellt, wo er jahrelang in Haft war. Wo er sich aktuell genau aufhält, ist unklar.
Dehran Asanov: Der radikale TikTok-Influencer
Dehran Asanov, einer der Hauptakteure der Szene auf TikTok, trägt gern sportliche Kleidung. Er wirkt nahbar, wie ein netter junger Mann – doch propagiert er ins seinen Videos einen extremistisch-salafistischen Islam. In einfachen Worten verbreitet er die Ansicht, dass Frauen Männern untergeordnet sind, ihnen nicht widersprechen dürfen und vollständig sich mit Kleidung bedeckt sein müssen. Mit 460.000 Followern und über zehn Millionen Likes auf TikTok ist Asanov dabei sehr erfolgreich.
Mohamed Mahmoud: Der IS-Anwerber
Mohamed Mahmoud, ein bekannter Islamist in deutschen Sicherheitskreisen, rekrutierte einst junge Muslime. Der gebürtige Wiener, später in Deutschland ansässig, nahm Videos auf, in denen er zum Kampf für den islamischen Glauben anstachelte. Sein Appell an potenzielle Attentäter lautete dabei: „Nimm ein großes Messer." Mahmoud, bei dem nicht sicher ist, ob er noch am Leben ist, soll deutsche Islamisten zur Teilnahme an Konflikten in Syrien und anderen Konfliktzonen motiviert haben. Seine Videos kursieren weiterhin im Netz.
Sven Lau: Angeblich gewandelt
Sven Lau, eine zentrale Figur der deutschen Islamistenszene, fiel besonders durch seine Rolle als Anführer der selbsternannten „Sharia-Polizei“ in Wuppertal auf. Der ehemalige Feuerwehrmann aus Nordrhein-Westfalen agierte als charismatischer Prediger und radikaler Ideologe, der junge Muslime für den bewaffneten Jihad mobilisierte. Lau behauptet, er sei nicht mehr radikal – doch wird er weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet.
Denis Cuspert: Tot – und trotzdem noch gefährlich
Denis Cuspert, einst als „Deso Dogg“ bekannt, bleibt trotz seines Todes 2018 eine gefährliche Ikone für junge Islamisten in Deutschland. Der ehemalige Berliner Rapper, der sich 2010 radikalisierte und 2013 dem „Islamischen Staat“ anschloss, fasziniert noch immer durch seine Propagandavideos, die im Internet kursieren. Seine frühere Karriere als Musiker machen ihn für manche Jugendliche besonders zugänglich. Diese Videos, die seinen Wandel vom Rapper zum Terroristen zeigen, dienen heute noch als effektives Rekrutierungswerkzeug und ziehen immer wieder junge Menschen in den Bann des Islamismus.
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