Berlin. Klimawandel, Krieg und Selfie-Sucht: Hoffnung zu haben, ist gar nicht so leicht. Amelie Marie Weber hat ein Buch darüber geschrieben.
Krieg, Klima, Corona: Niemand fühlt sich von den Katastrophen unserer Zeit so stark belastet wie junge Menschen. Doch wie lässt sich der richtige Umgang mit den Krisen finden? Was muss sich ändern? Und vor allem: Wie schafft man es, die Hoffnung nicht aufzugeben? Diesen Fragen widmet sich FUNKE-Journalistin Amelie Marie Weber in ihrem ersten Buch „Generation Hoffnung: Wie junge Menschen zwischen Klimawandel, Krieg und Selfie-Sucht die Zukunft gestalten“. Im Gespräch mit der Berliner Morgenpost erklärt die 27-Jährige, vor welchen Herausforderungen wir stehen, wie sie selbst damit umgeht und was sich im Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Generationen verändern muss.
Frau Weber, in „Generation Hoffnung“ beschreiben Sie eine Situation, die ausschlaggebend für Sie war, dieses Buch zu schreiben. Was hat es damit auf sich?
Amelie Marie Weber: Mir ist immer wieder aufgefallen, dass viele junge Menschen sehr pessimistisch in die Zukunft blicken. Sie erzählen mir, dass ihnen Hoffnung fehlt und sie es kaum mehr ertragen, Nachrichten anzuschauen. Im letzten Jahr gab es dann diese eine entscheidende Situation in Brüssel. Ich war auf einer Konferenz, und eine EU-Beamtin wollte uns jungen Leuten eigentlich Mut zusprechen. Sie sagte: „Ihr schafft das schon.“ Da fing ein Mädchen auf einmal an zu weinen. Plötzlich wurde mir bewusst, wie groß die Überforderung und der Druck für viele ist. Wie sollen wir all das richtig machen, was vor uns über Jahrzehnte falsch gemacht wurde? Für mich war dann klar: Wir müssen etwas tun. Ich mache mich in dem Buch auf die Suche nach Zeichen der Hoffnung in Zeiten der Krise.
Ist das auch der Grund, wieso Sie Ihr Buch letztendlich „Generation Hoffnung“ und nicht – wie eigentlich geplant – „Generation Krise“ genannt haben?
Ja, mein erster Gedanke war, über die Krisen zu schreiben, mit denen wir zu kämpfen haben, und diese zu beleuchten. Aber erstens ist es frustrierend, sich immer nur mit den negativen Dingen auseinanderzusetzen, und zweitens glaube ich, dass wir viel mehr sind als die Krisen um uns herum. Wir können etwas verändern, wir haben die Zukunft in der Hand. Deshalb sind wir die Hoffnung.
Aber das Hoffen allein reicht doch nicht aus, um etwas zu verändern, oder?
Das stimmt. Es darf kein passives Hoffen sein. Auf die Hoffnung muss die Handlung folgen. Aber wenn man gar nicht erst hofft, kann man eben auch nicht ins Handeln kommen. Und genau das ist so wichtig: dass einzelne Menschen etwas tun und die richtigen Entscheidungen treffen. Damit daraus dann die politischen, gesamtgesellschaftlichen Veränderungen entstehen können.
Sie sind 27 Jahre alt und befinden sich damit laut Definition genau zwischen den sogenannten Generationen Y und Z. Welchen Einfluss hat das auf Ihre Perspektive, die Sie in dem Buch schildern?
Diese vorgefertigten Generationen sind empirisch nicht belegbar und führen oft zu viel mehr Vorurteilen als nötig. Deshalb schreibe ich nicht über die Generation Z oder die Generation Y, sondern schlicht über junge Erwachsene, die irgendwo zwischen Schulabschluss und Familiengründung ins Leben finden – so wie ich selbst. Alle Angehörigen einer Altersgruppe als Einheit zu betrachten, hat noch nie besonders gut funktioniert. Aber was wir alle gemeinsam haben, sind nun mal die Krisen und Umstände, unter denen wir erwachsen werden. Deshalb schreibe ich darüber.
Was konnten Sie selbst denn beim Schreiben des Buches lernen?
Ich habe zahlreiche Studien gelesen und Menschen interviewt. Dabei konnte ich unglaublich viel über die einzelnen Themen lernen: Klima, Krieg, Pandemie, Gesundheit, Diskriminierung, Arbeit und Internet – ich bin selbst keine Expertin in diesen Bereichen und begebe mich in dem Buch mit den Leserinnen und Lesern auf eine gemeinsame Reise, um mehr zu erfahren. Es gab also ganz viele Aha-Momente für mich. Das Wichtigste, was ich gelernt habe, ist aber, dass es eben durchaus viel Grund zur Hoffnung gibt. Wenn man mal genauer hinschaut, sieht man, dass schon ganz viel Gutes auf der Welt passiert, zum Beispiel auch beim Thema Klima.
Sie gehen in Ihrem Buch auch auf die Klimaaktivisten der Letzten Generation ein. Sind deren Aktionen notwendig, damit sich etwas ändert?
Wir haben gesehen, dass es leider nicht reicht, freitags Schilder hochzuhalten. Die Veränderungen sind zu langsam. Deshalb verstehe ich, dass man auf andere Formen des Protestes zurückgreift. Diejenigen, die sich auf die Straße kleben, würden das nicht tun, wenn sie keine Hoffnung auf eine bessere Welt hätten. Und das finde ich bemerkenswert. Deswegen ist es auch erschreckend, wie viel Hass diesen Menschen entgegenschlägt. Warum sind die Leute wütender auf die verzweifelten Aktivisten als auf jene, die sie zum Verzweifeln bringen? Gleichzeitig muss man auch sagen, dass Menschen, die sich auf Straße kleben, absolute Ausnahmen in unserer Gesellschaft sind. Die Mehrheit tut das nicht. Wir sind keine „Generation Greta“ – das wird manchmal verzerrt dargestellt.
Gerade ältere Menschen haben teilweise andere Ansichten als die Jüngeren. In Ihrem Buch gehen Sie auf daraus resultierende Probleme ein. Wie ließen die sich denn beheben?
Ich glaube, die Beziehung zwischen Jung und Alt ist insgesamt eher besser geworden als früher. Studien zeigen, dass sich die Werte und Tugenden von älteren und jüngeren Menschen gar nicht so sehr voneinander unterscheiden. Auch in der Arbeitswelt verfolgen wir alle ähnliche Ziele: faire Löhne, Weiterentwicklungsmöglichkeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Unterschied ist, dass junge Menschen den Mut haben, für diese Werte einzutreten. Sie können sich das leisten – denn sie werden aufgrund des Fachkräftemangels dringend gebraucht. Natürlich kann das befremdlich auf jemanden wirken, der in der eigenen Jugend froh war, überhaupt einen Job zu bekommen. Aber wir müssen uns unserer grundsätzlichen Einigkeit wieder bewusst werden. Nur gemeinsam können wir wirkliche Veränderungen herbeiführen.
Also richten Sie sich mit dem Buch nicht nur an die jüngeren Generationen?
Auf keinen Fall. Das Buch ist nicht nur für junge Menschen gedacht, die sich über die Welt Gedanken machen und vielleicht ein bisschen Hoffnung brauchen. Sondern es ist auf jeden Fall auch für ältere Menschen geeignet, die verstehen wollen, warum junge Menschen so sind, wie sie sind.
Können junge Menschen auch etwas von den Älteren lernen?
Selbstverständlich. Schließlich haben unsere Eltern und Großeltern schon viel mehr Krisen er-und überlebt. Das kann uns Hoffnung schenken. Bestenfalls kommt man darüber ins Gespräch und packt dann gemeinsam an.
Neben Krieg, Klima und Pandemie behandeln Sie in Ihrem Buch auch andere problematische Themen wie die allgegenwärtige Smartphone-Sucht oder die hohe Überarbeitung. Wie gehen Sie als viel beschäftigte Journalistin selbst im Alltag mit solchen Themen um?
Ich bin von diesen Problemen genauso betroffen wie andere. Meine Handysucht ist momentan schlimmer denn je, und ich arbeite auch definitiv zu viel. Ich versuche gar nicht erst, so zu tun, als würde ich das alles hinbekommen, sondern bin schonungslos ehrlich. Oft habe ich eben selbst keine perfekte Lösung. Aber ich glaube, der erste Schritt ist, über die Probleme nachzudenken und zu sprechen.
Darum geht es im Prinzip bei allen Themen, die Sie schildern, oder? Zum Beispiel auch beim Thema Gleichberechtigung.
Genau. Es ist wichtig, nicht die Augen zu verschließen. Ansonsten wird sich nämlich nie etwas ändern. Wenn ich es einfach akzeptiere und als gegeben hinnehme, dass ich als junge Frau sexuell belästigt werde, dann wird meine Tochter das auch hinnehmen müssen. Das will ich aber nicht. Ja, es ist unbequem, sich mit den Problemen dieser Welt zu beschäftigen. Aber nur wenn wir das tun, kann sie ein besserer Ort werden.
Beim Female Future Force Day am 21. Oktober moderiert Amelie Marie Weber das Panel „GEN Z: We are the Future! – Wie können wir voneinander lernen und miteinander verändern?”.