Düsseldorf. Die gerade angestoßene Krankenhausreform kommt womöglich zu spät. Vielen Kliniken droht schon vorher die Pleite. Wird der Bund helfen?
Mitten in der laufenden Krankenhausreform geht den Kliniken in NRW die Puste aus. „Die hohen Energie-, Personal- und Gerätekosten werden vielen Krankenhäusern das Genick brechen“, warnt Marcus Proff von der Caritas Diözese Münster. Allein im Bereich dieser Diözese gibt es 52 katholische Kliniken, in ganz NRW mehr als 350 Krankenhäuser in unterschiedlicher Trägerschaft.
"Wir können nicht wie ein Bäcker die Preise anpassen"
Das Hauptproblem für die Kliniken sei die Deckelung ihrer Einnahmen, erklären Marcus Proff und Prof. Christoph Hanefeld von der Geschäftsführung des Katholischen Klinikums Bochum. „Anders als ein Bäcker können wir nicht einfach die Preise anpassen, wenn der Betrieb teurer wird“, so Proff. Die Häuser müssten jetzt höhere Preise bezahlen, sie könnten aber erst ein Jahr später mit höheren Erstattungen ihrer Betriebskosten durch die Krankenkassen rechnen.
Laut Hanefeld erhöhen sich zum Beispiel in Bochum die Personalkosten wegen hoher Tarifabschlüsse kurzfristig um 20 Millionen Euro. Für „medizinische Gase“, zum Beispiel Sauerstoff, müsse das Klinikum ab Januar nicht mehr 180.000, sondern 340.000 Euro im Jahr zahlen. Diese Klinik habe zum Glück schon wichtige Investitionen getätigt und könne nun überleben. Häuser mit Investitionsstau schafften das aber nicht. Die Situation der Kliniken sei vergleichbar mit einem Sprinter, den man mit einem 20-Kilo-Rucksack auf die Bahn schicke.
Brücke zum rettenden Ufer gesucht
Wie ernst die Lage ist, war im Juli in Paderborn zu sehen. Dort meldeten die St- Vincenz-Kliniken mit 3000 Beschäftigten Insolvenz an. Die Krankenhäuser in NRW rufen nun nach einer „Brückenfinanzierung“ durch den Bund. „Wir brauchen die Liquidität jetzt“, sagt Marcus Proff. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) „prüft“ diese Forderung, hat aber noch keine konkrete Hilfe in Aussicht gestellt
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) spricht von einer „sehr schwierigen Situation“. Die Krankenhausreform werde den Kliniken zwar perspektivisch helfen, aber nicht heute. „Es ist Eile geboten“, sagte Laumann dieser Zeitung. Der Bund sei für die auskömmliche Finanzierung der Betriebskosten zuständig. Das Bundesgesundheitsministerium habe zwar Anfang des Jahres 2,5 Milliarden Euro Energiehilfen bereitgestellt. „Der Bund wird aber weitere Hilfen folgen lassen müssen, sonst kommt die Reform der Krankenhausfinanzierung für viele Kliniken zu spät“, sagte Laumann.
Protest-Aktionstag am 20. September
Am 20. September treffen sich Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NRW-Krankenhäuser zu einer Kundgebung vor dem Landtag. Ähnliche Aktionen sind bundesweit geplant. Vertreter der NRW-Kliniken suchen und finden Unterstützung bei Landräten, Bundestags- und Landtagsabgeordneten, zum Beispiel beim Bochumer Gesundheitsexperten Serdar Yüksel (SPD). Am heutigen Montag weist die Krankenhausgesellschaft NRW im Landtag auf den Ernst der Lage hin.