Berlin. Die Regierung hat sich auf die Teil-Legalisierung von Cannabis geeinigt. Welche Regeln kommen und ab wann gelten sie? Der Überblick.

„Wann Bubatz legal?“ Dieser Frage eines Zuschauers stellte Tina Hassel Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits 2022 im ARD-Sommerinterview. Nun gibt es endlich eine Antwort: Nachdem die Bundesregierung ihre Unstimmigkeiten über die Legalisierung von Cannabis ausgeräumt hat, wird der Joint in Deutschland voraussichtlich ab dem 1. April legal. Zumindest teilweise.

Ab dann sollen Eigenanbau und der Besitz bestimmter Mengen für Volljährige erlaubt sein. Zum 1. Juli sollen schließlich Clubs zum gemeinsamen Anbau möglich werden. Zuvor muss das Gesetz aber noch durch den Bundestag. Dort gilt eine Zustimmung mit den Stimmen der Regierungsfraktionen als sicher. Im Bundesrat könnte die Union das Vorhaben jedoch verzögern.

Doch wie genau werden die Regelungen aussehen? Wer darf wie viel Cannabis besitzen – und was bleibt weiterhin strafbar? Der Überblick.

Wo kann man Cannabis in Zukunft legal kaufen?

Der Verkauf von Cannabis soll in Zukunft über sogenannte Cannabis-Clubs erfolgen. In ihnen können Mitglieder das Rauschmittel erwerben – besitzen darf eine Person maximal 25 Gramm. Pro Monat dürfen maximal 50 Gramm erworben werden. Bei Menschen zwischen 18 und 21 Jahren soll der THC-Gehalt zehn Prozent nicht überschreiten, die Abgabe ist auf 30 Gramm im Monat beschränkt. Für noch jüngere ist der Besitz von Cannabis weiterhin verboten, soll jedoch nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Die Vereine dürfen „nur mit behördlicher Erlaubnis“ arbeiten, und das nicht gewinnorientiert. Anbauen kann nur, wer Mitglied ist – und soll auch beim Aussähen und Ernten der Pflanzen mitwirken. Behörden sollen laut Regierungsentwurf die Qualität und Reinheit der Cannabis-Produkte überprüfen. Außerdem ist der Konsum in den Clubs verboten.

Hinzu kommen Verkaufsstellen, die es in einer zweiten Phase in einigen Modellregionen geben soll. Dort soll Cannabis auch ohne Mitgliedschaft in einem Club erworben werden können. Wann es so weit ist, ist jedoch noch unklar: Bisher gibt es dazu keinen Gesetzentwurf. Ein allgemeiner Verkauf, wie ihn die Bundesregierung zunächst geplant hatte, ist vorerst auch nicht vorgesehen. Untersagt bleibt zudem der Verkauf von Cannabisprodukten wie Kuchen oder Ölen.

Ist es erlaubt, selbst Cannabis anzubauen?

Privat soll man in Zukunft bis zu drei „weibliche, blühende Pflanzen“ anbauen dürfen. Erworben können die Samen oder Jungpflanzen in den Cannabis-Clubs. Nach der Legalisierung sollen wissenschaftlich Daten erhoben werden, wie sich das neue Gesetz auswirkt – vor allem mit Blick auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie die Sicherheit im Straßenverkehr.

Was spricht für eine Cannabis-Legalisierung?

Vor allem eines: Das bisherige Verbot hat den Cannabis-Konsum in Deutschland nicht erfolgreich bekämpft. Im Gegenteil: Die Konsumenten-Zahlen steigen seit Jahren, auch bei jungen Menschen. „Die repressive Drogenpolitik der vergangenen Jahrzehnte ist gescheitert“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) unserer Redaktion. „Sie hat den Konsum nicht eingedämmt, sie hat unzählige Menschen in die Kriminalität gedrängt und einen blühenden Schwarzmarkt geschaffen. Wir brauchen eine bessere Drogenpolitik. Wir müssen Realismus mit Prävention verbinden.“

Justizminister Marco Buschmann (FDP)
Justizminister Marco Buschmann (FDP) © Sebastian Konopka/FUNKE Foto Services | Unbekannt

Bisher boomt der Schwarzmarkt, Marihuana und Haschisch werden von vielen Dealern mit anderen Wirkstoffen gemischt, die für die Käufer kaum zu kontrollieren und mitunter gefährlich sind. Staatsanwaltschaften lassen zudem etliche Verfahren gegen illegale Kleinhändler fallen.

Der Bundesbeauftragten für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert (SPD), hob gegenüber unserer Redaktion hervor: „Das bisher bestehende Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung von Cannabisnutzenden führte zum Tabu, über den eigenen Konsum und etwaige Risiken zu sprechen.“ Eine Legalisierung bedeute für Suchtkranke „mehr Hilfe und Schutz, die direkt und unbürokratisch ankommen muss“, sagt Blienert.

„Cannabiskonsum für Erwachsene unter gesicherten Bedingungen zu ermöglichen, bedeutet am Ende mehr Schutz für alle. Weil sie den Schwarzmarkt eindämmt, weil sie organisierte Kriminalität zurückdrängt, weil sie Vergiftungsrisiken senkt und mehr Hilfe für kritisch Konsumierende möglich macht.“

Was spricht gegen die Legalisierung von Cannabis in Deutschland?

Eines der Hauptargumente gegen die Legalisierung von Cannabis kommt von Verbänden aus der Medizin. Durch die Entkriminalisierung könne es zu mehr Konsum kommen, heißt es etwa von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde. Als Beispiel führen die Expertinnen und Experten Kanada an. Dort seien seit der Legalisierung von Cannabis sowohl der Konsum als auch der riskante Konsum gestiegen.

„Die bislang vorgelegten Pläne beinhalten keine überzeugenden Präventionsmaßnahmen. Aber gerade in dieser Situation muss die Prävention erheblich intensiviert und natürlich nachhaltig finanziert werden“, heißt es in einer Mitteilung von Verbandspräsident Andreas Meyer-Lindenberg. Zudem sei Cannabis keineswegs harmlos: Etwa zehn Prozent der regelmäßigen Konsumenten würden eine cannabisbezogene psychische Störung entwickeln.

Mehr dazu: Cannabis-Konsum – Diese Folgen hat Kiffen für Körper und Geist

Ein weiteres Problem sei die Freigabe von Cannabis für Personen ab 18 Jahren. Die Hirnentwicklung sei erst mit dem 25. Lebensjahr abgeschlossen – vor diesem Zeitpunkt sei der Konsum des Rauschmittels besonders gefährlich. Die Gesellschaft für Psychiatrie und Psychosomatik geht deshalb davon aus, dass vermehrter Cannabiskonsum dazu führen werde, dass mehr und jüngere Betroffene an einer Psychose erkranken.

Cannabis
Der Anbau und Konsum von Cannabis soll in Deutschland legalisiert werden – zumindest teilweise. © DPA Images | Lino Mirgeler

Hinzu kommt die Befürchtung, dass die geplante Legalisierung den illegalen Handel mit Cannabis erleichtern statt verhindern könnte. Der Gedanke: Wenn 25 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf legal werden, könnten Dealer immer nur maximal diese Menge mit sich führen und dafür kaum belangt werden.

Wie wirkt Cannabis?

Der Hauptwirkstoff in Cannabis ist Tetrahydrocannabinol, kurz THC. Wie genau der Stoff im Körper wirkt, ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Sicher ist: THC dockt an die Cannabinoid-Rezeptoren des Menschen an und beeinflusst wie auch andere Drogen die Signalübertragung der Nerven. Das kann ein Gefühl von Heiterkeit, Gelassenheit und Euphorie auslösen. Hinzu kommt oft eine intensivere Sinneswahrnehmung.

Das Risiko: Aus der anfänglichen Euphorie können Angst- und Panikgefühle werden – eine Steigerung bis hin zur Paranoia ist zumindest möglich. Nicht auszuschließen sind auch eine Störung des Kurzzeitgedächtnisses und damit verbundene Filmrisse sowie Halluzinationen, Herzrasen, Übelkeit und Schwindel. Bei langfristigem Konsum sind schwere psychische, physische und soziale Folgen möglich. Wie häufig die einzelnen Nebenwirkungen auftreten, hängt von der jeweils konsumierenden Person und vom THC-Gehalt des Rauschmittels ab, pauschale Angaben sind kaum möglich. 

Beim Einsatz von Cannabis als Medikament ist die Wirkung laut Christiane Neubaur, Geschäftsführerin bei Verband der Cannabis versorgenden Apotheken, eine andere als beim Freizeitkonsum. So sei die Signalübertragung der Nerven etwa bei Schmerzpatienten bereits gestört und werde durch den Konsum von Cannabis wieder normalisiert. Als Ergebnis werde die betroffene Person von ihren Schmerzen „abgeschirmt“.

Wird die Justiz durch die geplante Cannabis-Legalisierung entlastet?

Das Gesundheitsministerium hat Einsparungen bei Justiz und Polizei in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr errechnet. Vor allem aus einem Grund: Legale Konsumentinnen und Konsumenten werden nicht mehr mit Strafverfahren überzogen, und auch der illegale Markt soll nach dem Bestreben der Regierung durch die Legalisierung von Marihuana und Haschisch zurückgedrängt werden.

Der Bund der Richter und Staatsanwälte (DRB) warnte jedoch, dass das „kleinteilige Gesetz“ zu einem „hohen behördlichen Kontrollaufwand“ sowie vielen „neuen Streitfragen“ führen würde, die dann auch vor Gericht landen.

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