Berlin. Die Ampel-Koalition hat sich beim Heizungsgesetz auf einen Kompromiss geeinigt. Die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.
- Wie geht es beim Thema Heizung weiter? Wochenlang hat die Ampel um das neue Heizungsgesetz gerungen. Nun steht eine Einigung
- Viele Beobachter sehen, dass sich vor allem eine Partei mit ihren Forderungen durchsetzen konnte
- Die Kritik am Heizungsesetz fällt mitunter deutlich aus, auch wenn es auch lobende Worte gibt. Das sind die Reaktionen
Nach wochenlangen Diskussionen ist der Streit um das neue Heizungsgesetz erst einmal beigelegt: Zwischen den Ampel-Parteien wurde ein Kompromiss geschlossen. Das Gesetz soll am Donnerstag im Bundestag beraten werden, allerdings in abgeschwächter Form.
Demnach sollen sowohl das Gebäudeenergiegesetz als auch das Wärmeplanungsgesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft treten, und zwar gekoppelt. Für Verbraucherinnen und Verbraucher gilt: Nutzerinnen und Nutzer von Fernwärme sind nicht zum Einbau einer Wärmepumpe verpflichtet. Insgesamt wurde sich auch auf mehr Zeit geeinigt: Bis spätestens 2028 soll die verpflichtende kommunale Wärmeplanung stehen. Bis dahin dürfen beim Heizungstausch auch weiterhin Gasheizungen eingebaut werden – mit einer Bedingung: Sie müssen auf Wasserstoff umrüstbar sein.
Ein weiterer Kompromiss sind jahrelange Übergangsfristen bei Bestandsbauten: Das Verbot von Öl- und Gasheizungen zum 1. Januar 2024 wurde demnach gekippt. Die staatliche Förderung soll außerdem erweitert werden. Die neuen Eckdaten lösen eine Bandbreite an Reaktionen aus. Lesen Sie dazu: Ausnahme für Gasheizung: Wann ein Einbau weiter erlaubt ist
Heizungsgesetz sorgt für Unverständnis und Sorgen
Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat die Abschwächung beim Gebäudeenergiegesetz scharf kritisiert. Nun stehe "eine de facto Entkernung des GEGs zur Debatte, es ist ein schlechter Witz", sagte sie im Gespräch mit unserer Redaktion. "Im Zweifel schwinden so die Chancen einer schnellen und gerechten Wärmewende vollständig." Dazu komme der politische Preis der letzten Wochen. "Während die Ampel sich auch in diese Debatte wieder selbst den Weg verstellt hat, rinnt das Vertrauen in die Krisenkompetenzen der Ampel", fügte sie hinzu.
Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) reagierte in einer Pressemitteilung vom Dienstag mit ähnlich wenig Verständnis: "Die heutige Einigung der Ampelfraktionen bedeutet in erster Linie eine Aufschiebung von Planungssicherheit für Industrie, Handwerk und Verbraucher:innen. Bis zum Vorliegen von kommunalen Wärmeplänen erhalten die Betroffenen keine Orientierung, welche Heizungssysteme sie im Falle eines anstehenden Heizungstauschs auf den Weg zur Klimaneutralität bringen. Die Verantwortung liegt damit in erster Linie bei Verbraucher:innen und Kommunen." Der BWP warnt vor allem vor hohen Kostenbelastungen und betont, dass der Umstieg zu Wärmepumpen die zentrale Lösung für Klimaschutz sei.
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Auch Lukas Siebenkotten, der Präsident des Deutschen Mieterbundes, sorgte sich über die höhere Kostenbelastung. "Statt die bestehende Modernisierungsumlage endlich sozial gerecht zu reformieren und deutlich abzusenken, soll sogar eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt werden. Das lässt nichts Gutes erahnen. Wir brauchen mehr Mieterschutz und keine weiteren Mieterhöhungsmöglichkeiten", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Es müsse vor allem darüber verhandelt werden, "die Fördermittel für Vermieter zu erhöhen und gleichzeitig die Modernisierungsumlage so zu reformieren, dass eine deutliche Energieeinsparung durch den Heizungstausch erreicht wird – nur so profitieren Vermieter und Mieter."
Negative Reaktionen kamen zudem von Greenpeace und der Deutschen Umwelthilfe. Greenpeace-Energieexperte Andree Böhling bewertete die Aufschiebung der verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung als besonders ungünstig: "Bis 2028 werden in den meisten Kommunen weiter klimaschädliche Gasheizungen eingebaut. Mit diesem aufgeweichten Heizungsgesetz rücken die Klimaschutzziele der Regierung in weite Ferne." Die Verzögerung der Wärmewende bewertete die Deutsche Umwelthilfe als Tiefpunkt: "Am schwersten wiegt, dass die Wärmewende bei Bestandsgebäuden auf einen Zeitpunkt nach 2028 und damit auf eine nächste Regierung verschoben wird und das sogar bei einem großen Teil der Neubauten, wo es besonders einfach umsetzbar ist", so Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. "Darüber hinaus wird das Märchen von wasserstofffähigen Gasheizungen aufrechterhalten und die klima- und umweltschädliche Verbrennung von Holz ermöglicht."
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Wärmewende: Das sind Positive Reaktionen auf das Heizungsgesetz
Der Kompromiss erntete allerdings auch positive Reaktionen: Der Städte- und Gemeindebund lobte die von der Ampel beschlossenen Änderungen beim Heizungsgesetz und bezeichnete es als einen richtigen Schritt, "dass beim Gebäudeenergiegesetz – insbesondere bei Bestandsgebäuden – eine Verpflichtung erst dann entsteht, wenn die kommunale Wärmeplanung vorliegt", so Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Gespräch mit unserer Redaktion. Vom Bund forderte er eine "eine nachhaltige Unterstützung", damit auch die Kommunen bei Ihren Gebäuden die Wärmewende umsetzen könnten, zudem viel Sorgfalt und Realitätssinn, darunter auch eine konkrete Kostenschätzung.
Die Energiewirtschaft nahm das abgeschwächte Heizungsgesetz ebenfalls positiv auf. "Die Punkte, auf die sich die Koalition geeinigt hat, verbessern das Gesetz entscheidend", so Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. "Die geplante Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung bei der Umrüstung von Bestandsgebäuden", wertete sie als besonders positiv. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) empfand die Einigung der Koalition als "ein gutes und wichtiges Signal".
Heizungsgesetz abgeschwächt: So reagieren die Parteien
Einige Parteien äußerten sich ebenfalls positiv zu den abgeschwächten Vorgaben, darunter die Union. "Opposition wirkt, unsere Kritik wirkt: Robert Habecks Wärmepumpen-Zwang hat keine Mehrheit im Deutschen Bundestag", freute sich Jens Spahn (CDU) am Dienstag im ZDF. Zugleich forderte er, dass die Ampel-Koalition auf Basis der Einigung "ein ordentliches Gesetz schreibt und wir dann ein ordentliches Verfahren im Deutschen Bundestag haben".
SPD-Chefin Saskia Esken sprach im Morgenmagazin von ARD und ZDF von einer "sehr, sehr guten Einigung". Den Kompromiss bezeichnete sie als erfolgreichen Einstieg in die Wärmewende. Bundesbauministerin Klara Geywitz ergänzte, nun die Wärmeplanungen gemeinsam mit den Kommunen vorantreiben zu wollen. "Mit den Kommunen und Verbänden ist ein Gesetzentwurf zur kommunalen Wärmeplanung in Abstimmung. Im Kern geht es darum, dass die Bürgermeister erstmal schauen, was habe ich denn für potenzielle Wärmequellen, wie viel Verbrauch habe ich in meiner Kommune, und wie können wir vielleicht noch mit anderen Varianten heizen außer mit Öl und Gas", so die SPD-Politikerin dem "rbb-Inforadio".
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FDP-Fraktionschef Christian Dürr, dessen Partei die Einigung bisher gebremst hatte, lobte den Kompromiss. "Es freut mich, dass wir innerhalb der Koalition fundamentale Änderungen am Gesetzentwurf vereinbaren konnten." Johannes Vogel, der erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, sprach im Interview mit "Bayern 2" von einem guten Kompromiss im Heizungsstreit.
Die Grünen reagierten verhältnismäßig neutral: Wirtschaftsminister Robert Habeck sprach nach der Einigung weder von Sieg noch Niederlage. "Diese Debatte drohte ja zu einer Endlosschleife zu werden. Und das ist dann verhindert worden, weil wir uns mal kurz frei gemacht haben von: Wer hat gewonnen, wer hat verloren?", so Habeck im ZDF. Katharina Dröge, Co-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, sprach in den "Tagesthemen" von einem "etwas komplizierteren Weg", den die Koalition zurücklegen musste, bezeichnete die Ereignisse aber auch als Meilenstein. Klimaneutrale Heizungen blieben nach wie vor das Ziel. (mit dpa)