Berlin. Nach dem Angriff auf einen SPD-Politiker plant Nancy Faeser ein Treffen der Innenminister. Warum Herbert Reul das skeptisch sieht.
Nach dem brutalen Angriff auf einen SPD-Europapolitiker fordern Vertreter der kommunalen Spitzenverbände eine Verschärfung des Strafrechts, um Amtsträger künftig besser zu schützen. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, sagte unserer Redaktion: „Nachstellungen, Aufmärsche vor Wohnhäusern und Bedrohungen wie ‚Wir wissen, wo Du wohnst und wo Deine Kinder zu Schule gehen‘, müssen geahndet werden können. Das gehört ins Strafgesetzbuch“. Lewe, der CDU-Oberbürgermeister in Münster ist, forderte Schwerpunktstaatsanwaltschaften, damit man „schneller und zielgenauer agieren“ könne. Lewe fügte hinzu: „Auch kleinere Angriffe und persönliche Diffamierungen dürfen nicht bagatellisiert werden. Denn sie gefährden unser demokratisches Gemeinwesen genauso.“
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Der Präsident des deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, sagte im Hinblick auf die Angriffe: „Attacken auf Politiker und politisch engagierte Bürger wie jetzt im Kommunal- wie im Europawahlkampf sind unerträglich und müssen mit unserem rechtsstaatlichen Instrumentarium konsequent geahndet werden.“ Sager ergänzte: „Beleidigungen, Drohungen und körperliche Gewalt sind keine Mittel eines fairen demokratischen Wettbewerbs. Auch müssen wir im täglichen Miteinander immer wieder deutlich machen, dass wir so etwas keinesfalls dulden.“
Angriff auf SPD-Kandidaten Ecke: Vier Verdächtige ermittelt
Am Wochenende war der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Matthias Ecke, von Schlägern in Dresden beim Aufhängen von Wahlplakaten angegriffen und schwer verletzt worden. Er kam ins Krankenhaus und musste dort notoperiert werden. Ecke habe die Operation gut überstanden, „so weit man das zum jetzigen Stand sagen kann“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Er betonte zudem, dass der Genesungsprozess „ein langer Weg sein“ werde.
Am Wochenende hatte sich bereits ein Täter gestellt. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, wurden nun drei weitere Täter ermittelt, alle vier Verdächtigen sind im Alter zwischen 17 und 18 Jahren. Bei einem von ihnen ihm geht das zuständige Landeskriminalamt von einem politisch rechten Hintergrund aus. Zwei der Tatverdächtigen sind bereits polizeilich bekannt, wie die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete.
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Innenminister des Bundes und der Länder wollen am Dienstag über weiteres vorgehen beraten
In letzter Zeit häufen sich bundesweit Angriffe auf Mandatsträger und politisch aktive Bürger. An diesem Dienstag wollen sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und ihre Kollegen aus den Landesministerien zusammenschalten, um über ein gemeinsames Vorgehen zu beraten. Über dem Austausch steht die Frage: Wie können weitere Taten verhindert werden? Der thüringische Innenminister Georg Maier sagt dazu: „Wir wollen morgen besprechen, wie wir gegen diese Gewaltspirale vorgehen. Klar ist, dass das eine Folge der verbalen Verrohung ist.“ Und Maier sagt über mögliche Gesetzesverschärfungen: „Ich bin da zurückhaltend. Aber ich schließe es nicht aus.“
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) erklärt angesichts der Sondersitzung: „Mein Ziel ist es, dass wir nicht nur ein starkes Signal gegen die jüngsten Entwicklungen setzen, sondern auch klare Antworten für die Zukunft geben. So darf es nicht weitergehen.“ Auch Saarlands Innenminister Reinhold Jost (SPD) sagt: „Es braucht eine gemeinsame Reaktion aller Demokraten und des Rechtsstaates, sich jeglicher Form von Extremismus entschieden entgegenzustellen.“
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CDU-Innenminister Herbert Reul blickt skeptisch auf geplantes Treffen
Die niedersächsische Innenministerin, Daniela Behrens (SPD), findet zudem: „Wir haben klare Gesetze, die deutlich jede Gewaltausübung unter Strafe stellt. In unserer Demokratie ist Gewalt kein Mittel der Auseinandersetzung und des politischen Diskurses. Wir werden also diejenigen, die Politikerinnen und Politiker sowie Wahlhelferinnen und Wahlhelfer angreifen, beleidigen und verletzen mit allen uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln für diese abscheulichen Taten zur Rechenschaft ziehen.“ Tamara Zieschang (CDU), Innenministerin in Sachsen-Anhalt sagt: „Unsere Demokratie lebt vom Austausch von Argumenten. Jede Form von Gewalt verbietet sich und wird konsequent geahndet. Unsere Demokratie lebt von Menschen, die sich haupt- oder ehrenamtlich engagieren. Diese Menschen verdienen den Rückhalt der Gesellschaft und den Schutz der Sicherheitsbehörden.“
Nur einer klingt skeptisch angesichts des Treffens. Es ist Herbert Reul (CDU), Innenminister in Nordrhein-Westfalen. Reul ist 71 Jahre alt, er gilt als einer der erfahrensten Landesinnenpolitiker. Reul sagt unserer Redaktion: „Verurteilen, diskutieren, Sitzungen veranstalten wird das Problem nicht lösen. Es geht um die Haltung in der Gesellschaft. Die Zunahme von Gewaltbereitschaft ist ein viel breiteres Thema. Die Verrohung hat sich festgesetzt. Das fängt bei der Sprache an und äußert sich auch in Taten.“ Reul setzt hinzu, nicht nur Politiker, sondern auch Rettungskräfte, Feuerwehrleute, Polizisten und Lehrer seien betroffen: „Deshalb darf man die aktuellen Fälle nicht isoliert betrachten. Kurzfristige Antworten helfen da nicht weiter. Das werde ich bei der anstehenden Sitzung auch deutlich machen.“
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