Düsseldorf. Freien Kita-Trägern und entnervten Eltern reicht es: Sie statten Familienministerin Paul in Düsseldorf Mitte Mai einen Besuch ab.
Die Kita-Misere in Nordrhein-Westfalen bringt Familienministerin Josefine Paul (Grüne) zunehmend öffentlich unter Druck. Wie ein Aktionsbündnis mehrerer Trägergesellschaften am Dienstag ankündigte, sollen Paul am 15. Mai vor dem Düsseldorfer Landtag mehr als 30.000 Unterschriften der Petition „Rettung der Kitas“ in NRW übergeben werden.
„Tausende Kita-Betreiber in NRW geraten zunehmend in Existenznot, weil sie ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen wollen. Denn das Land finanziert diese Steigerung bei den freien Trägern aktuell nicht“, so die Initiatoren.
Vielen der rund 8000 nicht-kommunalen Kita-Trägern droht akut die Insolvenz, weil sie nach dem jüngsten Tarifabschluss die deutlich gestiegenen Gehälter ihrer Beschäftigten nicht mehr bezahlen können. Um auf dem angespannten Bewerbermarkt mithalten zu können, seien viele bereits in Vorleistung gegangen. „Nun geht den ersten die Luft aus“, so das Aktionsbündnis.
NRW will die Kindpauschalen erst ab dem neuen Kita-Jahr erhöhen
Ministerin Paul hat zwar ab August zum neuen Kita-Jahr höhere Kopf-Pauschalen nach dem Kinderbildungsgesetz in Aussicht gestellt und eine Überbrückungshilfe von insgesamt 100 Millionen Euro gewährt. Das reicht nach Aussage der Kita-Betreiber jedoch hinten und vorne nicht. Man habe im letzten Jahr bereits die Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro pro Vollzeitkraft vorgestreckt und mit der Tarifsteigerung jegliche Rücklagen aufgebraucht. Vor allem kleinere Kitas seien am Limit. Pro Kita-Fachkraft verursachten die Tarifsteigerungen seit Januar 2023 Mehrkosten von rund 8000 Euro, für die das Land nicht aufkommen wolle.
Für viele Familien in NRW ist die Unterfinanzierung der frühkindlichen Bildung schon heute spürbar, wie Marcus Bracht, Geschäftsführer der „Educcare Bildungskindertagesstäten“ erläutert: „Träger, die nicht nach Tarif zahlen können, geraten auf dem Bewerbermarkt schnell ins Hintertreffen. Ohne Personal, keine Plätze; ohne Plätze, keine Kita; ohne Kita zu wenig Kita-Plätze und weniger Trägerauswahl für die Eltern.“
Konkurrenzkampf um ausgebildete Erzieher: Kleine Träger haben das Nachsehen
Der Konkurrenzkampf um ausgebildete Erzieher sorgt längst dafür, dass vielerorts Gruppen geschlossen, Betreuungszeiten kurzfristig eingeschränkt oder keine neuen Kinder aufgenommen werden. Das Ausbautempo an neuen Plätzen hat landesweit spürbar nachgelassen, obwohl Schätzungen zufolge 110.000 Kita-Plätze fehlen.
Der Rettungsschirm, den die Landesregierung in Aussicht gestellt hat, sei „Augenwischerei“, kritisierte Vera Hopp, Geschäftsführerin des VKJ Ruhrgebiet. Die Gelder kämen zu spät, die erlaubten Rücklagen seien längst aufgebraucht. Dem Aktionsbündnis zufolge hätten bundesweit fast alle Landesregierungen sichergestellt, dass der Tarifabschluss auch für freie Träger refinanziert wird, die NRW-Landesregierung hingegen lasse die Betroffenen im Unklaren.