Berlin. Ein Mitarbeiter von AfD-Politiker Krah steht jetzt unter Spionageverdacht. Die Kontakte der Partei nach Peking fielen schon öfter auf.
Maximilian Krah zeigt sich überrascht. „Von der Festnahme meines Mitarbeiters Jian Guo habe ich heute Vormittag aus der Presse erfahren“, teilte der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl am Dienstag mit. „Die Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwerwiegende Anschuldigung.“ Weitere Informationen lägen ihm nicht vor, erklärte der Europaabgeordnete. Kräfte des Landeskriminalamts Sachsen hatten Guo am Montag im Auftrag der Bundesanwaltschaft in Krahs Heimatstadt Dresden festgenommen.
„Jian G. ist Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes“, begründete der Generalbundesanwalt den Zugriff. „Im Januar 2024 gab der Beschuldigte wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber weiter.“ Zudem habe der Mann chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht.
Krah und sein Mitarbeiter fielen bereits wegen Nähe zu China auf
Dem langjährigen Mitarbeiter in Krahs EU-Büro wird Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: „Wer einen solchen Mitarbeiter beschäftigt, trägt dafür auch Verantwortung.“ Krah wandte sich in einer schriftlichen Stellungnahme von Guo ab: „Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen.“ Doch wie glaubwürdig ist die Überraschung des AfD-Politikers über seinen langjährigen Mitarbeiter?
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Sicherheitsexperten haben den gebürtigen Chinesen, der 2011 die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben soll, schon lange im Visier. Krah hat den Ruf, im EU-Parlament als Lobbyist für Chinas Interessen aufzutreten. Medien aus dem In- und Ausland berichteten in der Vergangenheit bereits über die auffällige Nähe Krahs und seines dubiosen Mitarbeiters zu China. Guo half demnach offenbar unter anderem, Reisen von AfD-Politikern in das asiatische Land zu organisieren. „Der Spionageverdacht gegen seinen Mitarbeiter ist bereits seit 2023 bekannt, Krah zog damals keine Konsequenzen“, kritisierte die Organisation Lobbycontrol am Dienstag.
Expertin: China hat ein besonderes Interesse an der AfD
Die China-Expertin Mareike Ohlberg vom German Marshall Fund beobachtet seit Jahren, wie die Regierung in Peking im Ausland agiert, Druck macht und sich einmischt. Die Nachricht über die Vorwürfe gegen Krahs Mitarbeiter haben sie nicht überrascht. „Das Muster ist bekannt: China knüpft gezielt Verbindungen zu Personen im politischen Betrieb in Deutschland und Europa, um an Informationen zu kommen und um bei uns Einfluss zu nehmen.“
Ihre Fühler strecken die chinesischen Geheimdienste in alle Richtungen aus. Die AfD ist nach Einschätzung Ohlbergs aber ein Sonderfall. „Die chinesische Regierung und die Kommunistische Partei haben ein besonderes Interesse an der AfD“, sagte die Expertin. „Die Partei hat eine gewisse Bedeutung erlangt und offensichtlich hat China das Gefühl, bei der AfD aufgrund inhaltlicher Nähe leichter als bei anderen Parteien einen Fuß in die Tür zu bekommen.“
Nicht nur China: Auch Russland-Vorwürfe setzen AfD unter Druck
Das Gefühl hat möglicherweise nicht nur China. Sondern auch Russland. Knapp sieben Wochen vor der Europawahl sieht sich nicht nur der AfD-Spitzenkandidat Krah mit weiteren ernsthaften Vorwürfen konfrontiert. Auch die Nummer 2 auf der Liste, Petr Bystron, steht unter Druck. Ihre Namen werden im Zusammenhang mit einer russischen Desinformationskampagne in Europa genannt. Bystron wird vorgeworfen, Geld aus russischen Quellen erhalten zu haben. Der bestreitet dies.
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Aus der AfD waren am Dienstag unterschiedliche Reaktionen auf die Berichte über die heikle China-Connection zu hören. Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann vermutete ein gezieltes Manöver im Zusammenhang mit der bevorstehenden Europawahl. „Da haben wir unsere einschlägigen Erfahrungen, wie der Verfassungsschutz vorgeht“, sagte Baumann. Ein Parteisprecher nannte die Meldungen über die Festnahme des Krah-Mitarbeiters wegen des Spionageverdachts hingegen „sehr beunruhigend“. Die AfD werde „alles unternehmen, um die Aufklärung zu unterstützen“.
Grünen-Politiker: „Die AfD ist längst ein relevantes Sicherheitsproblem für unser Land“
Bisher zieht die Partei keine Konsequenzen aus den Anschuldigungen gegen ihr Spitzenduo für die Europawahl. „Erst die Vorwürfe schmieriger Geldzahlungen aus dem Kreml, jetzt mutmaßliche Spionage für China: Die AfD versinkt im Chaos von Vorwürfen des Geheimnisverrats und krimineller Machenschaften“, sagte SPD-Fraktionsvizechef Dirk Wiese. Die Parteispitze decke „diese Machenschaften, anstatt endlich reinen Tisch zu machen“.
Mit weiteren Fällen dieser Art in der AfD rechnet der Vorsitzende des für die Kontrolle der Geheimdienste zuständigen Bundestagsgremiums, der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. Der AfD seien „die autokratischen Regime dieser Welt – ob Russland, China oder Nordkorea - weitaus näher als die Demokratien in Deutschland und Europa“, sagte von Notz. „Die AfD ist längst ein relevantes Sicherheitsproblem für unser Land.“
Zuletzt mehrere Festnahmen wegen mutmaßlicher Spionage
Zuletzt häuften sich die bekanntgewordenen Fälle ausländischer Spionage in Deutschland. Zu Wochenbeginn waren drei Deutsche festgenommen worden, die für China Informationen zu militärisch nutzbaren Technologien beschafft haben sollen. In der vergangenen Woche wurden zwei Männer gefasst, die in Verbindung mit einem russischen Geheimdienst gestanden und für mögliche Sabotageaktionen mögliche Anschlagsziele in Deutschland ausgekundschaftet haben sollen.
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