Essen. Mit seinem Interview zur Ukraine bootet sich Papst Franziskus selbst als möglicher Vermittler aus. Zum Schaden der katholischen Kirche.
Die katholische Kirche kämpft seit Jahren um ihre Existenz: Zum einen ist es ein Ringen mit sich selbst und mit den überfälligen Reformen, die von beharrlichen Widerständen aus der Weltkirche gegen allzu tiefgreifende Veränderungen gebremst werden. Zum anderen ist es aber auch ein Ringen gegen die immer geringer werdende gesellschaftliche Relevanz. Diese – bei aller selbstverordneten Neutralität – durch politische Äußerungen zu aktuellen Problemen zurückzugewinnen, mag gut gemeint sein. Im Falle des Interviews mit Papst Franziskus zum Ukraine-Krieg ist das aber gründlich danebengegangen.
Verhandlungen nur auf Augenhöhe
Dass der Pontifex zu Verhandlungen aufgerufen hat, um nach Wegen für ein Ende des schon zwei Jahre währenden Tötens zu suchen, entspricht seiner christlichen Grundhaltung und ist aller Ehren wert. Mit der Aufforderung an die Ukraine, im Zweifel die weiße Fahne zu schwenken, biegt er allerdings einfach komplett falsch ab. Es darf nicht das Recht des Stärkeren gelten. Wenn es Verhandlungen geben kann, dann nur auf Augenhöhe.
Diplomatische Laienspielschar
Man fragt sich: Hat dieser Papst im Vatikan keine Berater, die ahnen müssten, welche Wellen solche Äußerungen schlagen werden? Oder ist in Rom tatsächlich nur eine Riege von Leuten in der Verantwortung, die zwar in Glaubensfragen jeden Halbsatz einer strengen Prüfung unterziehen, auf diplomatischer Ebene aber allenfalls das Niveau einer Laienspielschar erreichen? Franziskus hatte die katholische Kirche zuletzt nicht nur als Vermittler im Ukrainekrieg ins Gespräch gebracht. Auch im Gazakonflikt versucht sich der Vatikan als Friedensstifter zu etablieren. Konstruktive Beiträge zur Schlichtung beider Konfliktherde wären wichtige Belege für gesellschaftliche Relevanz der katholischen Kirche gewesen. Diese Ambitionen hat der Papst nun jedoch wie ein Elefant im Porzellanladen zerschmettert.