Berlin. Daniela Klette gehörte der RAF an und war mutmaßlich an mehreren Terrorakten beteiligt. Mit ihrer Verhaftung hat das wenig zu tun.
Es gibt ein triviales Missverständnis, dass dieser Tage die Runde macht. Daniela Klette wurde nicht verhaftet, weil sie Mitglied der dritten Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) war. Oder weil sie in terroristische Akte der in den 1990er Jahren aufgelösten Vereinigung involviert gewesen sein soll. Klette wurde verhaftet, weil sie unter anderem 2015 gemeinsam mit den noch flüchtigen Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub einen schweren Raubüberfall begangen haben soll. Seitdem läuft die Fahndung nach dem Trio. Einer der Vorwürfe: versuchter Mord. Und der verjährt nach deutschem Strafrecht nicht.
Genau diese Umstände blenden einige Kommentatoren aus, die aktuell die Frage in den Raum werfen, was diese „Jagd auf die RAF-Rentner“ überhaupt solle. Hätten deutsche Ermittler nichts Besseres zu tun? In einem Zeitungskommentar ist zu lesen, dass das Trio „schon lange für niemanden mehr eine Bedrohung“ darstelle. Die Straftaten hätten lediglich dem „Lebensunterhalt im Untergrund“ gedient, da der Staat ihnen ein „bürgerliches Leben“ verwehrt habe. Es wird ein Bild gezeichnet von Sicherheitsbehörden, die wahnhaft seit 30 Jahren den letzten RAF-Terroristen hinterherjagen, die eigentlich nur in Frieden leben wollen.
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Doch genau das ist eben nicht der Fall. Die Staatsanwaltschaft Verden (Niedersachsen) ist erst seit 2015 federführend mit dem Ermittlungskomplex Klette, Garweg, Staub betraut. Dabei geht es nicht um den Sprengstoffanschlag auf die JVA Weiterstadt, an dem das Trio womöglich 1993 beteiligt war oder die bis heute nicht aufgeklärten Morde am Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und dem Präsidenten der Treuhandanstalt, Detlev Karsten Rohwedder.
Staatsawaltschaft Verden ermittelt seit 2015 gegen das RAF-Trio
Die Aufgabe der Ermittler ist es, eine sich über fast zwei Jahrzehnte erstreckende Raubüberfallserie aufzuklären, die ihren brutalen Höhepunkt fand, als 2015 auf einem Supermarktparkplatz in Groß Mackenstedt (Niedersachsen) auf einen Geldtransporter geschossen wurde. Es geht darum, Kriminelle zu finden, die bewaffnet mit Panzerfaust und Kalaschnikow in mehreren Bundesländern Überfälle verübt haben. Täter, bei denen Experten davon ausgehen, dass sie erneut zuschlagen werden, wenn ihnen das bis dato erbeutete Geld ausgeht.
So sehen das auch die Behörden in Niedersachsen. Für die Staatsanwaltschaft Verden spielt die RAF-Vergangenheit der Verdächtigen nur indirekt eine Rolle, wenn es um die Einordnung des Tathergangs geht – unter anderem, weil bei den Überfällen Kriegswaffen eingesetzt wurden. Videoaufnahmen zeigen, wie auf den Geldtransporter mit einer Schnellfeuerwaffe geschossen wurde. Sollte die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, wovon auszugehen ist, wird es ausschließlich um jene Straftaten gehen, die mit der Überfallserie im Zusammenhang stehen.
Milde für das Trio? Unwissenheit oder verklärte RAF-Romantik
Bestenfalls sind diese rechtlich banalen Umstände den Kommentatoren nicht bewusst, die sich für eine gewisse Milde gegenüber dem Trio aussprechen. Schlimmstenfalls entspringt dieser Wunsch einer verklärten Romantisierung des RAF-Terrors, der auch in den sozialen Netzwerken noch zu finden ist. „Genossin Klette“ wird die frühere Terroristin da gerne mal wertschätzend genannt.
Nichtsdestotrotz bleibt zu hoffen, dass nun nicht nur die Raubserie aufgeklärt wird, die auf das Konto von Klette, Garweg und Staub gehen soll, sondern dass auch jene RAF-Taten aufgeklärt werden, an denen das Trio womöglich beteiligt war. Das liegt jedoch nicht in der Verantwortung der Ermittler in Niedersachsen. Das liegt in der Verantwortung des Generalbundesanwalts.
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