Essen. Das von Russland abgehörte und veröffentlichte Gespräch zeigt: Der Kanzler hat bei seinem Nein zur Taurus-Lieferung gelogen.
Russische Propagandakanäle veröffentlichen ein abgehörtes Gespräch zwischen vier hochrangigen Offizieren der Bundeswehr, darunter Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz. Die Männer diskutieren darüber, wie der Marschflugkörper Taurus eingesetzt werden könnte, falls er den ukrainischen Streitkräften geliefert würde.
Dass das Gespräch öffentlich geworden ist, ist hochnotpeinlich, insbesondere für Kanzler Olaf Scholz. Zwar diskutieren die vier Offiziere nicht über Hochgeheimes. Dass sie aber über nicht abhörsichere Leitungen kommunizieren, ist mehr als befremdlich. Es stellt sich die Frage: Was haben die Russen in der Vergangenheit abhören und aufzeichnen können, aber nicht veröffentlicht?
Zum anderem wird klar, dass ein Hauptargument des Kanzlers gegen die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper schlicht eine Lüge ist. Weder für die Zielplanung noch für die Koppelung der Geschosse an die ukrainischen Kampfjets müssen Bundeswehr-Soldaten in die Ukraine entsandt werden. Das machen die vier Offiziere in dem Gespräch klar. Selbst eine Beteiligung an der Zielplanung aus Deutschland heraus könne durch ein intensiveres Training der Ukrainer vermieden werden.
Heißt: Deutschland würde durch die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper nicht mehr und nicht weniger zur Kriegspartei als durch die Lieferung von IRIS-T-Luftabwehrsystemen, Leopard-Panzern oder Schützenpanzern des Typs Marder.
Die Veröffentlichung des abgehörten Gesprächs zielt nach innen. Der Kreml will dem russischen Volk beweisen, dass Russland Krieg nicht allein gegen die Ukraine, sondern gegen die westlichen Unterstützer Kiews führt, und damit vom eigenen militärischen Versagen und den enorm hohen Verlusten ablenken.
Dass die Bundeswehr und der Kanzler jetzt mit heruntergelassenen Hosen dastehen und sich vor den Verbündeten in einer bislang nicht gekannten Art und Weise blamiert haben, ist ein willkommener Nebeneffekt.