Düsseldorf. Vier Monate nach einer „Kalifat-Demo“ in Essen hat die NRW-Polizei erste Konsequenzen gezogen. Der Innenminister äußert sich.
Knapp vier Monate nach dem bundesweit beachteten Islamisten-Aufmarsch in Essen sucht die nordrhein-westfälische Polizei inzwischen verstärkt nach Wegen, Deutsch als Versammlungssprache durchzusetzen.
„Die Polizeibehörden prüfen bei der Anmeldung von Versammlungen immer, welche beschränkenden Verfügungen im Kontext dieser Versammlung möglich sind. Das Verwaltungsgericht hat uns zumindest für Plakate, Schilder, Flugblätter und Fahnen Werkzeuge an die Hand gegeben, die wir nutzen können“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU) unserer Redaktion. Es gehe dabei gleichwohl stets um die Prüfung des Einzelfalls.
Versammlungssprache Deutsch: Verwaltungsgericht Köln hat Rahmen abgesteckt
Der Minister bezog sich auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln aus dem vergangenen November, das die Verwendung der deutschen Sprache auf Plakaten, Schildern, Fahnen und Flugblättern als Polizei-Auflage bestätigt hatte, nicht jedoch für Ansprachen während der Versammlung. Ein Sprecher des Innenministeriums verwies auf eine richtungweisende Handreichung für alle Polizeibehörden mit möglichen Versammlungsauflagen, „die nach Bewertung des Einzelfalls gerechtfertigt sein können“.
Im vergangenen Herbst musste die Polizei in Essen mit einem Großaufgebot einen Marsch von rund 3000 Menschen gewähren lassen, bei dem die Gründung eines islamischen Gottesstaates gefordert wurde und Symbole zu sehen waren, die den Erkennungszeichen der Terrororganisation IS ähnelten. Einige Plakate waren in arabischer Sprache verfasst. Die Polizei sah damals keine Handhabe, die Versammlung aufzulösen.
NRW-Innenminister Reul will keine „Kalifats-Fantastereien“ dulden
Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut. Ein Einschreiten ist erst zulässig, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Menschenwürde verletzt oder die Grenze der Strafbarkeit überschritten wird. Reul hatte seinerzeit Unverständnis geäußert, dass selbst ein Islamisten-Aufmarsch im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt diesen besonderen Schutz genießt: „Wenn das Versammlungsrecht auf nordrhein-westfälischen Straßen für Kalifats-Fantastereien missbraucht wird, ist für mich eine Grenze erreicht“, fluchte der Minister damals im Landtag.
Nach eingehender Prüfung muss das Versammlungsgesetz jedoch nicht nachgeschärft werden. Stattdessen solle die vermehrte Deutsch-Auflage „den Einsatzkräften ermöglichen, mündliche Meinungsäußerungen und Aufschriften korrekt festzustellen, im Bedeutungsinhalt zu analysieren und juristisch zutreffend unter Strafnormen und Bestimmungen des Versammlungsgesetzes NRW zu subsumieren“, so der Ministeriumssprecher.
In NRW war es im Zusammenhang mit dem Hamas-Terror in Israel am 7. Oktober 2023 zu zahlreichen islamistischen Kundgebungen gekommen, die zuletzt wieder etwas abgeflaut sind. Doch gerade mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft im Juni mit den Spielorten Dortmund, Gelsenkirchen, Düsseldorf und Köln sehen die Sicherheitsbehörden weiterhin eine abstrakte Anschlagsgefahr und rechnen jederzeit mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen.