Essen. Zwei Jahre nach dem russischen Überfall hat sich vielerorts Kriegsmüdigkeit breit gemacht. Davon profitiert der Kriegsverbrecher Putin.
Vor zwei Jahren spielen sich an den westlichen Außengrenzen der Ukraine dramatische Szenen ab. Hunderttausende Menschen versuchen verzweifelt, aus dem Land herauszukommen, und sich in Sicherheit zu bringen. Das Undenkbare ist geschehen: Russland hat das Nachbarland überfallen. Moskaus Panzer rollen aus Belarus Richtung Kiew. Auch im Osten und Süden rücken russische Truppen vor. Raketen und Bomben explodieren in den Städten. Es herrscht Krieg mitten in Europa.
Es ist ein Schock für die Menschen in der Ukraine. Entsetzen herrscht auch im Ausland. Angst vor einer nuklearen Eskalation des Konflikts macht sich breit. Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von einer Zeitenwende. Der russische Überfall zeigt, wie naiv die deutsche Beschwichtigungspolitik gegenüber Moskau in den Jahren zuvor gewesen ist, und wie gefährlich die Abhängigkeit von russischer Energie.
Aufnahme von Flüchtlingen war eine Kraftanstrengung
Die fliehenden Ukrainerinnen und Ukrainer werden in Westeuropa freundlich aufgenommen, allein in Deutschland finden über eine Million Obdach. Es ist eine gesellschaftliche Kraftanstrengung. Sie gelingt, so wie es auch gelingt, den plötzlichen Mangel an günstiger Energie zu kompensieren. Es wird nicht dunkel und kalt in Deutschland.
Kaum ein Beobachter rechnet im Februar 2022 mit einem langen Krieg. Zu groß ist die russische Übermacht. Doch die Ukraine hält stand, auch, weil bald nach der Invasion westliche Militärhilfe ins Land fließt. Die russischen Truppen müssen sich aus der Umgebung Kiews zurückziehen, im Herbst befreien die ukrainischen Streitkräfte große Gebiete im Nordosten, danach die Regionalhauptstadt Cherson. Hoffnung auf einen Sieg keimt auf.
In der Ukraine hat sich Frustration breit gemacht
Zwei Jahre nach dem Beginn des Überfalls hat sich in der Ukraine Frustration breit gemacht. Der Krieg geht jetzt ins dritte Jahr. Viele Städte und Dörfer existieren nicht mehr. Zehntausende Soldaten sind tot. An den Fronten herrscht Munitionsmangel. Niemand weiß, ob die USA als wichtigster Unterstützer der Ukraine dauerhaft ausfallen. Putins Truppen sind wieder in der Offensive. Für Verhandlungen scheint es derzeit keinen Spielraum zu geben.
Die Menschen, die vor zwei Jahren nach Deutschland geflohen sind, richten sich darauf ein, länger bleiben zu müssen. Kriegsmüdigkeit breitet sich aus. Davon profitiert der Kriegsverbrecher Putin. Der Diktator muss keine Rücksicht auf die Befindlichkeiten seines Volkes nehmen. Immerhin hat es die deutsche Regierung jetzt verstanden, dass ein Sieg des russischen Despoten dramatische Folgen nicht nur für die Ukraine, sondern für Europa und die Welt hätte und hat eine Führungsrolle bei der Unterstützung des überfallenen Landes übernommen.
Der Ukraine auch weiterhin zur Seite zu stehen, um einen russischen Sieg zu verhindern, ist die nächste große Kraftanstrengung. Putin hat einen langen Atem.