Essen. Wer sich Arbeitsangeboten komplett verweigert, soll künftig keine Unterstützung mehr bekommen. Das soll zu mehr Gerechtigkeit führen
Wer sich Arbeitsangeboten komplett verweigert, soll kein Bürgergeld mehr erhalten. Was sich nach hartem Durchgreifen des Arbeitsministers Hubertus Heil (SPD) anhört, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Damit korrigiert Heil einen schweren Fehler bei der Bürgergeld-Reform, den er selbst zu verantworten hat.
Denn unter anderem auf Druck des linken Parteiflügels waren die Sanktionsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt worden – was auch mit Blick auf die so genannten Totalverweigerer galt. Dies aber verletzte aus gutem Grund das Gerechtigkeitsempfinden vieler (arbeitender) Menschen. Damit verstärkte sich auch der Druck aus der Kernwählerschaft der SPD, zumal hier eine Grundüberzeugung der Sozialdemokratie verletzt wurde: Ja zur Solidarität mit denjenigen, die unverschuldet in Not gekommen sind, aber zugleich Gerechtigkeit für diejenigen, die sich solidarisch zeigen – und letztlich durch ihre Arbeit das Bürgergeld finanzieren.
Übers Ziel hinausgeschossen
Im Bestreben, die verhasste Agenda 2010 für immer zu löschen, waren Heil und seine Partei übers Ziel hinausgeschossen. Dass aus Hartz 4 das viel angenehmer klingende Bürgergeld wurde, war auch eine parteipolitische Marketingmaßnahme, die zudem niemandem weh tat. Dass aber das „Fördern und Fordern“ derart geschliffen wurde, war ein Schritt zu viel.
Früh hatten Städte und Kommunen, unter anderem Essens Sozialdezernent Peter Renzel, Alarm geschlagen, dass die Bürgergeld-Reform zu wenig Anreize für Arbeitslose setze, einen Job anzunehmen. Die jetzige Korrektur kommt spät, aber sie kommt immerhin. Und sie ist ein weiterer Beleg dafür, dass die SPD und die gesamte Ampelkoalition um ihr Überleben kämpfen.