Essen. Das kurzfristige Aus für die E-Auto-Förderung und zusätzliche Sparmaßnahmen bringen die Ampelkoalition noch stärker unter Druck

Natürlich ist es immer leichter, Kritik an denjenigen zu üben, die Verantwortung tragen. Hier läuft mal etwas schief, da wird mal etwas vergessen, hier stimmt die Kommunikation nicht, da trifft jemand eine falsche Entscheidung. Etwas platter formuliert: Wer nichts tut und nichts verantwortet, macht auch keine Fehler.

Nehmen wir die Berliner Ampelkoalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz. Alle dreschen auf sie ein, alle schütteln den Kopf, manche verzweifeln an der Regierungspolitik. Wenn man, zum Beispiel als politischer Kommentator, versuchen sollte, das Verhalten und die Entscheidungen der Regierungskoalition zu erklären, nachzuvollziehen, vielleicht sogar zu verteidigen, müsste man lange nachdenken.

Kriegszeiten und Zeiten des wirtschaftlichen Umbruchs

Ja, die Rahmenbedingungen in Kriegszeiten und in Zeiten des technischen und wirtschaftlichen Umbruchs sind schwierig. Ja, die 16 Merkel-Jahre waren im Rückblick auch Jahre der Stagnation. Ja, deshalb gibt es einiges aufzuholen. Ja, ein Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP muss sich erstmal finden. Doch dann kommt schnell der Punkt, an dem man nach mittlerweile zwei Jahren feststellen muss, dass diese Regierung unterm Strich schlicht schlechte Arbeit leistet.

Dass sie, insbesondere der Kanzler, schlecht kommuniziert. Dass sie immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner findet. Dass sie mit Blick auf die jeweils eigene Wählerschaft eine Klientelpolitik betreibt, die in der Gesamtheit dieses Land nicht voranbringt. Dass man beim Haushalt bis hin zur Verantwortungslosigkeit um 60 Milliarden Euro gezockt und diese höchstrichterlich verspielt hat.

Wir sehen eine Regierung, die in der Verantwortung von Wirtschaftsminister Robert Habeck ein halbes Jahr dilettantisch an einem Heizungsgesetz gearbeitet und dabei Millionen Menschen verunsichert hat. Wir sehen eine Regierung, die mit der neuen Kindergrundsicherung ein weiteres Bürokratiemonster erschafft, für das 5000 zusätzliche Stellen in der Verwaltung benötigt werden. Wir sehen einen liberalen Finanzminister Christian Lindner, der Milliarden über Milliarden in so genannte Sondervermögen packt, um die grundgesetzlich festgeschriebene Schuldenbremse auszuhebeln – zugleich aber deren Beibehaltung öffentlichkeitswirksam und kämpferisch verteidigt.

Vertrauensverlust verunsichert die Menschen

Diese Liste ließe sich recht problemlos fortführen. Nun mag man, je nach eigener Parteienpräferenz, die Kritik als überzogen oder noch untertrieben bewerten. Am Ende steht aber ein Vertrauensverlust, der die Menschen in diesem Land verunsichert, verängstigt, zum Teil wütend macht. Wenn ein Wirtschaftsministerium quasi über Nacht das Aus für die E-Auto-Förderung bekanntgibt, weil der Topf leer ist, dann wird Vertrauen zerstört. Dieses Vorgehen passt zum bisherigen Regierungshandeln – das macht es aber noch schlimmer.

Politik muss verlässlich sein. Vertrauen und Verlässlichkeit sind ein Fundament dieser parlamentarischen Demokratie, die in den vergangenen Jahrzehnten schon viele Krisen überstanden hat. Das funktioniert jedoch nur, wenn diejenigen, die dieses Land aus Überzeugung tragen und stützen, nicht permanent enttäuscht werden. Wenn sie nicht immer wieder befürchten müssen, bei der nächsten politischen Entscheidung über den Tisch gezogen zu werden. Ob beim E-Auto-Kauf, bei der Entscheidung über die nächste Heizung oder als Landwirt, der ebenso Planungssicherheit braucht wie jeder andere Unternehmer in diesem Land.

Es ist das Weit-weg von-den-Menschen-sein, diese gefühlte Arroganz der Macht, die die Bundesregierung umweht. Dieser Eindruck wird durch die kühlen, zumeist seltsam teilnahmslos wirkenden Auftritte des Bundeskanzlers noch verstärkt.

Man will es gar nicht zum x-ten Mal wiederholen, aber diese Bundesregierung muss jetzt endlich die Kurve kriegen, sonst könnte aus der Regierungskrise eine Demokratiekrise werden, die immer mehr Menschen in die Hände radikaler Parteien treibt. Beispiele gibt es in Europa schon genug. Das kann in Deutschland niemand wollen – außer den Radikalen.