Berlin. Er plante den Umsturz, nun sitzt der Reichsbürger seit einem Jahr in Haft – und schweigt. Seine Mitstreiter sorgen indes für Furore.
Vor genau einem Jahr nahmen Spezialeinsatzkräfte von GSG9 und SEK den Adligen Heinrich XIII. Prinz Reuß und weitere Mitglieder der sogenannten „Patriotischen Union“ fest – einer Gruppierung von mutmaßlichen Reichsbürgern, der auch die ehemalige AfD-Abgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann sowie zwei ehemalige Bundeswehr-Offiziere angehörten. Gemeinsam sollen sie einen gewaltsamen Umsturz geplant haben.
Razzien gab es in elf Bundesländern bei insgesamt 52 Verdächtigen, 25 wurden festgenommen. Später folgten weitere. Auch ein Jahr nach der Festnahme sitzt ein Großteil der mutmaßlichen Reichsbürger weiterhin in U-Haft, wie der Generalbundesanwalt auf Anfrage dieser Redaktion mitteilte. Dabei stehe eine Anklage von 27 Beschuldigten unmittelbar bevor, berichten WDR, NDR und SZ. Ihnen werde unter anderem die Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.
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Über die Haftbedingungen von Prinz Reuß ist wenig bekannt. Auch die Frage, wo genau er einsitzt, ließ die Bundesanwaltschaft auf Anfrage unbeantwortet. Sein Frankfurter Anwalt war nicht für ein Statement erreichbar. Reuß selbst hat sich seit seiner Festnahme nicht öffentlich geäußert. Seine Familie, in der alle männlichen Mitglieder den Namen Heinrich tragen, distanzierte sich von ihm.
Reichsbürger: Astrologin half bei der Rekrutierung
Derweil geben Berichte Einblicke in die krude Welt der Reichsbürgerszene. Ein Kabinett hatte der Prinz bereits bestimmt, ein Militär bestand auf dem Papier und er hoffte auf esoterische Verbündete aus den USA und Russland. Laut Recherchen von WDR, NDR und SZ rekrutierte der 72-Jährige, Spross einer alten Adelsfamilie aus Thüringen, seine Gefolgschaft nach übersinnlichen Kriterien. So soll Malsack-Wenkemann unter anderem mithilfe einer Astrologin in den Kreis der Verschwörer aufgenommen worden sein.
Das Mitglied Marco van H. soll die Gesinnungsprüfung vor dem „Rat“ mit dem Argument bestanden, Kinder aus unterirdischen Erdtunneln befreit zu haben. Dabei habe er im Auftrag der „Allianz“ gehandelt – einer weltweiten Geheimarmee, die nach Ansichten einiger Ratsmitglieder eine Machtübernahme plant. Während Reuß im Gefängnis schweigt, machte der ehemalige Bundeswehroffizier Maximilian Eder auch in Haft von sich hören. Er versuchte sich im Juli 2023 durch einen Hunger- und Durststreik das Leben zu nehmen, stellte diesen Versuch aber nach 35 Tagen wieder ein, weil ihm die Zwangsernährung drohte.
Ehemaliger Bundeswehr-Offizier sitzt in Landshut ein
Eder, der administrativ an der Gründung des KSK der Bundeswehr beteiligt war, sitzt zurzeit in der JVA Landshut ein. Im Oktober hatte eine Frau aus Rosenheim versucht, den pensionierten Oberst aus dem Gefängnis zu holen. Sie fuhr damals vor dem Gebäude auf, forderte lautstark die Freilassung des mutmaßlichen Reichsbürgers und defäkierte vor den Eingang der Justizvollzugsanstalt. Der Grund: JVA-Mitarbeiter hatten ihr zu verstehen gegeben, dass Eder weiter in Haft bleibe. Neben Reuß nennt die Bundesanwaltschaft Rüdiger von Pescatore als zweiten Hauptverdächtigen und mutmaßlichen Rädelsführer der „Patriotischen Union“.
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Pescatore war 1993 bis 1996 Kommandeur des Fallschirmjägerbataillons 251, das nach Ende von Pescatores Kommando zum heutigen Kommando Spezialkräfte (KSK) wurde. Pescatore stand bereits in den 1990er Jahren in Verdacht, ehemalige NVA-Waffen auf dem Gelände der Calwer Kaserne vergraben zu haben. Im November durchsuchte die Polizei das Militärgelände, fand jedoch nichts. Der ehemalige Oberstleutnant wurde 1999 wegen illegalen Waffenhandels verurteilt und aus der Bundeswehr entlassen. In welchem Gefängnis er heute sitzt, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt.
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