Berlin. Die Union macht harte Vorschläge für den Kampf gegen Antisemiten und Israelfeinde – und nimmt besonders Doppelstaatler ins Visier.

Seit dem Terrorangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel vor einem Monat überträgt sich der Konflikt auch auf deutsche Straßen. Antiisraelische und judenfeindliche Kundgebungen in Großstädten wie Berlin oder Essen haben eine Diskussion über Antisemitismus in Deutschland ausgelöst. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD) kündigten an, solche Szenen nicht dulden zu wollen. Der Union geht das Handeln der Regierung jedoch nicht weit genug, sie fordert ein schärferes Vorgehen gegen antisemitische Demonstrationen – bis hin zum Entzug des deutschen Passes, wenn Doppelstaatler wegen antisemitischer Taten verurteilt werden.

„Die Zeit für Sonntagsreden ist vorbei. Die Regierung muss endlich handeln“, sagte der Rechtspolitik-Experte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Günter Krings, dieser Redaktion. „Der Kipppunkt unserer Demokratie scheint erreicht, wenn im dritten Quartal 2023 bislang 540 antisemitisch motivierte Straftaten polizeilich erfasst wurden und damit deutlich mehr als in früheren Quartalen und Demonstrationsteilnehmer hier in Deutschland die Errichtung eines Kalifats fordern.“

CDU-Politiker Krings: Regierung muss Gesetzeslücken schließen

Auf einer als propalästinensisch angemeldeten Demonstration in Essen waren bei einer Kundgebung am Freitag Transparente unter anderem mit der Forderung nach der Errichtung eines islamistischen Kalifats gezeigt worden. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen den Hauptredner der Kundgebung ein.

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„Unerträglich“ findet es Krings, wenn Hamas-Terrorismus und Antisemitismus auf deutschen Straßen und Schulhöfen bejubelt und propagiert werde. Es sei nicht hinnehmbar, wenn Demonstranten das Existenzrecht Israels öffentlich leugnen und zur Zerstörung des Staates Israel aufrufen und es auf den propalästinensischen Demonstrationen zu gewalttätigen Ausschreitungen komme. „Ich verlange daher, dass die Regierung in diesem Zusammenhang alle Schutzlücken schließt.“

Union will Antisemitismus und Terrorunterstützung schärfer bestrafen

Ihre Forderungen haben die Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU in einem Antrag mit dem Titel „Solidarität und Unterstützung für Israel – Antisemitismus bekämpfen – Gemeinsam die Zukunft gestalten“ zusammengetragen. Über den Antrag soll am Donnerstag im Bundestag abgestimmt werden. Die Union bietet der Ampel-Koalition einen gemeinsamen Beschluss an, am Dienstag gab es darauf jedoch noch keine Einigung. Drei Tage nach dem Hamas-Angriff auf Israel hatten die Ampel-Fraktionen und die Unionsfraktion in einem gemeinsamen Antrag die Gräueltaten der Terroristen verurteilt.

Die Union legt nun den Fokus auf innenpolitisches Handeln: „Mit unserem Antrag diese Woche fordern wir insbesondere die verstärkte strafrechtliche Ahndung antisemitischer Äußerungen und der Terrorunterstützung“, sagte Krings. „Wer gegen Israel hetzt, muss mit mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe bestraft werden.“ Dazu müsse Antisemitismus als besonders schwerer Fall der Volksverhetzung im Strafgesetzbuch eingestuft werden. „Darüber hinaus muss die Sympathiewerbung für Terror-Organisationen wieder unter Strafe gestellt werden. Der Straftatbestand des Landfriedensbruchs muss so ausgestaltet werden, dass auch die Beteiligung an einer feindseligen Menschenmenge wieder unter Strafe gestellt wird.“

Drohung mit Verlust des deutschen Passes

Die propalästinensischen Demonstrationen warfen ein Schlaglicht auf Judenfeindlichkeit unter Migranten aus Nordafrika und dem Nahen und Mittleren Osten. Die Union will dort nun ansetzen und fordert von der Bundesregierung „gezielte“ Anpassungen des Ausländerrechts, damit „eine antisemitische Straftat in der Regel zur Ausweisung und eine entsprechende Verurteilung auch zum Verlust eines etwaigen humanitären Schutzes in Deutschland führt“. In dem unserer Redaktion vorliegenden Antrag sprechen sich CDU und CSU zudem dafür aus, dass Personen mit einer deutschen und einer weiteren Staatsangehörigkeit den deutschen Pass verlieren sollen, wenn „im Zusammenhang mit einer strafrechtlichen Verurteilung antisemitische Einstellungen festgestellt wurden“.

Bereits vor dem Hamas-Angriff auf Israel hatte das Ampel-Kabinett eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts auf den Weg gebracht. „Es gibt einen klaren Ausschluss von Antisemiten“, sagte Bundesinnenministerin Faeser kürzlich dieser Redaktion. „Wer mit antisemitischen Handlungen auffällt, kann keinesfalls den deutschen Pass bekommen.“ Der Union reicht das nicht, CDU und CSU fordern die Ampel-Koalition zum Stopp ihrer Reform auf. „Die deutsche Staatsbürgerschaft darf nur erlangen, wer sich zum Existenzrechts Israels bekennt und erklärt, dass er keine gegen den Staat Israel gerichteten Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat“, heißt es in dem Unionsantrag.

Tausende bei pro-palästinensischer Demo in Berlin

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    CDU und CSU fordern zudem, staatliche Zahlungen in die palästinensischen Gebiete, aber auch an Organisationen im Inland zu überprüfen: „Wer Israel vernichten will, sein Existenzrecht abspricht oder den Holocaust verharmlost, darf zukünftig keinen Cent deutschen Steuergeldes erhalten.“ In Integrationskursen müsse verdeutlicht werden, dass Antisemitismus „in jeglicher Form mit unserem demokratischen Grundverständnis unvereinbar ist“. Die Union schlägt zudem vor, dass alle Schülerinnen und Schüler in Deutschland verpflichtend mindestens einmal im Laufe ihrer Schulzeit ein ehemaliges Konzentrationslager der NS-Diktatur besuchen. Der deutsch-israelische Austausch von Schülern, Auszubildenden und Studierenden solle ausgebaut werden.