Berlin. Der Raketeneinschlag bei der UN-Truppe im Libanon brachte auch Bundeswehrsoldaten in Gefahr. Aus Berlin kommen nun eindeutige Signale.
Um 16.10 Uhr Ortszeit melden die deutschen Soldaten im Libanon am Sonntag, dass mehrere Raketen Richtung Israel abgeschossen worden sind. Israel aktiviert sofort sein Raketenabwehrsystem Iron Dome, um die Geschosse abzufangen. Eine Rakete schlägt im Hauptquartier der UN-Blauhelmmission UNIFIL im Südlibanon ein. Dort sind rund 40 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. UNIFIL spricht in einem Statement von „intensiven Feuergefechten“ an der israelisch-libanesischen Grenze.
Nirgendwo ist die Bundeswehr derzeit so nah am Krieg im Nahen Osten wie im Libanon. Seit dem Terrorangriff der Hamas aus dem Gazastreifen auf Israel haben auch die Kämpfe im Norden zugenommen. Die im Libanon ansässige pro-iranische Hisbollah-Miliz hat in den vergangenen Tagen mehrfach Raketen auf Israel abgeschossen. Die israelische Armee feuerte zurück. Die Gefechte ließen die Sorge vor einer Eskalation und einem Mehrfrontenkrieg wachsen.
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„Unser besonderes Augenmerk liegt auf der Situation an der südlichen Grenze des Libanons“, sagte die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger dieser Redaktion. Nach dem gegenseitigen Beschuss sei die Lage dort sehr fragil und risikoreich. „So haben aufgrund der akuten Gefährdungslage die UNIFIL-Kräfte und die Bundeswehrsoldaten vor Ort ihre Alarmbereitschaft erhöht und passen ihre Aktivitäten entsprechend an.“
Journalist an israelisch-libanesischer Grenze getötet
Das UNIFIL-Lager in der südlibanesischen Stadt Naqoura liegt unweit der Grenze und somit in der Gefahrenzone. Ein Videojournalist der Nachrichtenagentur Reuters war am Freitag an der libanesisch-israelischen Grenze durch Beschuss getötet worden. Sechs weitere Journalisten wurden dabei zum Teil schwer verwundet.
Geraten die Bundeswehrangehörigen jetzt zwischen die Fronten? „Wir haben schon häufiger Raketenüberflüge sowohl aus der einen als auch aus der anderen Richtung festgestellt“, berichtet ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Nach dem Beschuss am Sonntag kam die Entwarnung am Abend: Alle deutschen Soldaten seien wohlauf, hieß es in einem kurzen Informationsschreiben des Einsatzführungskommandos an Außen- und Verteidigungspolitiker im Bundestag, das dieser Redaktion vorliegt. Es lägen keine Hinweise vor, dass der Treffer auf das UN-Camp beabsichtigt gewesen sei. Auch UNIFIL bestätigte: Verletzte gab es nicht. Es werde noch untersucht, von wo die Rakete abgeschossen worden sei.
„Das deutsche Einsatzkontingent war geschützt und ist wohlauf“, zeigt sich die Wehrbeauftragte Eva Högl erleichtert. Der Vorfall zeige aber, wie fragil die Situation im Nahen Osten sei. „Die Sicherheitslage muss täglich neu bewertet und analysiert werden, welche Folgen dies für den Blauhelmeinsatz hat“, sagte die SPD-Politikerin dieser Redaktion. Mögliche Reaktionen und Konsequenzen müssten mit den Partnern international abgestimmt und entschieden werden. „Der Schutz und die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten muss höchste Priorität haben.“
Bundesregierung will an UN-Einsatz im Libanon derzeit festhalten
Den Bundeswehreinsatz im Libanon mit bis zu 300 Soldaten hatte das Bundeskabinett im Mai bis Ende Juni 2024 verlängert. Diese sind nicht nur im Libanon, sondern auch auf Zypern stationiert. Die UN-Mission im Libanon gibt es seit 1978, sie sollte zunächst einen Waffenstillstand und einen Abzug israelischer Soldaten zu überwachen. Die deutsche Marine ist seit 2006 Teil eines Flottenverbands, der Waffenschmuggel verhindern und den Libanon bei der Küstensicherung verhindern soll. Derzeit ist die Korvette „Oldenburg“ im östlichen Mittelmeer im Einsatz.
Die Bundesregierung will trotz der Gefechte und Spannungen derzeit an der Beteiligung der Bundeswehr an dem UNIFIL-Einsatz festhalten. Die UNO halte den Auftrag weiterhin für sinnvoll und erfolgreich, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums. „Solange die Vereinten Nationen den Auftrag aufrechterhalten, wollen wir so lange wie möglich unseren Beitrag dazu leisten.“ Es sei aber nicht auszuschließen, dass sich diese Einschätzung ändere, wenn sich die Bedrohung verschärfe.
Die UNIFIL-Mission erfülle einen wichtigen Auftrag in der Region, gerade im Bereich der Vermittlung und Deeskalation, gibt auch Grünen-Fraktionsvize Brugger zu bedenken. „Aber natürlich wird mit Blick auch auf die Sicherheit der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten alles genauestens beobachtet und wenn erforderlich neu bewertet.“
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