Berlin. Marlene Wulf ist erst kurz in Israel, als die Hamas das Land angreift. Doch der Weg zurück nach Deutschland ist gar nicht so leicht.

„Ich habe erst verstanden, was alles passiert ist, als ich in Athen in Sicherheit angekommen bin“, erzählt Marlene Wulf am Telefon. Sie hatte gerade erst vor einer Woche ihr Auslandssemester in Jerusalem begonnen. Eigentlich sollte der Aufenthalt in Israel für die 24-Jährige geprägt sein von kulturellem Austausch und Vorlesungen. Stattdessen ist sie vier Tage nach dem Großangriff der Hamas so schnell wie möglich wieder nach Deutschland gereist. Das Auswärtige Amt war in ihren Augen dabei kaum eine Hilfe.

Die Angriffe begannen an ihrem dritten Tag in Israel. Beim ersten Raketenalarm verstand die Berliner Studentin nicht direkt, was los war, und blieb zunächst im Bett liegen. Erst nach einem Telefonat mit einem Freund in Tel Aviv harrte sie die nächsten vier Stunden im Treppenhaus aus.

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Als klar wurde, dass die Gefahrenlage länger als ein paar Tage andauern würde und die ersten Menschen in ihrer Umgebung abreisten, beschloss Wulf ebenfalls, das Land zu verlassen. „Als ich gelesen habe, was die Hamas angerichtet hat, habe ich mehr Angst bekommen“, erzählt sie und ergänzt: „Die politische Lage dort ist gerade sehr unsicher, und weil man nicht weiß, was als Nächstes passiert, habe ich mich entschieden zurückzufliegen.“ Doch zurück nach Deutschland zu kommen, gestaltete sich ihrer Erzählung nach als schwierig.

Studentin Marlene Wulf hatte nicht das Gefühl, von deutscher Seite unterstützt zu werden bei ihrer Ausreise aus Israel.
Studentin Marlene Wulf hatte nicht das Gefühl, von deutscher Seite unterstützt zu werden bei ihrer Ausreise aus Israel. © Mathias Kindler | Mathias Kindler

Deutschland unterstützt Bürgerinnen und Bürger kaum bei der Rückreise aus Israel

„Ich hatte nicht das Gefühl, von deutscher Seite unterstützt zu werden bei der Ausreise“, erzählt Wulf, die in Potsdam und Berlin Internationale Beziehungen und Konfliktstudien studiert. Am Donnerstag und Freitag organisierte die Bundesregierung mehrere Evakuierungsflüge mit der Lufthansa. Vorher sei den eingetragenen Menschen auf der Krisenvorsorgeliste der Bundesregierung lediglich eine Ausreise per Bus nach Amman angeboten worden, sagt sie. Eine zu große Hürde, so Wulf: „Ich hätte dann dort festgesteckt und mich noch um ein Visum für Jordanien kümmern müssen.“

Weil sich ihre Familie große Sorgen um sie gemacht hat, begann Wulf bereits am Montag, mithilfe ihrer Mutter selbst einen Rückweg zu organisieren. Der erste Flug, den die beiden buchten, wurde gecancelt, der zweite auch. Erst der dritte, den sie durch einen israelischen Freund fand, brachte sie am Mittwoch von Tel Aviv nach Athen.

Marlene Wulfs erster Abend in Jerusalem – drei Tage vor dem Großangriff der Hamas.
Marlene Wulfs erster Abend in Jerusalem – drei Tage vor dem Großangriff der Hamas. © privat | Privat

Studentin: Ich hatte Angst, dass Raketen unser Flugzeug treffen

Die Stimmung an Bord beschreibt Wulf als bedrückend. „Ich hatte Angst, dass Raketen abgeschossen werden und aus Versehen unser Flugzeug treffen“, erzählt die junge Frau. An Bord waren vor allem Familien mit kleinen Kindern. Die Airline, mit der sie flog, habe nach ihren Informationen keine Raketenabwehrsysteme gehabt, sagt Wulf. Anders als die Flugzeuge von El Al, die mit Infrarotabwehrsystemen ausgestattet sind, um Lenkwaffen vom Boden abwehren zu können. Auch deshalb, glaubt sie, sei der Flug relativ leer gewesen.

In Athen hatte Wulf Glück. Sie konnte spontan am selben Tag auf einem Restplatz weiter nach Frankfurt fliegen. „Es ist ein Privileg, dass meine Eltern das Geld hatten, um mir mehrere Flüge buchen zu können“, sagt sie. „Ich kann nach Hause gehen, aber für andere Menschen ist ihr Zuhause vielleicht gar nicht mehr da oder im Krieg.“

Eigentlich würde Wulf gern so schnell wie möglich zurück nach Israel. Sie hat Freundinnen und Freunde dort, die jetzt für das Militär eingezogen wurden. Trotzdem ist ihr eines klar: „Ich bin keine Israelin und dort gerade keine Hilfe, sondern eher eine Last, weil sich meine israelischen Freunde dann auch noch um meine Sicherheit kümmern müssen.“