Washington. Erneut könnte Donald Trump sich vor Gericht erklären müssen. Diesmal im Fokus: der Sturm auf das Kapitol. Wann wird es den USA zu viel?
Donald Trump könnte unmittelbar vor einem weiteren und dem möglicherweise folgenschwersten Rechtsverfahren seines Lebens stehen: Sonderstaatsanwalt Jack Smith, der den ehemaligen US-Präsidenten bereits wegen seines Umgangs mit geheimen Dokumenten angeklagt hat, will den Unternehmer nun offenbar auch wegen seiner Rolle bei dem gescheiterten Putschversuch vom 6. Januar 2021 zur Rechenschaft ziehen. Einen entsprechenden Brief, einen sogenannten "target letter", hatte Smiths Büro den Anwälten des Immobilienunternehmers bereits am Sonntag zukommen lassen.
Zwar glauben politische Beobachter, dass Trump wie auch bisher bei juristischen Auseinandersetzungen im Ansehen seiner Basis weiter steigen wird. Gleichwohl könnte es diesmal für den 45. Präsidenten gefährlich werden. Denn: Wird er wegen der Anstiftung zu einem Aufstand verurteilt, dann könnte Trumps Versuch eines politischen Comebacks scheitern. Nach dem 14. US-Verfassungszusatz könnte der Kongress dann nämlich beschließen, dass der ehemalige Präsident nie wieder für ein politisches Amt in den USA kandidieren darf.
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Trump sieht Arbeit der Justiz als "Hexenjagd"
Wie gehabt wetterte der Ex-Präsident gegen die angebliche "Hexenjagd", hinter sich sein Nachfolger Joe Biden und die Demokraten verbergen würden. Den Sonderstaatsanwalt beschimpfte er wie zuvor als "geistesgestört" und schrieb auf seiner Social Media Plattform "Truth Social" in Großbuchstaben, dass es sich um "einen fürchterlichen Tag für unsere Nation" handle.
Einige Republikaner wie Mitch McConnell, der republikanische Fraktionschef im Senat, hüllten sich in Schweigen. Kevin McCarthy hingegen, als Sprecher des Repräsentantenhauses der am Rang gemessen drittmächtigste Politiker in Washington, warf Präsident Bidens Justizministerium vor, das Ressort zu einer politischen Waffe zu machen.
Nach dem Aufstand vor zweieinhalb Jahren hatte McCarthy den damaligen Präsidenten scharf kritisiert und gesagt, "ich habe ihn endgültig satt". Bekanntlich hatte Trump in einer hetzerischen Rede tausende seiner glühendsten Anhänger aufgefordert, auf das Kapitolsgebäude zu marschieren, um die Auszählung der Elektorenstimmen und somit die formale Besiegelung von Bidens Wahlsieg zu blockieren. Da Trump aber selbst heute seine politische Basis noch fest im Griff hat, stellen sich McCarthy ebenso wie der gesamte rechtsgerichtete Flügel der Republikaner vorbehaltlos hinter den früheren Präsidenten.
Schnelle Anklage gegen Donald Turmp?
Wie aber geht es nun weiter? Nachdem Trump wegen des Skandals um die Mitnahme geheimer Dokumente von Smith ebenfalls einen "target letter" erhielt, dauerte es einige Wochen, bis die Anklage erfolgte. Laurence Tribe, Jura-Professor an der Elite-Uni Harvard, glaubt aber, dass es diesmal deutlich schneller gehen wird. "Smith hat mit dem früheren Vize-Präsidenten Mike Pence und so vielen anderen Augenzeugen gesprochen und Beweise gesammelt, dass die Anklage schon in wenigen Tagen kommen könnte", so der Jurist.
Möglich sei Tribe und anderen Experten zufolge, dass der ehemalige Präsident nicht nur wegen Anstiftung zu einem Staatsstreich, sondern auch wegen Staatsverrats angeklagt wird. Selbst der prominente Ex-Richter J. Michael Luttig, ein konservativer Republikaner, meint, dass an einem Verfahren wegen Trumps Rolle bei der Erstürmung eines der Wahrzeichen der US-Demokratie kein Weg vorbeiführt. "Jeder Sonderermittler, der etwas auf sich hält, ob Demokrat oder Republikaner, hätte angesichts der Fakten keine Wahl, als den ehemaligen Präsidenten anzuklagen", so Luttig.
Ehemaliger US-Präsident könnte erneut antreten – und sich begnadigen lassen
Unterdessen spielt Trumps Anwaltsteam auf Zeit und würde wie auch bei der Dokumenten-Affäre versuchen, einen Prozess bis nach der Präsidentschaftswahl im November 2024 hinauszuzögern. Die zuständige Richterin Aileen Cannon, die Trump selbst ernannt hat, will ihm offenbar Rückendeckung geben. Sie entschied am Dienstag, dass der von Sonderstaatsanwalt Smith geforderte Prozessbeginn im Dezember zu früh sei. Sollte Trump dann vor November nächsten Jahres wegen anderer Verbrechen verurteilt werden und trotzdem die Wahl gewinnen, dann könnte er sich von seinem eigenen Justizminister begnadigen lassen.
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