Washington. Zu Tausenden verlassen die Menschen den einstigen Traumstaat Kalifornien und ziehen ausgerechnet ins konservative Texas. Warum nur?
Der Massenexodus aus einem der früher beliebtesten US-Staaten ist in vollem Gange. Seit der Corona-Pandemie hat die Zahl der Kalifornier, die ihren Heimatstaat freiwillig verlassen, einen Rekordstand erreicht. Wo sie allerdings hinziehen, erscheint auf ersten Blick verwunderlich.
Nicht etwa ins Ausland, und schon gar nicht nach New York, Miami oder andere populären Ballungszentren der USA, die jedes Jahr Gäste aus aller Welt anziehen. Immer mehr Menschen machen ausgerechnet Texas, das sich durch konservativere Werte und einen rechtsgerichteten Regierungschef auszeichnet, zu ihrer Wahlheimat. Die Gründe, die sich dahinter verbergen, sind zahlreich.
Von Kalifornien nach Texas: 300 Menschen pro Tag ziehen aus dem "Golden State"
Endlos lange Strände entlang der Pazifikküste, pulsierende Metropolen wie San Francisco, Radtouren durch die Weinberge von Napa Valley und lange Wanderungen in idyllischen Nationalparks wie Yosemite und Joshua Tree: Für Besucher aus Deutschland und den meisten europäischen Ländern zählte Kalifornien schon immer zu den beliebtesten Destinationen in den USA. Während der letzten drei Jahre hat es aber immer mehr Familien von dem größten US-Staat in den zweitgrößten, nämlich nach Texas gezogen.
Wie eine Studie des statistischen Bundesamt U.S. Census Bureau und des Speditionsdienstleisters Storage Cafe ergibt, haben allein 2021 mehr als 110.000 Menschen – das sind im Schnitt mehr als 300 pro Tag – in Städten wie Los Angeles, San Diego und kleineren Städten ihre Zelte abgebrochen und sind in den weiter südöstlich gelegenen "Lone Star State" gezogen. Die Zahl der Zuwanderer aus Kalifornien lag damit um 80 Prozent über dem Stand von 2012, und auch im letzten sowie dem laufenden Jahr hat der Trend angedauert.
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USA: Darum ziehen immer mehr Menschen nach Texas
Seine Ursprünge hatte der Exodus in der Pandemie und der wachsenden Beliebtheit des Homeoffice sowie dem damit verbundenen Bedarf an mehr Wohnraum und größeren Immobilien. "Der steile Anstieg der Eigenheimpreise in Kalifornien ist einer der wichtigsten Beweggründe", stellt Rogelio Saenz, Professor der Bevölkerungswissenschaft an der University of Texas in San Antonio, fest und führt entsprechende Statistiken an.
So beträgt der durchschnittliche Preis einer Eigentumswohnung oder eines Hauses in Kailfornien 7,6 Jahreseinkommen eine Haushalts. In Texas hingegen liegt das Verhältnis bei weniger als der Hälfte, nämlich 3,5 zu 1. Anders ausgedrückt: Wer im "Lone Star State" – benannt nach dem einsamen Stern auf der Staatsflagge, welche seit 1836 die Unabhängigkeit von Mexiko symbolisiert – über 30 Jahre den Hauskauf finanziert, kann über 1 Million Dollar sparen. Auch können in Großstädten Monatsmieten für vergleichbare Objekte um mehr als 1.500 Dollar niedriger sein.
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Jobaussichten locken: Darum strömen Millennials nach Texas
Eine andere Motivation besteht darin, dass Erwerbtstätige in Texas im Gegensatz zu Kalifornien nicht eine zweite Einkommenssteuer zahlen müssen, die von dem Bundesstaat kassiert wird. Wer in dem Küstenstaat einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, muss neben der Einkommensteuer, die an die Bundesfinanzbehörde Internal Revenue Service (IRS) abgeführt wird, weitere 13,3% an das kalifornische Finanzamt zahlen. Das ist der höchste Satz aller 50 US-Staaten. Das Parlament in Texas beschloss hingegen, auf die Erhebung einer getrennten Steuer komplett zu verzichten.
Auch bieten die boomenden Öl- und Erdgassektoren sowie die Tech-Branche gerade für Millennials, die den Löwenanteil der Zuwanderer ausmachen, erstklassige Jobaussichten. So haben während der letzten drei Jahre mehr als 100 Unternehmen ihre Konzernzentrale ebenso wie einen Teil der Produktion in die südwestliche Ölmetropole verlegt. Von denen wiederum hatten mehr als 40 ihre frühere Heimat in Kalifornien. Als Gründe nennen sie niedrigere Steuersätze, staatliche Zuschüsse und die Tatsache, dass Texas mehr Waren und Dienstleistungen im Ausland verkauft – größtenteils Energieprodukte, Halbleiter und Flugzeugteile – als jeder andere Staat.
USA: Politischer Frust treibt Kalifornier nach Texas
Die Ursachen sind aber nicht immer wirtschaftlicher Natur. Aus der Sicht von konservativeren Kaliforniern hat sich unter dem sozialliberalen Gouverneur Gavin Newsom ein Linksruck vollzogen, den sie nicht mehr mitmachen wollen. So zog Jennifer Balek von Ventura County nach Rockwall, einem Vorort von Dallas, "weil die Lockdowns während der Pandemie zu streng waren und vor allem die Schulen viel zu lange geschlossen blieben".
Der Investmentberater Simon Black, seine Frau Brigitte und deren drei Kinder siedelten von der San Francisco Bay Area nach McKinney, Texas über, "weil die Demokraten Kalifornien komplett überrollt haben". Wie auch andere kritisieren sie die hohen Steuern sowie die hohe Toleranz gegenüber illegalen Einwanderern, die sich Newsom und andere Politiker weigern, abzuschieben.
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Bevölkerungswandel in den USA: Darum sind Wahltexaner zufrieden mit ihrer Entscheidung
Natürlich bedauern einige Wahltexaner den Wechsel. Als Gründe nennen sie unter anderem politische Differenzen, katastrophale Verkehrsstaus in Großstädten wie Houston und Dallas sowie das Fehlen von Bergen und Stränden. Die meisten blicken aber mit Genugtuung auf ihre Entscheidung zurück. So auch die Immobilienmaklerin Marie Bailey.
Mit mehr als 300 Häusern, die sie an andere ausgewanderte Kalifornien verkauft hat, hat Bailey in ihrer neuen Heimat ihr Einkommen mehr als verdreifacht. "Eine bessere Entscheidung, als von Kalifornien nach Texas zu ziehen, hätten wir nicht treffen können" zieht sich eine zufriedene Bilanz ihrer ersten Jahre in der neuen Heimat. Bevölkerungswissenschaftler rechnen damit, dass sich der Trend in den kommenden Jahren weiter beschleunigen wird.