Berlin. Die Regierungskonsultationen mit Li Qiang werden eine Gratwanderung. Doch das Ende aller Illusionen über China hat auch etwas Gutes.
Die Regierungsdelegation aus China kam früh. Bereits am Montagmorgen landete die Maschine aus Peking in Berlin, obwohl die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen erst am Dienstag so richtig beginnen. Chinas neuer Regierungschef Li Qiang wollte im Schloss Bellevue vom Bundespräsidenten begrüßt werden. Da Frank-Walter Steinmeier aber auch auf Dienstreise geht, musste Li Qiang, der mit einer großen Delegation von neun Ministern anrückt, zeitiger losfahren.
Der Wunsch des Regierungschefs aus dem Reich der Mitte sagt schon fast alles über den Deutschlandbesuch, der zudem auch noch Li Qiangs erste Auslandsreise ist, seit er im März ins Amt kam. China geht es um die Macht der Bilder. Li mit Steinmeier, Li mit Scholz beim Abendessen, die Größe der Delegation in der deutschen Hauptstadt und die anschließende Weiterreise nach Frankreich sind klare Signale an die USA. Sie sollen zeigen, dass China in Westeuropa nicht isoliert ist und die Staaten der G7, allen voran Deutschland und Frankreich, im Umgang mit China nicht geschlossen auf US-Kurs sind.
Peking die kalte Schulter zu zeigen, wäre wirtschaftspolitischer Selbstmord
Doch was heißt das? Während US-Außenminister Antony Blinken in Peking versucht, trotz der Eiszeit zwischen den Großmächten mit China im Gespräch zu bleiben, befindet sich die Bundesregierung in einem schmerzhaften Spagat. Es wäre wirtschaftspolitischer Selbstmord, Peking die kalte Schulter zu zeigen. China ist das siebte Jahr in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. Waren im Wert von fast 299 Milliarden Euro wurden zwischen den Ländern gehandelt. Auch wenn die Bundesregierung versucht, die Abhängigkeiten zu reduzieren, wird China noch auf lange Sicht enorm wichtig und problematisch bleiben.
Regierungskonsultationen gibt es nur mit besonders engen Partnern – wie Israel oder Frankreich zum Beispiel. Seit 2011 gehört auch China zu diesem Kreis. Die Zeiten waren damals andere. Auch wenn Kanzlerin Angela Merkel schon die Menschenrechtslage und Rechtsstaatlichkeit ansprach, so galten die Beziehungen, vor allem die wirtschaftlichen, als exzellent.
Nähe zu Kriegspräsident Wladimir Putin
Seit Staatschef Xi Jinping an der Macht ist, Staat und Partei auf sich zuschnitt, jeden, der ihn gefährden könnte, verschwinden ließ, werden die Beziehungen konfrontativer und nehmen zum Teil bedrohliche Züge an. Dazu gehören die chinesischen Spionageaktivitäten ebenso wie die Nähe Xi Jinpings zum russischen Kriegspräsidenten Wladimir Putin.
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Dass sich heute die Atommächte China und USA als größte Feinde gegenüberstehen, macht die Welt nicht sicherer. Deshalb sind Regierungskonsultationen wichtig und richtig. Zwar gibt es keine vertrauensvolle Zusammenarbeit, aber gemeinsame Interessen. Und: Das Ende aller Illusionen im Umgang mit China macht vieles einfacher, selbst wenn es ungemütlich wird.
Keine China-Strategie, aber Regierungskonsultationen
Die Bundesregierung hat versucht, das Treffen kleiner zu halten, das ist nicht geglückt. Nun sollten die Gespräche selbstbewusst erfolgen. Nur süß-sauer lächeln, das reicht nicht mehr: Der Klimaschutz steht auf der Agenda, was im Interesse der chinesischen Regierung ist. Aber auch das neue Anti-Spionage-Gesetz, das die Wirtschaft beunruhigt, gehört ganz oben auf die Tagesordnung.
Es wird offenbar ein gemeinsames Statement nach den Treffen geben, aber wohl ohne Fragemöglichkeit. Chinas Regierungschef will keine Antworten geben. Aber Bundeskanzler Olaf Scholz sollte sich erklären. Dass die China-Strategie der Regierung noch nicht fertig ist, die Konsultationen aber schon erfolgen, gehört zu den unrühmlichen und völlig überflüssigen Kapiteln dieser Ampel-Regierung.
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