An Rhein und Ruhr. . Im Schnitt sind nur 2,7% der Hartz-IV-Empfänger von Sanktionen betroffen. Meist ging es um verpasste Termine. Kritik kommt vom Wohlfahrtsverband.
Sanktionen trafen im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen im Schnitt weniger als drei von 100 Hartz IV-Empfängern. „Das zeigt, dass sich die allermeisten Leistungsberechtigten an die gesetzlichen Spielregeln halten“, meinte Torsten Withake aus der Geschäftsführung der Regionalagentur für Arbeit. 2017 sprachen Jobcenter hier 222 831 Sanktionen aus – 1649 mehr als im Vorjahr.
Sanktionen bedeuten für Hartz-IV-Empfänger empfindliche Kürzungen beim Arbeitslosengeld II – bis hin zum zeitweiligen Komplettverlust der Unterstützung. Die Arbeitsagentur veröffentlichte ihre Bilanz gestern turnusgemäß, sie fällt gleichwohl in eine bundesweite Debatte mit Kritik und Forderungen nach einer etwaigen Ablösung des staatlichen Hilfesystems.
Gesetzesänderung angeregt
Ein nicht eingehaltener Termin im Jobcenter oder eine verpasste Untersuchung beim Arzt – wohlgemerkt, unentschuldigt: 79,5% der Sanktionen in NRW bezogen sich auf solche Meldeversäumnisse, der geringere Teil auf Arbeitsverweigerungen oder Verstöße gegen die Eingliederungsvereinbarung.
Die Sanktionen trafen den Angaben zufolge insgesamt 32 734 erwerbsfähige Leistungsbezieher, teilweise auch mehrfach. Das ist nur ein kleiner Teil (2,7%) der zuletzt 1 185 730 erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieher in NRW. Im Bundesvergleich waren mehr Bezieher von Strafen betroffen (Quote deutschlandweit: 3,1%). Vor allem junge Erwerbslose bekommen die Härte der Hartz-IV-Gesetze zu spüren. Jobcenter sind gehalten, bei ihnen durchzugreifen. „Hier könnten gesetzliche Änderungen der Ungleichbehandlung von Jugendlichen und Erwachsenen Abhilfe schaffen“, riet Withake.
Wohlfahrtsverband gegen Strafen
Der Wohlfahrtsverband „Der Paritätische“ forderte gegenüber der NRZ eine Abschaffung der Hartz-IV-Strafen: „Betroffene durch solche Sanktionen in existenzielle Nöte zu bringen, ist inhuman und gegen die Verfassung“, sagte Christian Woltering, Geschäftsführer des Dachverbandes in NRW (3100 Mitgliedsvereine). Das Existenzminimum dürfe nicht angetastet werden. Stattdessen solle man Erwerbslosen eine wirkliche Perspektive auf Arbeit aufzeigen, damit es gar nicht erst zu Terminversäumnissen komme.
>>> SO FUNKTIONIEREN DIE STRAFEN BEI HARTZ IV
Wird eine „zumutbare“ Maßnahme abgelehnt oder gegen die Eingliederungsvereinbarung verstoßen, wird das Arbeitslosengeld II (ALG II) beim ersten Mal um 30%, beim zweiten Mal um 60% und beim dritten Mal ganz gestrichen. Pro Meldeverstoß sind es jeweils 10%. Für jüngere Hartz-IV-Empfänger sind die Regeln noch strikter.
Das ALG II beträgt aktuell 416 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen. Die Sanktionen dauern je drei Monate.