Bad Neuenahr. . Präses Manfred Rekowski stimmt die Protestanten zwischen Emmerich und Saarbrücken auf Neuerungen ein. Sorge um sozialen Zusammenhalt.

Das Reformationsjahr liegt hinter den knapp 2,54 Millionen Protestanten im Rheinland. Präses Manfred Rekowski will den Schwung und die Kreativität aus den Feiern zum 500. Jahrestag von Martin Luthers Thesen mitnehmen. „Wie in Gemeinden und Kirchenkreisen am 31. Oktober gefeiert wurde, ist durchaus serienreif“, sagte Rekowski auf der Landessynode in Bad Neuenahr (Rheinland-Pfalz). Er stimmte die Protestanten zwischen Emmerich und Saarbrücken auf weitere Reformen ein: „‘Weiter so’ ist keine Perspektive für unsere Kirche.“

Junge Leute sollen sich in der zweitgrößten deutschen Landeskirche stärker einbringen können. Eine eigene Jugendsynode ist im Gespräch. Die Rheinische Kirche soll sich zudem für neue Gemeindeformen öffnen, will ihnen wie auch traditionellen Formen gleichermaßen mit Respekt begegnen. Nicht immer soll für alles direkt eine einheitliche, gesamtkirchliche Regelung her: „Wir müssen nicht immer sofort den gesamten Tanker bewegen“, ist Rekowski überzeugt. Zugleich will die Rheinische Kirche aber vermehrt inhaltliche Akzente setzen. Das Dezernat für Theologie im Landeskirchenamt wurde personell verstärkt. Und in der digitalen Welt wollten die Protestanten präsenter werden. Für 2018 wurde erstmals ein Medienpreis für Projekte ausgelobt.

Mehr Erwachsenentaufen

Die gute Nachricht: Der Mitgliederschwund hat an Wucht verloren. Die Landeskirche zählt „nur“ 40 000 Protestanten weniger als vor Jahresfrist, vor gar nicht langer Zeit waren die Verluste noch deutlich größer. Die Verschiebung hat mit dem demografischen Wandel zu tun; aber immer noch verliert die Kirche viel mehr Mitglieder durch Tod, als sie durch Taufen gewinnt. Das hat auch eine deutlich gestiegene Zahl von Erwachsenentaufen (+38 %) nicht ändern können. Unter anderem viele Flüchtlinge ließen sich taufen. Die Zahl der Kirchengemeinden zwischen Emmerich und Saarbrücken sank, bedingt durch Fusionen, von 704 auf 694.

Besorgt zeigte sich Präses Rekowski über eine wachsende Kluft in der Gesellschaft: „Wohin soll das führen, wenn die einen kaum leben können von ihrem Lohn, während bei anderen Vermögenswerte nahezu unbegrenzt wachsen?“ Im Rheinland hätten Mieten in den Großstädten ein Niveau erreicht, das sich einfache Lohnempfänger nicht leisten könnten. „Der soziale Zusammenhalt geht alle Menschen an!“

Gefährdet sieht Rekowski diesen Zusammenhalt auch durch latenten Antisemitismus, mitgetragen von einer Minderheit von Zuwanderern, die in ihren Herkunftsländern mit einem Hass auf Israel aufgewachsen sei. Gegen Antisemitismus einzutreten sei Christenpflicht: „Wo immer Juden zu Opfern werden, nimmt auch unsere Gesellschaft Schaden.“

Der Präses mahnte zudem Fortschritte in der Klimapolitik an. Mit Blick auf den Abgasskandal in der Autoindustrie oder die extrem klimaschädliche Braunkohleverstromung forderte Rekowski, dass Konzerne Verantwortung für einen Technologiewandel übernehmen, nachdem sie über Jahrzehnte prächtig verdient hätten. Die Landessynode, also das Kirchenparlament, tagt noch bis Freitag in Bad Neuenahr.

HINTERGRUND: STAMP (FDP) VERTEIDIGT SONNTAGSPLÄNE

Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) hat die geplante Ausweitung der Sonntagsöffnung in NRW verteidigt. Im Sinne lebendiger Innenstädte sei es wichtig, dass der Handel dort im Wettbewerb mit dem stark wachsenden Online-Verkauf mithalten könne, sagte Stamp auf der Synode.

Die schwarz-gelbe Landesregierung will die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage in NRW von vier auf acht pro Jahr erhöhen. Das ist Teil eines sogenannten „Entfesselungspaketes“ zum Bürokratieabbau. Bei der Rheinische Kirche lehnt man das vehement ab, hat u. a. einen Online-Protest gestartet („#unser Sonntag ist uns #heilig“). Präses Rekowski sieht die Sonntagsruhe als „gesamtgesellschaftliche Errungenschaft“ und will diese nicht als „Fessel“ missverstanden sehen.