AFGHANISTAN. Bei dem zweiten Entführten soll es sich um einen Bau-Ingenieur aus München handeln. Die Leiche des 45-Jährigen wird in Deutschland obduziert. Neue Taliban-Forderungen.
BERLIN. Nach dem Tod des in Afghanistan entführten deutschen Bauingenieurs Rüdiger D. aus Mecklenburg-Vorpommern bemüht sich die Bundesregierung weiter um die Freilassung der zweiten Geisel. Bei ihr soll es sich nach bislang unbestätigten Medienberichten um den Bau-Ingenieur Rudolf B. aus Ottobrunn bei München handeln. Ein Taliban-Sprecher erklärte am Nachmittag, Rudolf B. sei am Leben. Unterdessen wandten sich die Taliban in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur direkt an den Bundestag. Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, da die Bundesregierung einen zunächst geforderten Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ablehne, forderten die Rebellen nun die Freilassung von zehn Taliban-Kämpfern aus afghanischer Haft. Dennoch ist laut Außenministerium weiter unklar, wer hinter der Entführung steckt: Politisch motivierte Taliban oder auf Lösegeld erpichte Kriminelle.
Die Leiche des 43-jährigen Rüdiger D. aus Wismar sollte noch im Laufe des gestrigen Tages zur Obduktion nach Deutschland geflogen werden. Hintergrund: Außenminister Steinmeier hatte erklärt, es sehe so aus, als sei der Mann nach einem Herzanfall den Strapazen der Geiselhaft erlegen. Später bestätigte er jedoch Berichte, wonach die Leiche von Rüdiger D. Schussverletzungen aufweist. Nach "Spiegel"-Informationen brach der Mann, der Diabetiker gewesen sein soll, bei einem Marsch zusammen, später hätten die Geiselnehmer auf den leblosen Körper geschossen.
Ungeachtet des Geiseldramas ging in Regierungskreisen die Debatte über eine Erweiterung des deutschen Engagements in Afghanistan weiter, eine Abberufung der Bundeswehr lehnten Sprecher von SPD und Union aber erneut ab. Auslöser: Der Kommandeur der Afghanistan-Schutztruppe ISAF, General Dan McNeill, schlug eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents vor. Ein Abbrechen des Auftrags in Afghanistan würde hingegen die Gefahr auch für Europa steigern, sagte er. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil schloss den Einsatz von mehr Bundeswehr-Soldaten unter Verweis auf die Ausbildung afghanischer Kräfte nicht aus. (NRZ)