Moers. . Ina Küpperbusch arbeitet beim Wittfeld-Wohnverbund in Moers mit der Bordeauxdogge als Therapiehund. Bei Gesprächen wirkt Paula als „Eisbrecher“.
Paula hat die Ruhe weg. So furchterregend die neunjährige große Bordeauxdogge auch aussehen mag, so cool und gelassen ist sie. Paula hat eine Menge Lebenserfahrung gesammelt. Kein Wunder, ist das imposante Tier doch seit vielen Jahren als Therapie-Hund beim Wittfeld-Wohnverbund an der Walpurgisstraße im Einsatz.
„Eigentlich ist Paula inzwischen in Rente“, berichtet Frauchen Ina Küpperbusch. Sie ist stellvertretende Leiterin der Abteilung. In den Räumen und Wohnungen der Einrichtung leben Jugendliche mit psychischen Erkrankungen sowie Mütter mit Kindern. Die Arbeit ist nicht immer leicht. Da kommt Paula gern und oft als Eisbrecherin oder „Therapeutin“ zum Einsatz. „Auf Spaziergängen im Wald redet es sich oft leichter. Und Streicheleinheiten tun beiden Seiten gut“, schildert Ina Küpperbusch.
Streicheln eines Tieres wirkt beruhigend
Ohne Zweifel, Paula ist süchtig. Süchtig nach Streicheleinheiten. Von ihrem warmen Plätzchen im Büro erhebt sie sich, sobald sich ein williges Opfer Frauchen gegenüber niederlässt. Der große Hund ist nicht zu übersehen, wie er sich so ans Bein des Besuchers lehnt und diesen eindringlich und auffordernd anguckt. Streichel, Streichel... Paula versinkt in stille Meditation, und der Gast ist beschäftigt. „Sie geht einfach auf die Menschen zu. Das kann so manches Eis bei Gesprächen brechen“, weiß Ina Küpperbusch. Tatsächlich gebe es Untersuchungen, dass das Streicheln eines Tieres den Blutdruck senken könne und beruhigend wirke. Diese positive Ausstrahlung stellten selbst die Kollegen fest: „Über Paula und ihr gutes Gemüt müssen alle lachen, das tut gut bei Stress.“
Als damals die Chefin der Einrichtung fragte, wer sich einen Hund für den Einsatz mit den Kranken anschaffen würde, habe sie sich als erste gemeldet: „Ich wollte immer schon einen Hund.“ Und weil Bordeauxdoggen für ihr ausgeglichenes Gemüt bekannt seien, habe sich diese Rasse einfach angeboten.
Gelernt, Menschenscheu zu überwinden
Die Ruhe, die Paula ausstrahlt, mache sich bei Kranken besonders positiv bemerkbar. „Keiner sucht sich eine psychische Krankheit aus“, unterstreicht die Fachfrau. Einen der schönsten Erfolge in Paulas Karriere habe man beispielsweise bei einer jungen Frau mit Depressionen gehabt: „Sie war so krank, dass sie kaum aufstehen konnte. Ich bin viel mit ihr und Paula in den Wald gegangen. Dabei hat sie beispielsweise auch gelernt, ihre Menschenscheu zu überwinden und mit anderen Hundehaltern zu sprechen.“ Nach und nach sei die junge Frau aus ihrem Schneckenhaus heraus gekommen. „Sie hat sich ein großes Poster von sich und Paula gewünscht. Das haben wir ihr auch geschenkt. Ich glaube, das hängt heute, wo sie in ihrer eigenen Wohnung lebt, immer noch an der Wand“, freut sich Ina Küpperbusch.
Wenn junge Menschen oder Mütter zum Johann-Heinrich-Wittfeld-Wohnverbund der Diakonie kommen, sei es bei allen Hilfen und allen Therapien immer das Ziel, die Menschen auf Dauer auf eigene Füße zu stellen. „Sie sollen später wieder ein selbstständiges Leben führen können.“ Den meisten gelinge dies auch. Sicher ist: Paula hat so manches Mal das ihre dazu beigetragen.
>> INFO:
Der Name des Wohnverbundes der Grafschafter Diakonie geht auf Johann-Heinrich-Wittfeld (1799 – 1853) zurück. Wittfeld war ein fortschrittlicher Arzt, der 1843 als Arzt in Moers eine fast revolutionär zu nennende Einrichtung gründete. Er war schon früh der Ansicht, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen in kleinen Einrichtungen bessere Chancen auf einen Heilerfolg haben dürften.
Heute hat der Wohnverbund 70 stationäre Plätze für Erwachsene sowie 28 Plätze für Jugendliche und junge Erwachsene. Zudem werden 190 Menschen ambulant betreut.