Essen. Die Keilschrift aus Mesopotamien gilt als das älteste Schriftsystem der Welt. Ihr überraschender Ursprung kommt wohl in Zylinderform.

Die Schrift ist eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte. Ohne sie hätte sich die Welt wohl nie über die Ozeane hinweg mithilfe von Briefen, Tiefseekabeln und schließlich Satelliten vernetzen können. Das erste den Archäologen und Philologen bekannte Schriftsystem, die Keilschrift, stammt aus Mesopotamien, das in Teilen dem heutigen Irak, Syrien, Iran sowie der Türkei entspricht. Doch wie genau nahm die Keilschrift ihren Anfang?

In dieser Frage haben Philologen der Universität Bologna nun einen womöglich entscheidenden Durchbruch erzielt. Laut deren neuer Studie entwickelte sich die Keilschrift aus Symbolen, die auf „Rollsiegeln“ zum Handel von Textilien und landwirtschaftlichen Erzeugnissen verwendet wurden. Damit unterstützen die in der Fachzeitschrift „Antiquity“ veröffentlichten Ergebnisse die Theorie, wonach die Keilschrift aus frühen Formen der Buchhaltung entstand.

Archäologie: Ursprung der Keilschrift liegt in der Buchhaltung

Das Volk der Sumerer, das im südlichen Mesopotamien, dem heutigen südlichen Irak, lebte, gilt als Erfinder der Keilschrift. Geschrieben wurde auf Tontafeln, auf denen die keilförmigen Schriftzeichen eingedrückt wurden. Die ersten dieser Tontafeln datieren Archäologen auf etwa 3200 v. Chr. Zuvor inspirierten die Symbole der zylindrischen Rollsiegeln eine frühe Keilschrift, die sogenannte „Proto-Keilschrift“.

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Die Keilschrift wurde im altertümlichen Mesopotamien entwickelt. Vor allem die Verwaltung der östlichen Riesenreiche konnte dadurch effektiv organisiert werden. © picture alliance / Artcolor | Artcolor

Der Proto-Keilschrift fehlten noch grammatikalische Regeln, wodurch komplexe Bedeutungen nicht dargestellt werden konnten, erklärte die nicht an der Untersuchung beteiligte Archäologin Amy Richardson gegenüber „New Scientist“. Beispielsweise könne die Proto-Keilschrift „Sieben Weizenbüschel“ darstellen, wohingegen man in der Keilschrift mitteilen könne, dass „sieben Weizenbüschel zu dir geliefert werden“.

Archäologischer Durchbruch: Symbole auf Rollsiegel und Keilschrift-Zeichen ähneln sich stark

Die Zylinder wurden bereits mehr als 1000 Jahre vor dem Auftauchen der Keilschrift in Mesopotamien verwendet. „Wir haben uns auf Siegelzeichen konzentriert, die vor der Erfindung der Schrift entstanden sind und sich dann bis in die Zeit der Proto-Schrift weiterentwickelt haben“, sagten Kathryn Kelley and Mattia Cartolano, die Co-Autoren der Studie, in einem Statement, das „Live Science“ vorliegt. Unter anderem das älteste literatische Werk der Menschheit, das Gilgamesch-Epos, wurde in der Keilschrift verfasst.

Auf den Rollsiegeln sind Muster und Bilder eingeprägt. Werden sie über nasse Tonplatten gerollt, hinterlassen sie rechteckige Symbole. Die Symbole bezogen sich oft auf transportierte Güter oder auf an Transaktionen beteiligte Beamte, sagte Cartolano gegenüber „New Scientist“. Eines der klarsten Beispiele, das Forscher sowohl auf den Rollsiegeln sowie in der Keilschrift fanden, sei die Darstellung von Stoff mit Fransen und einem Gefäß in einem Netz.

„Es beweist, dass die von Rollsiegeln bekannten Motive in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung der Schrift im Südirak stehen und zeigt, wie Bedeutung von präliterierten Motiven in die Schrift übertragen wurde“, schreiben die Wissenschaftler. Zuvor wurde vermutet, dass der Ursprung der Keilschrift in einzelnen Tonzeichen liege, die wahrscheinlich zum Zählen verwendet wurden.

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Keilschrift: Von Weizen-Zählen zu ersten Literatur der Weltgeschichte

Verschiedene Völker wie die Sumerer, Babylonier, Assyrer, Hethiter oder Hurriter verwendeten die Keilschrift teilweise bis in das 1. Jahrhundert n. Chr., um ihre jeweilige Sprache zu schreiben. Aufgrund der immensen Verbreitung der Schrift wurden bis heute schätzungsweise bis zu einer Million Tontafeln ausgegraben, von denen nur ein Bruchteil bisher erforscht wurde.

Die Keilschrift ist kein Alphabet, sondern eine Wort- und Silbenschrift, bei der die verschiedenen Zeichen sowohl ganze Wörter als auch einzelne Silben darstellen können. Insgesamt gibt es etwa 900 Keilschriftzeichen, die im Laufe der Zeit für die verschiedenen Sprachen des Alten Orients angepasst wurden. Unter anderem wurde das wohl älteste literarische Werk der Weltgeschichte, das Gilgamesch-Epos, in der Keilschrift verfasst.

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