Berlin. Schauspielerin Alexandra von Schwerin verrät im Interview, warum sie ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer adeligen Familie hat.
Von „Danni Lowinski“ über Krimis wie „Helen Dorn“ oder „Tatort“ bis zum letzten Pilcher-Film „Verliebt in einen Butler“ (ZDF Mediathek): Alexandra von Schwerin verfügt über eine große Bandbreite an Erfahrungen. Aber anders als der Großteil ihrer Kolleginnen und Kollegen hat die Schauspielerin auch einen Adelstitel. Der sorgte in der Vergangenheit aber schon für Verdruss, wie die 62–Jährige erzählt. Denn für sie spielten ihre Lust am Abenteuer und ihre politischen Überzeugungen eine viel größere Rolle als das blaue Blut.
Sie sind in der Pilcher–Adaption als geborene von Schwerin in der Rolle der adligen Lady Sally besetzt worden. Ist das Zufall?
Alexandra von Schwerin: Mich hat das überhaupt nicht interessiert, ebenso wenig, wie mich mein eigenes Adligsein interessiert hat.
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Sie sind also offenbar nicht in einem Schloss mit Butler groß geworden?
Von Schwerin: Absolut nicht, sondern in einer angenehmen bürgerlichen Familie. Eigentlich fühle ich mich der Arbeiterklasse viel näher. Ich mag aber solche Geschichten wie im Pilcher-Film, weil sie mich in eine altmodische Welt eintauchen lassen. Die kenne ich vom Theater, wo ich in vielen alten Stücken gespielt habe.
Es gab auch für Sie keine andere Option, als Schauspielerin zu werden?
Von Schwerin: Ich habe ein naturwissenschaftliches Gymnasium besucht und danach wusste ich, dass ich mit Naturwissenschaften nichts zu tun haben wollte. Ursprünglich habe ich mich eher als Regisseurin und Dramaturgin gesehen, aber dann hat sich die Schauspielerei ergeben. Das war auch die richtige Entscheidung, auch wenn ich eine schwierige Zeit hatte, als ich mit 40 am Schauspiel in Bonn aufhörte.
Von Schwerin: „Mein sechsjähriger Sohn hatte wenig von mir“
Sie hätten ja in der Sicherheit eines Ensembles bleiben können.
Von Schwerin: Nach neun Jahren in Bonn ging der Intendant nach Wiesbaden, und es gab meinen sechsjährigen Sohn, der in dieser Zeit wenig von mir hatte. Ich hätte umziehen müssen, aber mein Partner und Kind waren nicht davon begeistert. So musste ich mich entscheiden, und ich spürte, dass es im Leben noch etwas anderes geben musste als Theater im Festensemble. Allerdings hatte ich schon große Existenzängste. Ich habe dann 2006 eine Kinderschauspielschule in Köln, Junior House, gegründet, die heute noch existiert. Ich begann zu drehen, und es kamen Serien wie „Danni Lowinski“.
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Aber dieses unstete Springen ist doch auch ganz schön aufreibend. Gerade sind Sie für einen Drehtag des Zürich-Krimis in der Schweiz, danach geht es gleich weiter nach Prag.
Von Schwerin: Ich genieße das total. Ich bin wahnsinnig gerne unterwegs.
Sie reisen vermutlich viel mit dem Zug. Wie ist Ihr Verhältnis zur Deutschen Bahn?
Von Schwerin: Man muss Zeit mitbringen. Ich rege mich nicht mehr auf. Abgesehen davon erlebe ich da auch sehr schöne Sachen. Jüngst war ich von Berlin unterwegs. Der Zug hatte drei Stunden Verspätung, es war rappelvoll, aber alle blieben ruhig und man konnte total nette Gespräche führen. Oder ich war in einem Sprinter von Erfurt nach Frankfurt. Da gab es ein älteres Paar, das nach Eisenach wollte und nicht wusste, dass der Zug dort nicht hält. Aber dann hat der Lokführer trotzdem dort außerplanmäßig gestoppt und die beiden aussteigen lassen.
Könnten Sie eigentlich einen Butler gebrauchen so wie im Pilcher-Film?
Von Schwerin: Ein eindeutiges Ja! Das wäre etwas Feines, wenn die Fenster wieder geputzt werden müssen.
Auch wenn Sie mit dem Adelsdasein nichts am Hut haben – gibt es zumindest so etwas wie Familientreffen?
Von Schwerin: Alle zwei Jahren findet ein großes Treffen statt, wo die Mitglieder der Familie, das sind an die 200, eingeladen sind. Auch gibt es einen regionalen Familientag in Nordrhein–Westfalen. An dem nehme ich seit einigen Jahren teil, seit junge Frauen das organisieren. Zum Familienverband habe ich allerdings ein etwas gespaltenes Verhältnis, weil man mich 1985 für einige Jahre ausgeschlossen hat.
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Von Schwerin: Darum war die gesamte Familie enttäuscht
Wie das?
Von Schwerin: Ich habe damals in Kreuzberg gelebt, und Freunde haben den Kontakt zu einem ihrer Freunde aus Ost-Berlin vermittelt, der in die BRD übersiedeln wollte. Den habe ich dann geheiratet. Und obwohl ich meinen Namen behalten habe, ging man im Familienverband davon aus, dass ich ihn abgeben würde. Und die von Schwerin’schen Gesetze sagten damals: Wenn du den Namen des Mannes annimmst, dann gehörst du nicht mehr zum Familienverband.
Das hat sich hoffentlich wieder geändert.
Von Schwerin: Ja, und ich bin dann später auch wieder eingetreten, weil das für meinen Vater ein schwerer Schlag war. Mein Vater und meine gesamte Familie sind damals auch ausgetreten, weil sie voll hinter mir standen.
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Aber das war keine Liebesheirat?
Von Schwerin: Absolut nicht. Das war eine politisch motivierte Aktion. Ich bin kein romantischer Mensch, aber in dem Fall passte das zu meiner Überzeugung. Wir haben das Spiel vorgespielt, dass wir verliebt waren. Ein halbes Jahr später konnte dieser Mann übersiedeln. Zwei Jahre später waren wir geschieden, und prompt fiel kurz danach die Mauer.
Von Schwerin: „Die Grenzsoldaten haben mir gratuliert“
Sie haben das auch nicht bereut?
Von Schwerin: Nein, denn es war sehr spannend, die DDR kennenzulernen. Ich habe mich in der Ostberliner Theaterwelt mit ihren Stammkneipen wohlgefühlt, weil das etwas Ländliches an sich hatte. Am Übergang Oberbaumbrücke–Warschauer Straße haben mich die Grenzsoldaten immer namentlich begrüßt, und als ich am Tag der Hochzeit im Petticoat hinüberging, haben sie mir gratuliert. Nicht dass ich diesen Unrechtsstaat verherrlichen möchte, aber es gibt so viele Bilder, die sich in mein Gehirn eingebrannt haben. Zum Beispiel auch Weihnachten im verschneiten Erzgebirge.
Sie sprachen von Ihrer Reiselust. Suchen Sie immer noch nach ungewohnten Eindrücken?
Von Schwerin: Absolut. Das ist so bereichernd für mich.
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Was war Ihre spannendste Reise in der jüngeren Vergangenheit?
Von Schwerin: Vor zwei Jahren bin ich mit einer Reisegruppe mit zehn Beduinen und 17, 18 Kamelen durch den südlichen Sinai gewandert. Ich wollte immer mal in die Wüste, wobei der Sinai eine total vielfältige Natur hat – von Canyons bis weiten Sandflächen. Da gibt es so viele Erinnerungen – von dem köstlichen Essen, das unsere Begleiter für uns gekocht haben, über die Geschichten, die sie abends erzählten, bis hin zu ihrer unfassbaren Freundlichkeit.
Luxus brauchen Sie auf Ihren Reisen offensichtlich nicht?
Von Schwerin: Nein. In Europa bin ich im Landrover samt Dachzelt unterwegs. Das ist mein Fünfsterne-Hotspot.