Essen/Berlin. Kinder hingen aus dem Fenster, weil Flammen die Flucht versperrten. Sie sind teils schwerverletzt. Was war das Motiv des Tatverdächtigen?
- Ein Mann soll in Essen zwei Häuser in Brand gesetzt haben
- Danach fuhr er mit einem Lieferwägen in zwei Geschäfte
- Er hatte es wohl auf Menschen abgesehen, die seine Ex-Frau unterstützen
- 31 Menschen wurden durch die Feuer verletzt – zwei Kleinkinder schweben in Lebensgefahr
- Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um einen 41-jährigen Syrer
Essen hat „dramatische Stunden“ hinter sih. So fasst Oberbürger Thomas Kufen (CDU) das Chaos zusammen, das ein 41-Jähriger am Samstagnachmittag in der Ruhrgebietsmetropole hinterließ. Zunächst soll der Mann zwei Häuser in Brand gesteckt haben, bevor er mit einem Lieferwagen in zwei Ladenzeilen raste. Im Gepäck hatte er eine Machete und ein Messer, wie auf Social-Media-Videos zu erkennen ist.
Wie die „Bild“ berichtet, wurde der Mann schon in der Vergangenheit gewaltätig gegenüber seiner Ex-Frau. Diese soll sich schließlich von ihm getrennt haben – auch mithilfe anderer. Der mumaßliche Täter hatte es demnach auf sie alle abgesehen. Sein Anwalt spricht zudem von einer psychischen Erkrankung. In Deutschland soll er als selbstständiger Hadwerker gearbeitet haben.
Die Folgen der Tat: 31 Verletzte, darunter auch Kinder, denen der Weg aus den Häusern auf die Straße durch brennende Treppenhäuser versperrt wurde. Die Feuerwehr war mit einem Großaufgebot im Einsatz, um die von den Flammen eingesperrten Bewohner aus ihren Wohnungen zu befreien.
Brandstiftung in Essen: 41-Jähriger hatte wohl privates Motiv
Die Polizei konnte noch am Abend den 41-jährigen Tatverdächtigen mit syrischer Staatsangehörigkeit in einem Hinterhof festnehmen, nachdem er mit seinem Auto in einen Gemüseladen gerast war.
Tags darauf schien sich die Motivlage herauszukristallisieren. Oberbürgermeister Kufen gab bekannt, dass sich die Taten „offensichtlich gezielt gegen eine Familie gerichtet“ habe. Die Polizei geht von einem privaten Motiv aus: „Erste Ermittlungen ergaben, dass das Motiv des 41-Jährigen war, dass seine Ehefrau sich von ihm getrennt hatte.“
Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul wird bei der Motivlage deutlich: Die Brandstiftungen in Essen sind „das Werk eines Mannes, welcher möglicherweise die Trennung seiner Ex-Frau nicht verkraftet hat“, sagte er gegenüber der dpa. „Reine familientragische Geschichte. Kampf gegen seine Frau um die Kinder – und wahrscheinlich eine psychische Störung“, resümiert der Anwalt des Beschuldigten, der ein politisches Motiv seines Mandanten ausschloss.
Polizei sicher: Vorsätzlich Brände gelegt, um Bewohner zu töten
Der Mann mit syrischer Staatsbürgerschaft ist laut Polizei bereits wegen Bedrohung und Sachbeschädigung in Erscheinung getreten. Geäußert habe sich der Mann zu den Tatvorwürfen bislang nicht. Ein Richter hat mittlerweile Haftbefehl erlassen.
Die Anschuldigungen wiegen schwer: Dem 41-Jährigen wird wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes verdächtigt. Mit Stichwaffen und Brandbeschleuniger sei er gezielt zu Wohnungen und Ladenlokalen in Essen gefahren, in denen Personen wohnten, die seine Ehefrau unterstützten. In den Mehrfamilienhäusern habe er vorsätzlich Brände gelegt, um die Bewohner zu töten und die Häuser durch den Brand zu zerstören.
Menschen hingen vor Eintreffen der Feuerwehr bereits aus den Fenstern
Dort ereigneten sich am Samstagnachmittag gegen 17 Uhr dramatische Szenen: Die Brände brachen kurz hintereinander in zwei Mehrfamilienhäusern in den Stadtteilen Altenessen und Stoppenberg aus. Die Feuerwehr musste die Menschen aus den Häusern teils über Leitern in Sicherheit bringen. Vor dem Eintreffen der Rettungskräfte hatten Nachbarn an einem der Häuser schon Bauleitern an die Wand gestellt. Diese seien aber zu kurz gewesen, sagte der Feuerwehrsprecher.
„Das hat aber dazu geführt, dass, als wir ankamen, schon Leute an den Fenstern hingen, Kinder rausgehalten haben.“ Die Lage sei „dramatisch“ gewesen. Die Feuerwehrleute hätten dann zunächst ein Sprungpolster ausgebreitet, das aber nicht zum Einsatz gekommen sei. Die Rettungskräfte waren mit einem Großaufgebot im Einsatz, in der Spitze mit 160 Einsatzkräften.
Zwei Kleinkinder schwebten zunächst in Lebensgefahr
Zwölf Menschen wurden beim ersten Brand, verletzt, darunter acht Kinder schwer. Ein zwei und ein vier Jähriges Kind schwebten zunächst in Lebensgefahr und wurden in Spezialkliniken gebracht. Über ihren Zustand gab es im Laufe des Sonntags keine weiteren Informationen. Bei dem zweiten Brand seien elf Menschen schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt worden. Alle Verletzungen seien durch Brandrauch entstanden. Bei Kleinkindern ist das besonders gefährlich, da ihre Lungen durch den heißen Rauch sofort stark geschädigt werden.
Essens Oberbürgermeister Kufen dankte Feuerwehr, Rettungskräften und Polizei für ihre sehr gute Arbeit. „Allen, die besonnen dabei unterstützt haben, den mutmaßlichen Täter zu stellen, danke ich für die Zivilcourage.“ Mehrere Männer hatten, teils mit Schaufel und Stangen in der Hand, den Täter gestellt und festgehalten, bis die Polizei eintraf.
mit dpa