Berlin. Das U-Boot implodiert auf dem Weg zum Wrack der „Titanic“. Ein früherer Top-Angestellter der Firma Oceangate erhebt schwere Vorwürfe.
„Haben zwei Gewichte fallen lassen“ – das war die letzte Nachricht, die die „Titan“ absetzte, bevor das U-Boot offenbar nur wenige Sekunden später auf seiner Expedition zum Wrack der „Titanic“ implodierte.
Bei dem Unglück im Juni 2023 waren fünf Menschen getötet worden. Eine Anhörung zu dem Unglück vor der höchsten Instanz der US-Küstenwache brachte bereits am Montag neue Erkenntnisse über die letzten Momente an Bord der „Titan“ ans Licht.
Oceangate: Früherer Top-Angsestellter packt über Missstände aus
Am Dienstag sagte David Lochridge aus, der frühere Direktor für Marine-Operationen von Oceangate, jenem Unternehmen, das das U-Boot gebaut und die Expedition organisiert hatte. Der Gründer und Chef der Firma, Stockton Rush, war bei dem Unglück ebenfalls ums Leben gekommen.
Lochridge sagte, dem Unternehmen sei es nur darum gegangen, Geld zu machen und habe sehr wenig für die Wissenschaft geleistet. Doch Lochridge griff nicht nur seinen früheren Arbeitgeber an. Er warf der zuständigen US-Behörde OSHA vor, seine Warnungen ignoriert und Oceangate nicht unter die Lupe genommen zu haben. „Diese Tragödie hätte vielleicht verhindert werden können.“
Rush feuerte Lochridge nach Kritik
Lochridge war gefeuert worden, nachdem er sich mit Oceangate-Chef Rush wegen massiver Sicherheitsbedenken angelegt hatte. Monate später habe er die Behörden eingeschaltet. „Das war alles Schall und Rauch“, sagte er über die Praktiken des Unternehmes. Schon zuvor habe es bei Expeditionen Probleme gegeben.
Die Aussichtsscheibe der „Titan“ sei nur für eine Tiefe bis 1000 Meter konstruiert gewesen. Der Hersteller habe deswegen gewarnt und angeboten eine Scheibe zu entwickeln, die der nötigen Tiefe von 4000 Metern Stand halten würde, doch auch das habe Oceangate abgetan. Die Passagiere seien darüber nie in Kenntnis gesetzt worden.
Die Menschen, die an dem Boot gebaut hätten, seien gerade frisch von der Universität gekommen oder hätten diese noch gar nicht besucht gehabt. Niemand habe Erfahrung mit dem Bau von U-Booten gehabt. Die Vision von Rush sei es gewesen, Kunden einen Playstation-Controller in die Hand zu drücken und sie binnen einer Stunde zum U-Boot-Kapitän zu machen. „Das funktioniert so nicht.“ Es ein nur darum, möglichst schnell Umsätze zu generieren, zumal einige Kunden schon Anzahlungen geleistet hatten.
Untergang der „Titan“: Schwere Anschuldigungen gegen U-Boot-Unternehmen
Angehörige eines Opfers an Bord des U-Bootes haben eine Klage gegen Oceangate angestrengt. Sie glauben, dass die letzte Nachricht ein Hinweis darauf sei, dass die „Titan“-Insassen bemerkt hätten, dass etwas nicht stimmte. Dass die Crew etwa 90 Minuten nach dem Start des Tauchgangs hin zur „Titanic“ versucht habe, die Mission abzubrechen.
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Bei der Anhörung waren bereits andere Ex-Mitarbeiter der Firma Oceangate zu Wort gekommen. Der frühere Chefingenieur der Firma, Tony Nissen, erhob dabei ebenso schwere Anschuldigungen gegen seinen früheren Arbeitgeber. Er sei 2019 gefeuert worden, weil er sich geweigert habe, grünes Licht für eine Expedition zu geben. Er habe mit Rush hinter verschlossenen Türen gestritten. „Er kämpfte dafür, was er wollte und ist keinen Inch davon abgerückt“, sagte Nissen.
Insassen sahen Unglück wohl nicht kommen
Tym Catterson, der als Auftragnehmer ebenfalls am Bau des Bootes beteilgt war, sagte, er habe nicht weniger als ein Dutzend Mal, seine Bedenken hinsichtlich der Carbon-Hülle des Bootes gegenüber Rush geäußert. „Ich habe gesagt, dass meine Zahlen nicht mit seinen Zahlen übereinstimmen“, so Catterson. Rush habe nur darauf verwiesen, dass seine Ingenieure das anders sehen würden. Der Fachmann glaubt, dass die Implosion so schnell von statten ging, dass die Insassen das Unglück nicht kommen sahen. „Sie hatten keine Ahnung, was auf sie zukommt.“
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Die frühere HR-Direktorin Bonnie Carl, die auch als Pilotin des U-Bootes vorgesehen war, sagte aus, sie habe gekündigt, nachdem Lochridge gefeuert wurde. Ohne ihn habe sie kein Vertrauen mehr in die Firma gehabt. Sie habe zudem miterlebt, wie junge Arbeiter Anfang 20 und jünger ohne Aufsicht an dem Boot rumgeschraubt hätten. Ihr sei klar geworden, dass Oceangate nicht der richtige Ort für sie sei.
Reiche Unternehmer waren an Bord der „Titan“
Die „Titan“ war Tage, nachdem das Signal zum Begleitschiff abgebrochen war, am Grund des Ozeans nur wenige Hundert Meter entfernt vom Wrack der „Titanic“ gefunden worden. Das waren die fünf Todesopfer:
- der britische Abenteurer und Milliardär Hamish Harding (58)
- der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood (48)
- Dawoods 19-jähriger Sohn Suleman
- der französische Wissenschaftler Paul-Henri Nargeolet (77)
- und der Chef der Betreiberfirma Oceangate, Stockton Rush (61)