Berlin. Über dem Nordpol bilden sich gigantische Wirbelstürme aus Polarlichtern. Zu den „Space-Hurrikans“ gibt es jetzt neue Erkenntnisse.

In der bis zu 10.000 Kilometer hohen Erdatmosphäre spielen sich einzigartige Phänomene ab. Während in der untersten Schicht Gewitter, Tornados und Schneestürme wüten, dominieren in der oberen Schicht geladene Teilchen wie Elektronen und positive Ionen. In der Ionosphäre, die in rund 80 Kilometern Höhe beginnt, zeigt sich die Strahlung der Sonne in Form von Polarlichtern. Hier entdeckten Wissenschaftler die Existenz von Hurrikans im erdnahen Weltall.

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Mehr als 100 Jahre nachdem der norwegische Physiker Kristian Birkeland dem Geheimnis der Polarlichter auf die Spur gekommen war, beschrieben erstmals 2021 Forscher in einer Studie die „Space-Hurrikans“. Wie bei Polarlichtern reagieren von der Sonne ausgestrahlte Teilchen mit Atmosphärengasen wie Sauerstoff oder Stickstoff und erzeugen farbige Lichtblitze. Bei den „Space-Hurrikans“ bildet sich für einige Stunden eine wirbelartige Struktur aus Plasma, eine Mischung aus den geladenen Teilchen und Gasen.

„Space-Hurrikans“ reichen bis zu 50.000 Kilometer in das Weltall

Dabei verhält sich der „Weltall-Wirbelsturm“ ähnlich wie ein echter Hurrikan. Starke Aufwinde und sogar Regen aus Elektronen gibt es in diesem Spektakel der Ionosphäre. In der Mitte des bis zu 2700 Kilometer breiten „Space-Hurrikans“ sitzt ein ruhiges Sturmauge, das schnelle Winde aus Plasma umgeben. Bis zu 50.000 Kilometer hoch kann dieser leuchtende Trichter in das Weltall reichen.

Der Nebel aus Polarlichtern wurde allerdings lange nur über dem Nordpol gesichtet. Durchschnittlich zwölfmal pro Jahr, vor allem nachmittags im Sommer, erschien er über der Nordhalbkugel. Eine Kombination aus schwachem Sonnenwind und die Ausrichtung der magnetischen Nordpole von Sonne und Erde bewirkt, dass sich die normalerweise länglichen Polarlichter auf einen engen, rotierenden Punkt über dem magnetischen Nordpol konzentrieren. Jetzt konnten die Forscher der originalen Studie erstmals „Space-Hurrikans“ über der Südhalbkugel nachweisen.

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Wirbelsturm aus Polarlichtern taucht auch über dem Südpol auf

In der im Fachmagazin „Journal of Geophysical Research“ erschienenen Untersuchung beschreiben die Forscher ähnliche Eigenschaften der Polarlichter in der südlichen Hemisphäre. Anhand von Satellitenbildern identifizierten sie zwischen 2005 und 2016 insgesamt 259 „Space-Hurrikan“-Ereignisse.

Grafische Darstellung eines „Space-Hurrikans“
Grafische Darstellung eines „Space-Hurrikans“ © nature communications / Zhang et al., 2021

„Space-Hurrikans“ treffen die Südhalbkugel am häufigsten im Sommer, möglicherweise aufgrund der magnetischen Neigung des Planeten und der starken Sonneneinstrahlung. Wie die Nordstürme ereignen sie sich am häufigsten nahe am Pol über der Antarktis, sodass die Wahrscheinlichkeit, einen Space-Hurrikan zu beobachten, gering ist.

Die Studie ergab auch, dass die durchschnittliche Plasmageschwindigkeit in der Nähe von Weltraumhurrikans etwa 1 Kilometer pro Sekunde beträgt (ganze 3600 Kilometer pro Stunde). Dies sei etwa zehnmal schneller als die normale Plasmageschwindigkeit in der Polkappe, sagten die Autoren.

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Ionosphäre ist entscheidend für Funkkommunikation

Diese Ionosphäre, in der die Sonnenwinde mit dem Erdmagnetfeld reagieren, erstreckt sich bis in 1000 Kilometer Höhe. Die Ebene spielt in der Erdatmosphäre eine entscheidende Rolle bei der Ausbreitung von Radiowellen, da sie diese reflektieren oder brechen kann, was weltweite Funkkommunikation ermöglicht.

Die Ionosphäre ist in mehrere Unterregionen unterteilt die sich je nach Tageszeit und Sonnenaktivität verändern. Während des Tages ist die Ionisierung stärker, was zu besseren Kommunikationsbedingungen führt. In der Nacht hingegen nimmt die Ionisation ab, wodurch sich die Reflexionsbedingungen ändern.

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