Jakarta/Berlin. Indonesiens Hauptstadt Jakarta versinkt – und wird 1300 Kilometer weiter neu gebaut. Wie sehr der Plan hinkt, zeigt die verpatzte Einweihung.

Jakarta, die Hauptstadt Indonesiens, versinkt. Die Millionenmetropole ist – im wahrsten Sinne des Wortes – dem Untergang geweiht. Gründe dafür sind der sumpfige Untergrund und der steigende Meeresspiegel infolge des Klimawandels. Zudem gibt der Boden nach, weil viele Bewohner selbst für ihr Trinkwasser sorgen müssen und dafür das Grundwasser anzapfen. Die Folge: Während das Meer steigt, sinken Teile der Stadt um bis zu 25 Zentimeter pro Jahr.

Die Lösung von Präsident Joko Widodo: Die Stadt soll umziehen, oder zumindest Teile davon. Auf der Insel Borneo soll mit Nusantara eine moderne, grüne und nachhaltige Metropole entstehen, mehr als 1300 Kilometer entfernt. Fast zwei Millionen Menschen aus Jakarta sollen bis 2045 dorthin umsiedeln. Die ersten ursprünglich noch in diesem Jahr. Ein Mammutprojekt, bei dem es schon früh Probleme gab.

Jakarta, Indonesiens Hauptstadt, versinkt im sumpfigen Untergrund. Mehr als zehn Millionen Menschen leben dort.
Jakarta, Indonesiens Hauptstadt, versinkt im sumpfigen Untergrund. Mehr als zehn Millionen Menschen leben dort. © AFP | BAY ISMOYO

Indonesien: Jakarta versinkt, Arbeiten für neue Hauptstadt verzögern sich

Mit den Arbeiten für Nusantara wurde 2022 begonnen. Mehr als 34 Milliarden Euro soll das Projekt kosten. Allerdings will Indonesien nur 20 Prozent der Kosten tragen. Die übrigen 80 Prozent zur Finanzierung sollten von ausländischen Investoren kommen. Doch genau da liegt der Knackpunkt. Denn die Investoren zögern.

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Für den Bau fehlen Milliarden – und ausländische Investoren

Längst räumte Präsident Joko Widodo ein, dass es keinen einzigen ausländischen Investor gebe, der Geld in die Planstadt auf Borneo investiert habe. Das mangelnde Interesse der Investoren hat offenbar schon jetzt Folgen, denn Indonesien hat Finanzierungsprobleme. Deshalb wolle er jetzt auf inländische Investoren setzen, sagte Widodo kürzlich.

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Immerhin: Die Regierung tagte erstmals in der neuen Hauptstadt. Aus der bombastischen, für den 17. August, dem Nationalfeiertag Indonesiens, geplanten offiziellen Eröffnung Nusantaras wurde nichts. Zwar wurde die neue Hauptstadt eingeweiht, aber Tausende Gäste mussten aus Mangel an Unterkünften ausgeladen werden.

Indonesiens neue Hauptstadt: Regenfälle für Verzögerungen verantwortlich?

Auch der Regierungssitz ist noch nicht fertig. Die Arbeiten sind in vollem Gange, das zeigen aktuelle Bilder. Präsident Widodo machte offiziell schwere Regenfälle für die Verzögerungen verantwortlich. Aber, die Nervosität ist offenbar groß: Der Bauchef von Nusantara und sein Stellvertreter traten kürzlich zurück – ohne Angabe von Gründen.

Im Bau: Indonesiens Hauptstadt Nusantara. Sie soll bis 2045 fertig sein.
Im Bau: Indonesiens Hauptstadt Nusantara. Sie soll bis 2045 fertig sein. © AFP | YASUYOSHI CHIBA

Mit Basuki Hadimuljono, Minister für öffentliche Projekte und Wohnungsbau, wurde schnell ein Nachfolger gefunden. Danis Sumadilaga, zuständig für die Errichtung der Infrastruktur in Nusantara, beschwichtigt: „Das ist die erste Stufe eines bis 2045 dauernden Projekts für die nächste Generation“, sagte Sumadilaga der Nachrichtenagentur AFP. Man sei im Plan, es gebe keine Krise.

Indonesiens Präsident wird im Oktober abgelöst – Nusantara ist sein Vermächtnis

Allerdings hatte Präsident Widodo noch im Juli den geplanten Umzug seines Büros nach Nusantara verschoben. Sobald die Strom- und Wasserversorgung vor Ort fertig seien, werde man umziehen, sagte er. Die rund 6000 Beamten sollen laut Medienberichten nicht im August, sondern wohl erst im September oder Oktober folgen.

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Das alles wird für Widodo zum Wettlauf gegen die Zeit. Denn im Oktober übernimmt der neugewählte Präsident Prabowo Subianto das Amt. Widodos Nachfolger gilt als weitaus weniger euphorisch, was Nusantara angeht. Der zukünftige Präsident erklärte allerdings, er wolle das Projekt fortführen. Subiantos Fokus liege eher auf der Außenpolitik.

Probleme von Jakarta sollen sich nicht wiederholen

Das Projekt ist ambitioniert: Nusantara soll die erste Stadt in Indonesien werden, die bis 2045 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien versorgt wird. 75 Prozent Fläche sollen als Wald bestehen bleiben. Experten halten den Zeitplan allerdings laut Medienberichten für unrealistisch.

Indonesiens Präsident Joko Widodo zeigt Journalisten den zukünftigen Präsidentenpalast von Nusantara.
Indonesiens Präsident Joko Widodo zeigt Journalisten den zukünftigen Präsidentenpalast von Nusantara. © AFP | HANDOUT

Trotz der geplanten Klimaneutralität kritisieren Umweltschützer das Projekt. Borneo sei einer der letzten Rückzugsorte für viele bedrohte Tierarten. Die Stadt entstehe zudem auf Wäldern im Staatseigentum. Der sprunghafte Anstieg der Bevölkerung dort werde die natürlichen Ressourcen zusätzlich belasten, heißt von der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

Hinzu kommt: Die Probleme der aktuellen Hauptstadt wird Nusantara nicht lösen können. Zum Anstieg des Meeresspiegels und dem Absinken des Untergrunds kommen Luftverschmutzung und Verkehrschaos. Jakarta hat mehr als zehn Millionen Einwohner. Die Metropolregion ist mit mehr als 35 Millionen Menschen die zweitgrößte der Welt nach Tokyo. Klar ist: Nicht alle Bewohner werden nach Nusantara umziehen können – oder wollen.

Der neue Standort hat derweil offensichtliche Vorteile gegenüber Jakarta. Borneo ist laut Präsident Widodo sicherer als Java, die Insel, auf der Jakarta liegt. Das Risiko von Überschwemmungen, Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen sei deutlich geringer, heißt es.