Berlin. Medizin ist eine Erfindung der Menschen? Offenbar nicht! Denn laut einer neuen Studie verwenden auch Schimpansen Heilpflanzen.
Von wegen dumm wie ein Affe: Schimpansen konsumieren offenbar gezielt Pflanzen mit heilenden Eigenschaften, um Krankheiten und Verletzungen zu behandeln. Das ist das Ergebnis einer Studie, die im Fachjournal PLOS ONE veröffentlicht wurde. Sie beleuchtet das erstaunliche Verhalten der Primaten im afrikanischen Budongo Central Forest Reserve in Uganda.
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Bewusste Selbstmedikation von Schimpansen?
Viele Pflanzen produzieren Verbindungen, die heilende Wirkungen auf Menschen und Tiere haben. Nun zeigt sich: Wilde Schimpansen fressen verschiedene Pflanzen, darunter auch solche, die zwar wenig Nährwert, aber möglicherweise heilende Eigenschaften besitzen. Bisher war es jedoch schwierig zu bestimmen, ob Schimpansen sich gezielt selbst behandeln, indem sie Pflanzen mit spezifischen Heilwirkungen suchen, oder ob sie diese Pflanzen zufällig konsumieren.
Um dieser Frage nachzugehen, kombinierte ein Forscherteam Verhaltensbeobachtungen von wilden Schimpansen mit pharmakologischen Tests der möglicherweise heilenden Pflanzen, die sie fressen. Sie beobachteten das Verhalten und die Gesundheit von 51 Schimpansen aus zwei Gemeinschaften im Budongo Central Forest Reserve in Uganda.
Untersuchungen zeigen: Gesammelte Pflanzen tatsächlich antibakteriell und entzündungshemmend
Nach der Beobachtung der Tiere sammelten die Forscher Pflanzenauszüge von 13 Baum- und Kräuterarten im Reservat, die sie verdächtigten, von den Schimpansen zur Selbstmedikation genutzt zu werden. Dazu gehörten Pflanzen, die kranke oder verletzte Schimpansen aßen, obwohl sie nicht Teil ihrer normalen Ernährung waren und Pflanzen, die in früheren Studien als potenziell heilend identifiziert wurden.
Dabei fanden sie heraus, dass 88 Prozent der Pflanzenauszüge antibakteriell und 33 Prozent entzündungshemmend wirken. Besonders Alstonia boonei, ein Baum, zeigte starke Wirkungen. Auch in ostafrikanischen Gemeinschaften wird diese Pflanze medizinisch verwendet. Rinde und Harz von Khaya anthotheca, eine Pflanzenart in der Familie der Mahagonigewächse, sowie Blätter von Christella parasitica, eine Farnart, wirken zudem stark entzündungshemmend. Die Schimpansen nutzen diese Pflanzen gezielt zur Schmerzlinderung und Behandlung von Infektionen.
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Untersuchung wichtig für Forschung künftiger Medizin
Die Hauptautorin Dr. Elodie Freymann von der School of Anthropology & Museum Ethnography der Universität Oxford betont: „Um die Selbstmedikation wilder Schimpansen zu untersuchen, muss man wie ein Detektiv vorgehen – multidisziplinäre Beweise sammeln, um ein Gesamtbild zu erstellen. Nach monatelanger Feldarbeit, in der wir Verhaltenshinweise sammelten, die uns zu bestimmten Pflanzenarten führten, war es aufregend, die pharmakologischen Ergebnisse zu analysieren und festzustellen, dass viele dieser Pflanzen hohe Bioaktivitätsniveaus aufwiesen.“
Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch antibiotikaresistente Bakterien und chronische Entzündungskrankheiten weisen die Forscher darauf hin, dass die Heilpflanzen im Budongo Central Forest Reserve zur Entwicklung wertvoller neuer Medikamente beitragen könnten.