Wolmirstedt. Erst erstach er einen 23-Jährigen, dann ging er auf Feiernde bei einer EM-Party los. Schüsse der Polizei stoppten ihn schließlich.
- In Wolmirstedt nahe Magdeburg (Sachsen-Anhalt) hat ein Mann bei einer EM-Party mehrere Menschen attackiert
- Der 27-jährige Angreifer wurde durch Schüsse der Polizei tödlich verletzt
- Vor der Tat auf der EM-Party hatte der Angreifer einen weiteren Mann erstochen
Der 27-Jährige, der in Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt einen 23 Jahre alten Mann tötete und später mehrere Menschen auf einer EM-Gartenparty mit einem Messer verletzte, war den Behörden zuvor nicht wegen schwerer Vergehen bekannt. Das sagte Andreas Krautwald, Direktor der Polizeiinspektion Stendal, bei einer Pressekonferenz am Sonntag. Der Mann wohnte in Stendal und hielt sich lediglich in Wolmirstedt auf, berichtete Krautwald weiter. Der gebürtige Afghane sowie sein 23-jähriges Opfer, ebenfalls Afghane, lebten schon länger in Deutschland. Details müssten noch ermittelt werden.
Es liegen laut Krautwald noch keine Obduktionsergebnisse oder toxikologischen Gutachten vor, die Rückschlüsse darauf geben könnten, ob der Täter etwa während der Tat unter Drogen gestanden habe.
Der 27-jährige Afghane hatte am Freitagabend erst den 23-jährigen Landsmann getötet. Anschließend lief er laut Polizei ziellos durch die Stadt, bevor er auf der Party kurz nach dem Anpfiff des EM-Eröffnungsspiels eine 50-Jährige und einen 75-Jährigen schwer sowie einen 56 Jahre alten Mann leicht verletzte. Wenig später wurde der Angreifer von alarmierten Beamten erschossen, als er auch diese attackierte.
Die Opfer der Attacke hatten sich im Hof getroffen, unter anderem um das EM-Spiel Deutschland gegen Schottland zu sehen. Zum Angriff kam es laut Polizei kurz nach dem Anpfiff gegen 21 Uhr. Wenig später wurde der Mann von alarmierten Beamten erschossen, als er auch diese attackierte. Zu dem tödlichen Angriff im Vorfeld war es in einem nicht weit entfernten Mehrfamilienhaus in einer Plattenbausiedlung gekommen.
Angriff in Sachsen-Anhalt: Täter irrte ziellos umher
Medienberichten zufolge soll es sich bei der Tatwaffe um ein Messer handeln. Laut „Bild“ waren die beiden Männer in Streit geraten. Hintergründe zu Tat und Motiv waren zunächst unbekannt, laut Polizei gab es zunächst keine Hinweise auf eine religiös motivierte Tat.
Nach dem tödlichen Angriff auf den 23-Jährigen soll sich der 27-Jährige laut Polizei „ziellos“ durch Wolmirstedt bewegt haben. Die rund 12.000 Einwohner zählende Kleinstadt liegt nördlich von Magdeburg. Wie die „Magdeburger Volksstimme“ schreibt, hatte der Angreifer auch in einer Kleingartenanlage Menschen mit einem Messer bedroht. Augenzeugen informierten die Polizei.
Als wenig später die alarmierten Beamten eintrafen, griff der 27-Jährige auch diese mit dem messerähnlichen Gegenstand an, zwei Polizisten machten von der Schusswaffe Gebrauch. Der Mann starb wenig später im Krankenhaus. Gegen die Polizisten, die auf den Angreifer geschossen haben, sei – wie in Fällen von polizeilichem Schusswaffengebrauch üblich – ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.
Nachbarn halten Schüsse für Böller: „Der Schock sitzt bei uns noch ziemlich tief“
Die dramatischen Minuten bekam auch die Nachbarschaft in der als ruhig geltenden Einfamilienhaussiedlung mit. „Der Schock sitzt bei uns noch ziemlich tief“, sagte ein Ehepaar. Am Abend habe das Paar selbst Fußball geschaut, als sie zwei Schüsse hörten. „Das zweite Tor war gerade gefallen, wir dachten, dass jemand vor Freude einen Böller losgelassen hat“, sagte der Mann. Als sie aus dem Fenster schauten, hätten sie den Rettungsdienst gesehen und einen Mann, der in der Nähe der Auffahrt gelegen habe.
Auch in der nicht weit entfernten Plattenbausiedlung zeigten sich Anwohner am Samstagmorgen bestürzt. Eine Frau aus einem Nachbarblock diskutierte mit Bekannten über das Geschehen, als sie den Müll wegbringt. Ihre Anteilnahme ist groß, nicht nur, weil sie hier wohnt. Ihr Enkel sei als Polizist bei dem Einsatz dabei gewesen, sagte die Frau. „Ich kriege eine Gänsehaut nach der anderen.“ Eine andere Frau sagte, „ganz schrecklich“ sei das.
Innenministerin über Messerattacke von Wolmirstedt: „Entsetzt über schrecklichen Angriff“
Auch Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang reagierte bestürzt. „Ich bin zutiefst entsetzt über den unberechenbaren und schrecklichen Angriff. Meine Gedanken sind bei den Opfern und allen Beteiligten, die nicht nur körperliche, sondern auch psychische Schäden davontragen“, sagte die CDU-Politikerin am Samstagnachmittag. Die Innenministerin verwies darauf, dass die Polizeipräsenz im Land nach dem Vorfall erhöht wurde. Zudem liefen „umfangreiche und konzentrierte“ Ermittlungen.
Der Fall weckt Erinnerungen. Ende Mai hatte ein Geflüchteter aus Afghanistan in Mannheim den Polizisten Rouven L. mit einem Messer schwer verletzt. Der 29-Jährige hatte Menschen helfen wollen, die von dem Angreifer bedroht worden waren. Schließlich erlag der Polizist seinen Verletzungen.
pcl/mit dpa