Am Supervulkan bei Neapel hebt sich der Boden, alleine im April gab es 700 Erdbeben. Wie gefährlich sind die Phlegräischen Felder?

Mit jedem Erdbeben wächst die Angst der Bewohner von Neapel. Die Aktivitäten des Supervulkans Campi Flegrei, in Deutschland auch Phlegräische Felder genannt, bringen die Italiener um ihren Schlaf. Die Millionenstadt Neapel liegt nur elf Kilometer Luftlinie von der unterirdischen Gefahr entfernt. Erst am Montag erfassten Messgeräte Erdstöße von einer Stärke 3,9 in der direkt auf dem Vulkan liegenden Stadt Pozzuoli.

Hier stinkt die Luft nach faulen Eiern, vom nahen Kraterfeld weht Wasserdampf mit Kohlendioxid und Schwefel herüber. Für die Anwohner ist das eigenlich nichts Ungewöhnliches. Die Campi Flegrei gelten eigentlich als beliebtes Ausflugsziel. Was die Menschen beunruhigt, sind die scheinbar nicht aufhören wollenden Erdbeben. In den vergangenen Monaten ist es deutlich ruhiger geworden, doch nun nehmen die Erdstöße wieder zu. Sind das etwa Anzeichen für einen bevorstehenden Ausbruch des Supervulkans?

Rund 700 kleine und mittlere Erdbeben registrierten die Forscher vom Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologien (INGV) alleine im April diesen Jahres. Davon erreichten 128 Beben mindestens eine Stärke von 1,0 auf der Richterskala. Selbst als die Felder 2023 in den Monaten August bis Oktober einen sprunghaften Anstieg ihrer Aktivitäten aufwiesen, rumorte es nicht so häufig wie jetzt. Ein neuer Höhepunkt scheint also erreicht.

Phlegräische Felder: Erdschichten heben sich Monat für Monat

Damit stellen weder der Ätna auf Sizilien, noch der Vesuv in Neapel die größte vulkanische Gefahr in Europa dar: es sind die Phlegräischen Felder. Der Supervulkan besteht nicht aus einem einzigen Krater, sondern aus einem riesigen Vulkanfeld. Bei einem vollständigen Ausbruch würden sich seine fast 200 Quadratkilometer Fläche in ein brodelndes Lavafeld verwandeln.

Neben den Erdbeben stellen die Wissenschaftler vom INGV auch eine deutliche Hebung der Erdschichten fest. Am Messpunkt mit der deutlichsten Hebung hob sich in den vergangenen Monaten der Boden um einen Zentimeter. Innerhalb von 15 Tagen im April seien es sogar 2 Zentimeter gewesen. Das mag nicht nach viel klingen, ist aber in solch einer kurzen Zeit äußerst ungewöhnlich.

NameCampi Flegrei (Phlegräische Felder)
LageWestlich von Neapel, Italien
TypSupervulkanische Caldera
Bedeutende EruptionenCampanian Ignimbrite (vor 39.000 Jahren), Neapolitan Yellow Tuff (vor 15.000 Jahren)
Größe13 km breit
Historische BedeutungZwei massive Eruptionen führten zum Kollaps der Caldera

In ihrem jüngsten Wochenbericht zeigt sich das INGV jedoch wenig besorgt. Es gebe „keine Anhaltspunkte, die auf signifikante kurzfristige Entwicklungen hindeuten“, zitiert der „MDR“ aus dem Bericht. Demnach deuten weder Hitze- noch Kohlendioxid-Messungen auf einen baldigen Ausbruch der Phlegräischen Felder hin.

Lesen Sie dazu:Supervulkan in Italien & Co.: Neue Analyse weckt Zweifel

Supervulkan bei Neapel hat enorme Sprengkraft

Vor 39.000 Jahren waren die Phlegräischen Felder der Schauplatz der größten vulkanischen Eruption der letzten Hunderttausend Jahre auf dem europäischen Kontinent. Damals wurde in weiten Teilen des heutigen Süditaliens fast alles Leben vernichtet. Die Asche flog bis aufs Gebiet des heutigen Russlands. Aus diesen Zeiten hat die Bezeichnung Supervulkan für die Campi Flegrei ihre Berechtigung. Supervulkane zeichnen sich durch eine besonders große Magmakammer und enorme Gewalt aus: Anders als normale Vulkane explodieren sie regelrecht.

Der letzte Ausbruch auf den Campi Flegrei fand 1538 statt. Zuvor hatte sich der Boden über einen Zeitraum von 70 Jahren durch Magmaschübe nach und nach um mehrere Meter angehoben. So ist das Szenario auch heute: Seit sieben Jahrzehnten wölbt sich der Boden wieder. In Pozzuoli erkennt man das daran, dass die Kaimauer im Hafen um ein paar Meter höher liegt als früher: Die Fischer haben Schwierigkeiten, sie von ihren Booten aus zu erreichen.

Lesen Sie auch: Saudi-Arabien: 7000 Jahre menschliches Leben in Vulkanhöhle

Pläne sehen massive Evakuierung im Falle eines Vulkanausbruchs vor

Aber ob es überhaupt zu einem Ausbruch des Supervulkans kommen – und wann dieser passieren könnte – ist derzeit unklar. Es ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass sich die gegenwärtige bradyseismische Krise wieder auflöse. So wie es schon einmal in den 80er Jahren geschah, als sich wie auch jetzt die Erde anhebte und Zehntausende Menschen aus ihren Häusern evakuiert werden mussten. Sie konnten wieder in ihre Häuser zurückkehren, als sich die Lage beruhigt hatte.

Behörden planen, die Bevölkerung rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. 48 Stunden müssen im Falle eines Katastrophenfalls ausreichen, um mehr als 360.000 Menschen zu evakuieren, die in der unmittelbaren Gefahrenzone leben. Experten halten das für ein gewagtes Unterfangen. Sie warnen, dass womöglich längst nicht alle Menschen aus der Todeszone des Vulkans gerettet werden könnten.

Seit 2012 gilt in der Region Alarmstufe Gelb und damit erhöhte Wachsamkeit. Nach den vielen Beben der letzten Monate wird nun spekuliert, dass sie demnächst auf Orange angehoben wird. Der Zivilschutzminister der italienischen Rechtsregierung, Nello Musumeci, deutete das bereits an. Beschlossen wurde in Rom schon, dass der Katastrophenschutz für die Campi Flegrei Mittel in Höhe von 52 Millionen Euro zusätzlich bekommt

.