Berlin. Christina Stürmer war immer klar, dass sie auf Deutsch singen wollte. Das hielten aber nicht alle für eine gute Idee. Die Sängerin im Interview.
Christina Stürmer ist die wohl erfolgreichste österreichische Pop-Rock-Sängerin im deutschsprachigen Raum. Bei der Castingshow „Starmania“ im Jahr 2003 fing alles an, seitdem hat die 41-Jjährige Linzerin mehr als 1,9 Millionen Tonträger verkauft. Auch der Soundtrack zur RTL-Serie „Alles was zählt“ stammt von ihr und bei „The Masked Singer“ begeisterte sie auch schon.
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Bereits 2023 gab Christina Stürmer anlässlich ihres 20-jährigen Bühnenjubiläums zwei „MTV Unplugged“-Konzerte. Ihre Fans können sich nun über ein weiteres Festgeschenk freuen: Am 15. März erscheinen die Konzerte als Album, die erste Singleauskopplung, „Ein halbes Leben“, ist gerade rausgekommen. Im Interview blickt Stürmer auf ihre Karriereanfänge zurück und erklärt, wieso sie anfangs von manchen Fans genervt war und warum ihre beiden Töchter im Auto nicht unbedingt die Musik ihrer Mutter hören wollen.
Mit Ihrem „MTV Unplugged“-Album und dem aktuellen Song „Ein halbes Leben“ ziehen Sie ein biografisches Fazit. Hätten Sie rückblickend einen Rat für ihr junges Ich?
Christina Stürmer: Eigentlich würde ich sagen: „Mach alles genau so“. Mit 20 habe ich in einer Buchhandlung gearbeitet und am Wochenende Musik mit meiner Band gemacht. Eine Kollegin verwies mich auf eine Castingshow – damals wusste noch niemand, was das war. Sie meinte: „Du singst ja so gerne und wir finden deine Stimme so toll, da kann dir eine Fachjury Feedback geben.“ So bin ich in der Mittagspause hinüber gelatscht und habe ein Lied vorgetragen, das die Leute gar nicht kannten. Dann war ich jeden Freitag im österreichischen Fernsehen zu sehen, aber nachdem ich Zweite geworden war, dachte ich, dass ich in die Buchhandlung zurückgehe. Ich hatte nicht gewonnen, und alles war vorbei.
Aber dann nahm ich meine erste Single „Ich lebe“ auf und alles ging durch die Decke. Diese mangelnde Verbissenheit und der Unglauben, dass ich wegen dieser Castingshow die große Karriere mache, haben mir sehr geholfen. Ich wollte unbedingt auf Deutsch singen, und die Leute meinten, das wäre doof. Aber ich hatte einen gewissen Dickschädel und meinte: Wenn ich nicht Deutsch singen darf, dann mache ich das nicht. Ich habe ja meinen Job.
Christina Stürmer: Habe gelernt, mit meinem Beruf umzugehen
Gibt es einen Teil von Ihnen, der gerne noch in der Buchhandlung stehen würde?
Stürmer: Mittlerweile nicht mehr, aber zu Beginn ganz oft. Es ging mir sehr auf den Keks, dass alle Fotos und Autogramme von mir wollten, auch wenn ich privat unterwegs war. Die Leute haben mir das Gefühl vermittelt: Wir haben dich groß gemacht und deshalb musst du alles tun, was wir wollen. Das fand ich uranstrengend. Ich lese immer noch total gerne, aber den Beruf möchte ich nicht mehr tauschen, denn ich habe gelernt, mit den ganzen Begleiterscheinungen umzugehen.
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Hat sich die Verbissenheit später noch bei Ihnen eingestellt?
Stürmer: Nein. Ich höre extrem auf meinen Bauch. Ich muss fein mit dem sein, was ich mache. Klar wünsche ich mir, dass mir alle das „MTV Unplugged“-Album aus den Händen reißen und die Tour ausverkauft ist, aber prinzipiell bin ich mit allem zufrieden, was ich mache.
Christina Stürmer über ihre Kinder: Wäre dagegen, wenn sie nur meine Musik hören
Sie haben inzwischen auch zwei Töchter. Setzen die beiden die wahren Prioritäten in Ihrem Leben?
Stürmer: Auf alle Fälle. Wir reden jetzt über meine Karriere, aber in 40 Minuten muss ich los, weil ich sie von Kindergarten und Schule abhole. Ihnen ist es total egal, ob ich jetzt Interviews gebe. Die wollen was zu Mittag essen und danach wollen sie spielen oder, dass ich mir mit ihnen die Hausaufgaben angucke. Das hilft einem total im Menschsein. Natürlich ist es anstrengend und man braucht eine gewisse Organisation, dass man alles unter einen Hut bringt – aber meine Töchter bereichern mein Leben so sehr. Gleichzeitig genieße ich es, wenn ich beruflich unterwegs bin und mich nur um mich selbst kümmern muss.
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Hören Ihre Töchter Ihre Musik?
Stürmer: Wenn ich aus beruflichen Gründen meine Musik höre, dann machen sie das auch gerne. Sie saugen alles wie ein Schwamm auf und schmettern die ganzen Texte heraus. Aber keine würde auf die Idee kommen, beim Autofahren zu sagen: „Können wir deine Musik hören?“ Sie lieben [die Band] Deine Freunde, die auch zu Gast bei „MTV Unplugged“ waren. Die laufen bei uns sehr viel. Ich wäre ohnehin dagegen, wenn sie nur meine Sachen hören, es gibt so viel Musik auf der ganzen Welt.
Christina Stürmer und ihr Partner: „Ich bin so dankbar“
Mit Kindern ist viel Verantwortung verbunden. 2019 haben Sie sich von Ihrer Plattenfirma getrennt und ein eigenes Label gegründet. Hatten Sie damals keine Bedenken?
Stürmer: Seltsamerweise nicht. Ich behalte es schon ein bisschen im Hinterkopf, dass ich nicht mehr nur auf mich selbst schaue, sondern auch darauf achte, dass es ein paar Leute gibt, die etwas von mir brauchen und wollen. Aber ich mache mir da keine so großen Sorgen. Ich habe über die Jahre ein gewisses Polster aufgebaut, und wir leben nicht in Saus und Braus.
Kurz nach der Gründung Ihres Labels begann die Corona-Pandemie. Wie kamen Sie als Künstlerin damit klar?
Stürmer: Ich war so dankbar, dass wir auf dem Land wohnen. Wir haben einen Garten und waren nie alleine. Ich habe meinen Lebenspartner, der bei mir in der Band spielt. Zusammen hatten wir viel Familienzeit mit unserer älteren Tochter, die damals dreieinhalb war. Und weil wir ein kleines Studio haben, konnten wir auch Musik machen. Wir haben nur das neue Album verschoben, mit dem wir eigentlich 2021 herauskommen wollten und für das wir schon ein paar Songs geschrieben hatten.
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Sie sind einmal mit Bon Jovi aufgetreten. Einer seiner bekanntesten Songs ist „Living on a Prayer“ über ein Paar, das alles gemeinsam durchsteht. Haben Sie für sich und Ihr Partner Oliver Varga das gleiche Gefühl?
Stürmer: Prinzipiell bin ich der Meinung, dass man gemeinsam immer stärker ist als alleine. Ich bin so dankbar, dass Oliver an meiner Seite ist. Und weil er auch den gleichen Beruf hat, macht das alles so viel einfacher. Wir ziehen gemeinsam an einem Strang, und er kann alles nachempfinden, was ich fühle.