Berlin. Der Bergdoktor-Darsteller spricht darüber, was ihn an der Politik stört, wie wichtig Hoffnung ist und über das Geheimnis seiner Ehe.

Für die Fernsehzuschauer beginnt wieder die Hans Sigl-Zeit. Am 31.12. ist er ab 20.15 Uhr als Moderator der Silvestershow zu erleben, ab dem 4. Januar beginnt die neue Staffel des „Bergdoktors“ (donnerstags ab 20.15 Uhr im ZDF). Aber auch wenn der 54-Jährige gerne für gute Laune sorgt, schottet er sich nicht vor dem Weltgeschehen ab. Zugleich setzt er auf die Macht der positiven Gefühle, die er nicht zuletzt in seiner Ehe stärkt.

Sie sind in der Vorweihnachtszeit mit Lesungen und Auftritten ganz schön ausgelastet. Haben Sie nicht das Bedürfnis, sich einfach mal zurückzulehnen und es sich gut gehen zu lassen?

Hans Sigl: Für mich sind diese Veranstaltungen ein schöner Jahresausklang. Ich kann ja Weihnachten trotzdem genießen. Was würde ich denn den ganzen Advent tun? – Zuhause sitzen und warten, bis das Christkind kommt? (schmunzelt) Insofern nutze ich die Zeit lieber und bereite anderen Menschen eine Freude. Das ist auch etwas, was mir gute Laune und Freude macht. Es sind wundervolle Momente, um mit den Leuten gemeinsam weihnachtlich zu werden.

Sie verbreiten auch mit der Silvestershow gute Stimmung. Im „Bergdoktor“ sind ebenfalls positive Gefühle angesagt. Aber die Zeiten, in denen Sie das tun, sind von schweren Konflikten erschüttert...

Sigl: Es wäre naiv, zu sagen, alles ist in Ordnung. Aber die Konflikte waren in den letzten Jahren schon abzusehen, und es hat in den letzten Jahren keine Lösungsansätze gegeben. So gesehen konnte man fast erwarten, dass es irgendwann dazu kommt. Man kann nur erstaunt sein, dass sich das Ganze derart heftig entwickelt. Wir haben gedacht, es wäre mit dem Antisemitismus nach dem Zweiten Weltkrieg vorbei, und jetzt werden wieder Geschäfte mit Davidsternen bemalt. Das ist grausam.

Hans Sigl: „Krieg ist das Absurdeste, was die Menschheit zu bieten hat“

Sie meinten in unserem letzten Gespräch, der „Bergdoktor“ sei so etwas wie ein kleines gallisches Dorf in dieser zerrissenen Welt. Hat sich dieses Gefühl verstärkt?

Sigl: Natürlich ist diese Serie für die Beteiligten eine Art von Komfortzone. Da versucht man, andere Geschichten abzubilden, die auch ihre Berechtigung haben, weil die Menschen ihre Auszeit brauchen. Aber im Team diskutieren wir sehr wohl diese gesellschaftlichen und politischen Themen. Wir bewegen uns nicht in einer Blase, in der man nichts mitbekommt.

Als „Dr. Martin Gruber“ steht Sigl seit 2008 als Bergdoktor vor der Kamera.
Als „Dr. Martin Gruber“ steht Sigl seit 2008 als Bergdoktor vor der Kamera. © ZDF | Erika Hauri

Wenn Sie selbst ein Krisengebiet besuchen könnten, würden Sie das machen wollen?

Sigl: Ich würde schon nah rangehen wollen, aber nicht in ein Kriegsgebiet. Denn Krieg ist das Absurdeste, was die Menschheit zu bieten hat. Wenn ich aber die Chance zu einer Reise aus humanitären Gründen hätte, könnte ich mir das vorstellen. Man hat mir beispielsweise angeboten, ein ukrainisches Krankenhaus zu besuchen und darüber zu berichten. Das hätte ich gerne gemacht, aber leider hat es aus Zeitgründen nicht geklappt.

Inwieweit gehen Sie auf diese Wirklichkeit in der Silvestershow ein?

Sigl: Das wäre die denkbar falsche Plattform, weltpolitisches Geschehen zu reflektieren. Wir versuchen darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig das Miteinander ist und dass man positiv aufeinander zugehen soll, aber innerhalb der Grenzen dieses Formats.

Sigl blickt auf das neue Jahr mit einem „etwas schaumgebremsten Gefühl“

Nachdem ja bei der Show verschiedenste Gesangsstars auftreten – gibt es einen Song, der aus Ihrer Sicht die beste positive Botschaft vermittelt?

Sigl: Mein Motto findet sich weiterhin in Lenny Kravitz‘ „Let Love Rule.“ Man kann auch John Lennon rauf und runter spielen. Ob es etwas nützt, steht auf einem anderen Blatt, aber man darf nicht aufhören, an die Hoffnung zu glauben.

Mit welchem Gefühl starten Sie jetzt ins Neue Jahr?

Sigl: Mit einem etwas schaumgebremsten Gefühl, weil die globale Situation eben nicht euphorisch ist. Persönlich bin ich aber positiv gestimmt, weil ich glaube, dass mir ein gutes Jahr bevorsteht. Und je älter man wird, desto wichtiger ist der Gedanke, gesund und dankbar zu bleiben.

Sigl: „Bei der Tagespolitik stört mich, dass immer noch parteipolitisch gerangelt wird“

Laut Ihrer Instagram-Seite lesen Sie gerade Christoph Peters‘ Politsatire „Der Sandkasten“. Spiegelt die Ihre Sicht der Politik wider?

Sigl: Wie schon gesagt, ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich alles zum Guten wendet. Bei der Tagespolitik stört mich, dass hier immer noch parteipolitisch gerangelt wird, wo man sich gemeinsam um wichtige Themen kümmern müsste. Ich würde gerne den alten Herren der Politik dieses „Aufeinander mit dem Finger zeigen“ wegnehmen und sagen: „Macht positive Vorschläge und kümmert euch um eine gemeinsame Lösung. Denn nur so wird es funktionieren.“

Haben Sie einen aktuellen Bücher-Tipp?

Sigl: Das wäre „Komm, ich erzähle dir eine Geschichte“ von dem argentinischen Psychotherapeuten und Autoren Jorge Bucay. Es handelt von einem jungen Mann, der zu seinem Psychiater kommt und ihm die Fragen des Lebens stellt. Der Psychiater antwortet ihm mit sinnstiftenden kleinen Geschichten und Gleichnissen. Das ist ein sehr weises und zuversichtliches Buch, in dem jeder ein Stück von sich selbst erkennen kann.

ZDF-Star – Das ist das Glück in seiner Ehe

Gibt es jemand, zu dem Sie mit den Fragen des Lebens kommen?

Sigl: Ich spreche sehr häufig mit meiner Frau über die Fragen des Lebens. Das ist das große Glück unserer Ehe, dass wir das tun und tun können. Man muss nicht immer Antworten finden, sondern kann das gemeinsam als Prozess erleben. Man sagt „bis hierher“, und dann kann man das an anderer Stelle vertiefen. Es ist jedenfalls ein schöner Weg, in einer Ehe so über das Leben zu reflektieren.

Der 54-Jährige sagt, dass ihm die Gespräche mit seiner Frau über die Fragen des Lebens sehr wichtig sind.
Der 54-Jährige sagt, dass ihm die Gespräche mit seiner Frau über die Fragen des Lebens sehr wichtig sind. © DPA Images | Jörg Carstensen

Versuchen Ihrem Bühnenpublikum auch die Botschaft des „Let Love Rule“ zu vermitteln?

Sigl: Das schwingt immer mit – ein bisschen wie ein Mantra. In meinem nächsten Bühnenprogramm werde ich überspitzt und pointiert von einem kleinen Jungen erzählen, der die Welt erobern will und dann irgendwann Fernseharzt wird. Im zweiten Teil bekommt das Ganze eine Wendung ins sehr Persönliche, weil ich das Publikum auffordere, in den Dialog zu gehen. Am Theater habe ich gelernt, dass es gut funktioniert, wenn man die Menschen mit einem zuversichtlichen Gefühl nach Hause schickt. Es freut mich, wenn sie sagen: „Es war ein schöner Ausflug, bei dem wir ins Nachdenken gekommen sind.“