Berlin. Wer hinter der erneuten Farbattacke steckt, was Berlins Bezirke die Aktionen der Letzten Generation kosten und wer letztlich zahlt.
Sie kommen und schmieren alles voll: Erneut ist das Brandenburger Tor am Donnerstag Opfer einer Farbattacke der Letzten Generation geworden. Da die Ostseite bereits seit Wochen wegen des ersten Anschlags eingerüstet ist, traf es diesmal die Westseite. Die beiden Aktivistinnen Regina Stephan (21) und Lilli Gomez (23), die das Wahrzeichen am Nachmittag mit oranger Farbe übergossen haben, sind keine Unbekannten.
Stephan, die in Berlin Medizin studiert, war schon beim ersten Anschlag auf das Tor am 17. September dabei. Gomez hingegen ist mit zahlreichen weiteren Aktionen aufgefallen.
Zuletzt musste sich die Studentin der Sozialen Arbeit Ende September wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Sie hatte mit einer zweiten Aktivistin am 21. Dezember 2022 die Spitze des Weihnachtsbaums auf dem Pariser Platz gekappt.
Gomez hat dabei nicht selbst gesägt, sondern die Hebebühne gesteuert, mit der die beiden Frauen nach oben gelangten. Dafür erhielt sie eine Geldstrafe von 400 Euro.
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Die Aktion damals geschah vor den Augen von Kräften der Berliner Polizei, die für sogenannte „Raumschutzmaßnahmen“ vor Ort waren. Konkret sollten sie das Brandenburger Tor schützen, das wenige Wochen zuvor von Aktivisten erklommen wurde. Die Beamten gingen jedoch von einer Routinekontrolle aus und schritten erst ein, als der Baum seine Spitze bereits verloren hatte.
Lilli Gomez auch an Attacke auf die Weltzeituhr beteiligt
Das war jedoch nicht die einzige aufsehenerregende Aktion, bei der Gomez mitmischte. Am 17. Oktober, genau einen Monat nach der ersten Farbattacke auf das Brandenburger Tor, war sie auch am Angriff auf die Weltzeituhr beteiligt.
Mit acht weiteren Aktivistinnen und Aktivisten rückte sie mit präparierten Feuerlöschern und ebenfalls oranger Farbe am Alexanderplatz an. Die Aktion dauerte nur wenige Sekunden. Ein Vorgehen, in dem die 23-Jährige längst Routine hat. Auch an der Farbattacke auf mehrere Luxus-Modegeschäfte am Kurfürstendamm am 22. April war sie beteiligt.
Im Fall der Weltzeituhr hatte Polizeipräsidentin Barbara Slowik die Kräfte der nur wenige Meter entfernt liegenden Alexwache im Nachgang in Schutz genommen. Sie seien zum Tatzeitpunkt gegen neun Uhr morgens mit der Aufnahme von Anzeigen beschäftigt gewesen. Außerdem hätte eine Tram die direkte Sicht auf die Weltzeituhr versperrt.
Auch Regina Stephan gehört zu den umtriebigen Aktivistinnen der Gruppe. So blockierte die angehende Medizinerin bereits im Sommer eine Fahrbahn in Konstanz am Bodensee. Auch auf eine Farbattacke auf ein Luxushotel sowie einen Privatjet auf Sylt im Juni war sie beteiligt. Nach der ersten Attacke auf das Brandenburger Tor hat sie die zweite sogar im Vorfeld angekündigt. „Ja. Ich würde es wieder tun“, sagte sie erst Anfang dieser Woche der „Berliner Zeitung“. „Ich glaube, ich werde es auch wieder tun.“ Sie finde das Tor zwar schön, aber letztlich sei es nur ein Stück Sandstein.
Reinigung des Brandenburger Tors kostet mindestens 115.000 Euro
Eben dieser Sandstein erschwert die Reinigung des Wahrzeichens, da die Farbe sehr tief eingedrungen ist. Die Reinigungsarbeiten gestalten sich als schwierig. Alle sechs Säulen sind betroffen. Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) bezifferte die Kosten zuletzt auf mindestens 115.000 Euro. Die wolle man bei den Verursachern eintreiben. Nach der zweiten Farbattacke kündigte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, auch für diese Reinigung eine Rechnung an.
So wollen es auch die meisten der Bezirke handhaben, für die ebenfalls Kosten entstanden sind. Das geht aus einer Antwort der Innenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der AfD hervor. Die höchsten Kosten sind dabei für den Bezirk Berlin-Pankow entstanden. Insgesamt 26.100 Euro verlangt er von den Klimaklebern. Hintergrund sind Straßenschäden, die im Frühjahr bei Blockaden vor allem an der Kreuzung Danziger Straße und Prenzlauer Allee entstanden. Dort mussten die Hände der Klimakleber mit Meißeln aus dem Asphalt gehauen werden.
Der Bezirk Mitte mit „voraussichtlich 20.400 Euro“ zwischen dem 1. Januar und dem 26. Oktober dieses Jahres auf dem zweiten Platz und liefert etwas genauere Details. Demnach handelt es sich um vier Fälle, in denen durch Beschädigung des Straßenbelags Kosten in Höhe von zweimal 400 und zweimal 1300 Euro angefallen sind.
Außerdem listet der Bezirk drei Fälle von Verschmutzung und damit verbundene Ausgaben in Höhe von 1000, 2000 und 14.000 Euro auf – letzteres für die Reinigung der Weltzeituhr. Auch Mitte hat in allen Fällen Kostenerstattung von den Verursachern gefordert.
Reinigung des Gehwegs am Kurfürstendamm kostete 1500 Euro
Charlottenburg-Wilmersdorf gibt die Kosten mit zwischen 4700 und 20.000 Euro verursacht durch Straßenschäden an. Diese seien zunächst provisorisch wie „Schlaglöcher“ geschlossen „im Sinne der Gefahrenabwehr“ geschlossen worden, sagt der für Straßen zuständige Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). „Eine endgültige Wiederherstellung konnte an einigen Stellen noch nicht erfolgen.“ Die 4700 Euro seien für das Provisorium angefallen, 20.000 Euro werde die endgültige Wiederherstellung kosten.
Folgende Straßen wurden laut Schruoffeneger im Bezirk beschädigt: der Messedamm, die Kreuzungen Jaffé- und Harbigstraße sowie Kaiserdamm und Rognitzstraße, der Ernst-Reuter-Platz und der Gehweg des Kurfürstendamms. Letzteres beziehe sich auf die Aktion am 22. April. „Neben den Beschmierungen der Geschäfte erfolgte eine Beschädigung durch die Farbschmierereien im Gehwegbereich“, so der Stadtrat weiter. Die Kosten dafür lägen bei 1500 Euro.
Eine Rückerstattungsforderung des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf steht noch aus, genau wie die aus Treptow-Köpenick. Hier liegen die Kosten, verursacht ebenfalls durch Beschädigungen der Straße bei „bis zu 16.500 Euro“. In Neukölln sind es 300 Euro, Friedrichshain-Kreuzberg beziffert sie auf 2.943,15 Euro. „Bisher wurden keine Kosten, die zur Behebung von Schäden und Verschmutzungen im öffentliche Raum entstanden sind, von den Verursachenden erstattet“, heißt es in der Antwort der Senatsinnenverwaltung.