Berlin. In der Türkei stießen deutsche Archäologen auf eine überraschende Entdeckung. Handelt es sich bei dem Schwein um ein Götzenabbild?
Wissenschaftler des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) haben in der Türkei einen überraschenden Fund gemacht. In der Ausgrabungsstätte Göbekli Tepe im Südosten des Landes stießen die Archäologen auf eine über 8000 Jahre alte Abbildung eines Wildschweins. Entdeckt wurde die Kalksteinfigur im Zentrum des größten Bauwerks des altertümlichen Bergheiligtums, umgeben von zahlreichen Tierplastiken. Göbekli Tepe gehört seit 1998 zum Unesco-Welterbe.
Mit einer Länge von 1,35 Metern und einer maximalen Höhe von rund 70 Zentimetern überrascht das jungsteinzeitliche Abbild allein durch seine Ausmaße. Am annähernd lebensgroßen Wildschwein wurden zudem Rückstände von Farbpigmenten identifiziert. Demnach war die Zunge des Ebers rot gefärbt, während weiße und schwarze Farbreste am Körper nachgewiesen werden konnten. Der Fund untermauert damit frühere Annahmen, dass die präkeramische Zivilisation in Anatolien Statuen und Säulen aufwendig mit Farben verzierte. Das gab das DAI per Pressemitteilung bekannt.
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Augenfällig ist aber besonders der Fundort. „In situ“, also am Originalort, entdeckten Forscher des DAI die Statue in einem rund-ovalen Säulengebäude im Zentrum zahlreicher Tier- und Menschenabbilder. Der Kalksteinplastik wurde als „klarer Mittelpunkt des Bauwerks“ identifiziert. Sie thront auf einer Steinbank, die Reliefs von Menschen-, Schlangen- und einer Halbmonddarstellung zieren. Daher schreiben die Forscher dem Fundstück „große Bedeutung“ für die prähistorische Gemeinschaft zu. Offen ist die Frage, welche Funktion der Kalksteineber in dem mit fünf Meter hohen Säulen gestützten Monumentalbau erfüllte.
Archeologie: Göbekli Tepe steht für einen Wendepunkt
Die jungsteinzeitliche Tempelanlage ist mit zahlreichen Abbildungen lokaltypischer Jagd- und Beutetiere verziert. Viele davon weisen überzeichnete Darstellungen erigierter Penisse auf. Der niederländische Anthropologe Carel van Schaik von der Universität Zürich glaubt deshalb, dass Göbekli Tepe einen zivilisationshistorischen Wendepunkt hin zu patriarchalischem Religionsverständnis markiert. Auffällig ist, dass keinerlei Fruchtbarkeits- und Weiblichkeitssymbolik vorhanden ist. Laut van Schaik ein Widerspruch, da sich die damalige Gesellschaft von einer jagd- und fleischgeprägten Esskultur zu einer Getreide anbauenden Gemeinschaft entwickelte.
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In der Ausgrabungsstätte Göbekli Tepe heben deutsche Archäologen Fundstücke aus dem Neolithikum seit den 1990er-Jahren aus. In Kooperation mit der Universität Istanbul untersucht die Orient-Abteilung des DAI im Rahmen des Forschungsprojekts „Die prähistorischen Gesellschaften Obermesopotamiens und ihrer Subsistenz“ die Unesco-Welterbe-Stätte. Das Bergheiligtum liegt nahe der Großstadt Sanliurfa über der mesopotamischen Ebene im Südosten der Türkei auf einem rund 750 Meter hohen Bergkamm. Die religiöse Siedlungsstätte wurde vor rund 10.000 Jahren von seinen Bewohnern aufgegeben.
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