Düsseldorf/Athen. Nur mit einem Bikini bekleidet gelang Claudia Seidensticker die Flucht vor den Flammen – das Hotel, in dem sie übernachtete, brannte komplett ab.
Als das Feuer immer näher kam flüchtete sich Claudia Seidensticker ins Meer. „Um mich herum war nur dichter Rauch, ich konnte vielleicht noch zehn Meter weit schauen. Der Strand war kaum noch zu erkennen, nur ein paar Flammen schlugen manchmal durch den schwarzen Nebel“, erzählt die Düsseldorferin und Vorsitzende vom Jugendkulturverein Krass. „Ich bin dem Tod wieder von der Schippe gesprungen. An diesem Montagmorgen haben wohl mehrere Schutzengel auf mich aufgepasst“, so Seidensticker – aus ihrem nun sicheren Zimmer in Athen – im Gespräch mit unserer Redaktion.
Im Bikini aus der Hölle gerettet
Mindestens 80 Todesopfer haben die wohl verheerendsten Waldbrände Griechenlands bisher gefordert. Seit Anfang der Woche walzt eine Feuerwelle über das Land – glücklicherweise konnte die Feuerwehr die Lage nun weitgehend unter Kontrolle bringen. Mehrere Brände waren rund um die Hauptstadt Athen ausgebrochen, der erste Brand ereignete sich in einem Pinienwald in der Nähe von Kineta – dem Ort, an dem Claudia Seidensticker in einem Hotel direkt am Meer ein wenig Erholung suchte. „Montagmorgen stand ich am Fenster und dachte im ersten Moment, dass sich ein Gewitter zu uns auf den Weg macht“, sagt die Düsseldorferin, die nach einem Autounfall vor zehn Jahren im Koma lag und seitdem schwerbehindert ist. Doch dann wird ihr schnell klar: „Dieser schwarze Nebel kam immer näher und mittlerweile roch es auch so, als würde man an einem offenen Kamin sitzen“. Die Hotelrezeption versucht die Düsseldorferin zu beruhigen: Das Feuer sei 100 Kilometer entfernt, es gebe nichts zu befürchten.
Das Feuer erreichte innerhalb kürzester Zeit das Hotel
„Doch ich schaute immer wieder aus dem Fenster und sah, dass das Feuer immer näher kommt“, sagt die Vorsitzende von Krass. Das Hotel sei daraufhin evakuiert worden, so Seidensticker, die nur im Bikini das Hotel verließ und nur das nötigste mitnahm. Als erstes wollte sie versuchen mit einem Taxi aus dem Ort rauszufahren, „doch als ich drinsaß, da sah ich, dass die Flammen nur noch einen Meter von der Straße entfernt waren“. Wie vielen anderen Hotelgästen blieb ihr daraufhin nur noch der Sprung ins Meer.
„Ich hatte einen Pareo mit dabei, ein Kleid, welches ich mir um den Kopf und um den Mund wickelte“, sagt die Düsseldorferin. Immer wieder sei sie untergetaucht und habe versucht so wenig wie möglich zu atmen: „Als ich an den Strand schaute, sah ich oft brennende Äste ins Wasser fallen. Ich hatte eine fürchterliche Angst. Wenn ich daran denke zittere ich immer noch“, sagt sie. Nach sechs Stunden – die ihr wie zehn Minuten vorkamen – kam dann aber endlich die rettende Hilfe.
Rettungsdienst brachte Seidensticker nach Athen
„Ich sah, dass die Feuerwehr und Polizei Leute aus dem Wasser holten. Irgendwann hat man dann auch meine Hilferufe gehört“, sagt Seidensticker. Das Hotel, in dem sie übernachtet hatte, war zu dem Zeitpunkt schon komplett abgebrannt. Nach einer ärztlichen Untersuchung wurde bei der Düsseldorferin eine leichte Rauchvergiftung festgestellt, „ich musste mich immer wieder übergeben.“ Der Rettungsdienst brachte sie nach der Untersuchung in eine Wohnung nahe Athen, die ihr und ihrem Mann gehört. „Ich weiß immer noch nicht wie ich das jetzt alles verarbeiten soll, zum Glück habe ich jetzt einige Freunde vor Ort, die mir helfen“, sagt Seidensticker.